Alfred und Hedwig Löwenstein mit Tochter Ruth (Foto: © Stadt Ahaus)
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Ahaus. Hugo Löwenstein betrieb ein Textilkaufhaus an der Bahnhofstraße 6 (damals Adolf-Htiler-Straße 6, heute das „Aufhaus“). Im September 1942 wurde er ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er den miserablen Bedingungen infolge Hungers und Krankheiten zum Opfer fiel. An ihn und seine Familie erinnert das Projekt „Stolpersteine NRW“ des WDR, an dem sich der VHS-Arbeitskreis Ahauser Geschichte 1933-1945 gemeinsam mit Stadtarchivar Max Pfeiffer beteiligt.

Schon Hugo Löwensteins Großvater Aron Abraham Löwenstein gründete ein Textilkaufhaus in Ahaus – bis heute sind Kleiderbügel mit der Aufschrift „A.A. Löwenstein“ erhalten geblieben. Hugo Löwenstein wurde am 30.12.1871 als ältester Sohn des Salomon Löwenstein und seiner Frau Rebecca, geb. Cohen, in Ahaus geboren. Er besuchte in den 1880er Jahren die Rektoratsschule – eine Höhere Schule für Jungen. Mit dem 1908 eröffneten neuen Geschäftshaus im Bereich Markt/Bahnhofstraße – nach Aufgabe des kleineren Vorgängergeschäfts an der Wessumer Straße – begann der Aufstieg des (laut Geschäftsanzeigen) „größten Kaufhauses im Kreis Ahaus und Umgebung“. Um 1905 heiratete Hugo Löwenstein die fast 13 Jahre jüngere Else Ostberg aus Bocholt, die zwischen 1907 und 1920 fünf Kinder gebar. Im Jahre 1929 starb Else Löwenstein mit gerade mal 43 Jahren. Der wohlhabende Hugo Löwenstein war ein angesehener und geachteter Mann in Ahaus – patriotisch gesonnen (vier Jahre Soldat im 1. Weltkrieg) und spendabel, wenn es z.B. um Übernahme von Kosten für das neue Rathaus und das Marienhospital ging. Auch bedürftigen Kunden gegenüber war er sehr großzügig und erließ ihnen nicht selten die Ratenzahlungen. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, wurde sein Kaufhaus mit Boykottdrohungen überzogen; er musste sich seitens der NSDAP erfundener und unbewiesener Vorwürfe von „Preistreiberei“ und Devisenschmuggel erwehren. Seine nichtjüdischen Angestellten durfte er nicht weiterbeschäftigen. Die antisemitische Hetze trieb ihn schließlich dazu, 1937 sein Kaufhaus an den befreundeten Kaufmann Haverkamp zu verpachten, der ihm zudem das gesamte Warenlager abkaufte – zu einem fairen und reellen Preis übrigens. Hugo Löwenstein zog mit seiner einzig im Haus verbliebenen 17-jährigen Tochter Inge nach Berlin – in der irrigen Hoffnung, in der anonymen Großstadt überleben zu können: Während seine Tochter sich nach Nordafrika retten konnte (und mit weit über 90 Jahren vor einigen Jahren in Paris starb), wurde ihr damals 70-jähriger Vater im September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er den miserablen Bedingungen infolge Hunger und Krankheiten zum Opfer fiel. Hugos ältester Sohn Adolf war schon sofort 1933 nach Amsterdam geflüchtet, weil er in den Jahren davor in Wort und Tat gegen die Nazis gekämpft hatte. Zusammen mit seiner Frau Ursula und der zweijährigen Tochter Evelyne wurde er 1942 in Auschwitz ermordet. Adolfs jüngerer Bruder Ernst, der mit seiner Frau die NS-Zeit überlebte, starb direkt nach dem Krieg bei einem Flugzeugabsturz. Der Enkel von Fritz, dem jüngsten Sohn von Hugo Löwenstein, der 1971 mit 57 Jahren in Amsterdam starb, hält bis heute Kontakt nach Ahaus.

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