v.l. Dr. Esteban Arrieta-Bolaños, Prof. Dr. Katharina Fleischhauer und Dr. Pietro Crivello (Foto: UK Essen)
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Essen. Eine Knochenmarktransplantation, oder medizinisch korrekt: die Transplantation von Blutstammzellen, bietet für viele Patient:innen die einzige Chance, von einer Leukämie langfristig geheilt zu werden. Um den Kampf gegen den Blutkrebs gewinnen zu können, müssen die transplantierten Immunzellen die Leukämie unter Kontrolle halten, möglichst ohne gesunde Gewebe anzugreifen. Hierzu müssen die Spender:innen der benötigten Stammzellen sehr gründlich ausgewählt werden, damit ihre Gewebemerkmale so gut, wie es geht, mit denen des oder der Erkrankten übereinstimmen. Dass neben den Gewebemerkmalen aber auch die an sie gebundenen Eiweißmoleküle ganz wesentlich den Therapieerfolg beeinflussen, haben Forschende der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) nun herausgefunden.

Das Team um Prof. Dr. Katharina Fleischhauer hat die Daten von mehr als 16.000 Personen ausgewertet. Es wollte wissen, welche Unterschiede in den an die Gewebemerkmale gebundenen Eiweißmolekülen, dem sogenannten Immunpeptidom, helfen, unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden und so die Überlebenschancen der Leukämiepatient:innen zu verbessern.

„Das Immunpeptidom spiegelt das Innere der Zelle wider und zeigt kleine Bruchstücke verschiedenster Eiweißmoleküle“, erklärt Prof. Fleischhauer, Direktorin des Instituts für Zelltherapeutische Forschung. Die Gewebemerkmale binden das Immunpeptidom und bestimmen dessen Beschaffenheit, die wiederum die Stärke der Immunabwehr regelt. Je größer die Unterschiede zwischen den Immunpeptidomen von Patient:in und Spender:in sind, desto stärker und aggressiver fällt die Abwehr aus.

Ist die therapeutische Immunantwort zu stark, tritt eine besonders gefürchtete Nebenwirkung ein: die sogenannte Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion. „Hier richtet sich die Immunantwort nicht nur gegen die Krebszellen der Erkrankten, sondern auch gegen gesunde Zellen und gesundes Gewebe. Eine sehr bedrohliche Situation für die Leukämiepatient:innen“, sagt Dr. Pietro Crivello, Postdoc am Institut für Zelltherapeutische Forschung des Universitätsklinikums Essen. Er ist Erstautor der Studie, die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Clinical Oncology“* veröffentlicht wurde. Sein Kollege und Zweitautor, Dr. Esteban Arrieta-Bolaños, ergänzt: „Vor allem Kranke, für die keine exakt passende Stammzellspender zur Verfügung stehen, könnten von Spender:innen mit ähnlichen Immunpeptidomen profitieren.“

In ihrem Artikel stellen die Forschenden dar, welche Abweichungen zwischen den Immunpeptidomen von Patient:in und Spender:in die therapeutische Immunabwehr gut ausbalancieren. „Aktuell helfen unsere Erkenntnisse vor allem dabei, die besten Spender:innen auszuwählen und Nebenwirkungen zu reduzieren. Hierzu haben wir gemeinsam mit unseren amerikanischen Kolleg:innen  ein spezifisches Computerprogramm entwickelt, das bei der Auswahl unterstützt. Darüber hinaus bieten unsere Daten aber auch Ansätze für verbesserte Therapien. Mit gezielten Veränderungen der Eiweißmoleküle, könnte man die Immunabwehr optimieren“, so Prof. Fleischhauer.

* Originalveröffentlichung:
Journal of Clinical Oncology, Impact of the HLA Immunopeptidome on Survival of Leukemia Patients After Unrelated Donor Transplantation https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36669145/

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