Gemütlicher Festakt in der Fahrzeughalle (Foto: Geiling, Gemeindearchivar)
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Rheurdt. Feierliche Einsegnung von Gebäude und Personal mit gemütlichem Festakt

Im Rahmen einer kurzweiligen Feierstunde übergab Bürgermeister Dirk Ketelaers am vergangenen Sonntag offiziell den Schlüssel des neuen Feuerwehrgerätehauses im Ortsteil Rheurdt an den Leiter der Feuerwehr Markus Gehrmann. Dieser gab ihn symbolisch an den Leiter der Löscheinheit Rheurdt, Marc Niessing und die weiteren in Rheurdt ansässigen Einheiten, wie Jugendfeuerwehr und Abteilung Feuerwehrmusik, weiter. Der Festakt begann zunächst mit einem kurzen Umzug zur benachbarten Pfarrkirche St. Nikolaus. Dort feierte Feuerwehrkamerad und Pastor Norbert Derrix mit allen Angehörigen der gesamten Rheurdter Wehr und vielen weiteren Gästen die heilige Messe.

Anschließend begab sich der Festzug mit der musikalischen Begleitung des Spielmannszuges zurück zum Gerätehaus, wo im Anschluss die offizielle Einsegnung des Neubaus vom Pastor in seiner bekannt humorigen Art durchgeführt wurde. Aber nicht nur das Gebäude, sondern auch die Personen, die darin und damit arbeiten, wurden im Besonderen gesegnet, sodass sie immer gesund von ihren Einsätzen zurückkommen mögen.

Nachdem sich alle Feuerwehrkameradinnen und -kameraden sowie die zahlreichen, geladenen Gäste aus Verwaltung, Politik und Feuerwehr in der Fahrzeughalle versammelt hatten, begann Bürgermeister Dirk Ketelaers mit dem eigentlichen Festakt. In seiner Rede ging er auf die Ausdauer und Entschlossenheit aller Beteiligten ein, die den erfolgreichen Bau des Gerätehauses in der vorgesehenen Zeit und im veranschlagten Kostenrahmen gesichert hat. Ebenso ging er auf die Relevanz einer modernen Ausstattung und eines zeitgemäßen Domizils ein, denn: Eine schlagkräftige Feuerwehr bemaß sich in der Vergangenheit noch rein nach der Manpower, hatte sie doch ausschließlich mit Brandbekämpfung zu tun. Da sich die Zeiten geändert und sich somit auch die Anforderungen an eine moderne Feuerwehr stark weiterentwickelt haben, kann sie schlichtweg als universelle Eingreiftruppe betitelt werden.

Aus diesem Grunde ist es umso wichtiger, dem Personal eine adäquate technische Basis zur Verfügung zu stellen. Aber auch für gesellige und kulturelle Veranstaltungen, die im und um das Gerätehaus stattfinden, ist nun mehr Platz vorhanden – und was wäre man hier in Rheurdt bei all den Veranstaltungen ohne die Feuerwehr als Teil des Dorflebens. Sie hinterlässt an vielen Stellen ihre Spuren und Töne. Viele gewichtige und gute Gründe, die den Gemeinderat dazu bewogen haben, insgesamt rund 2,6 Millionen Euro in dieses neue Heim zu investieren. In dieser Summe enthalten sind rund 500.000 EUR Fördergelder aus Land und Bund. Trotz jeglicher Preissteigerungen im Bausektor ist bei diesem Vorhaben fast eine Punktlandung gelungen und dies auch mit viel ehrenamtlicher Unterstützung der Kameraden, die damit auch die Gemeindekasse entlastet haben.

Im Anschluss sprach Markus Gehrmann, Leiter der Feuerwehr, zu den Anwesenden. Für ihn verging die Zeit “von der Grundsteinlegung bis zur Indienststellung wie im Fluge”. Ebenso ging er auf die Planungsphase und die politische und verwaltungstechnische Genehmigung ein. Gab es damals hinsichtlich des Zeitaufwandes und des Umgangs miteinander “Luft nach oben”, kann man heute davon sprechen, dass alle beteiligten Verantwortlichen einen guten Job gemacht haben und der heutige Umgang miteinander besser denn je sei. Bauliche Mängel wie nicht ausreichend vorhandene Alarmparkplätze für die Einsatzkräfte, sich kreuzende Zu- und Abfahrten mit Kollisionsgefahr, nicht ausreichende Sicherheitsabstände zwischen Fahrzeugstellplätzen mit Quetschgefahr für Feuerwehrleute, keine Schwarz/Weiss-Trennung in Umkleideräumen und fehlende Dusch-Möglichkeiten nach dem Einsatz sind Beispiele für nicht zeitgemäße Feuerwehrgerätehäuser. Für die im Ehrenamt tätigen Feuerwehrleute, die ihre Freizeit und ihre Gesundheit investieren, sind aus Gehrmanns Sicht solche Mängel nicht akzeptabel. Auch in Zeiten klammer Haushaltskassen dürfe man die Augen nicht davor verschließen und müsse beispielsweise bei zukünftigen Feuerwehrprojekten agieren und umsetzen so wie es hier an diesem Standort jetzt vorbildlich gemacht wurde.

Im folgenden Beitrag von Löscheinheitsführer Marc Niessing, bedankte dieser sich persönlich zunächst bei zwei wichtigen Wegbereitern dieses Projektes: dem ehemaligen Bürgermeister Klaus Kleinenkuhnen und dem ehemaligen Wehrleiter Markus Jansen.. Seit Beginn seiner Dienstzeit in der aktiven Einsatzabteilung im Jahre 2009 bestimmte die Frage nach einem neuen Gerätehaus nahezu jede Jahreshauptversammlung. Vor gut einer Woche fand die Jahreshauptversammlung in Rheurdt nach langer Zeit erstmals ohne den Agendapunkt “Feuerwehrgerätehaus statt”, da das neue Gerätehaus nun bereits zur Zufriedenheit aller fertiggestellt worden war. Er sah dies als Zeichen dafür, dass hier vieles in der letzten Zeit richtig gemacht wurde. Der Neubau eines Gerätehauses sei, so Niessing, einen ganz besonderer Moment, den man in der Regel in einem (Feuerwehr-) Leben nur einmal miterleben kann. Dies mache ihn besonders stolz, so Niessing. Auch er war Mitglied der Arbeitsgruppe “neues Gerätehaus”, die neben ihm aus den folgenden Kameraden bestand: Peter Bolten jun., Michael Wienen, Wolfgang Bonn, Matthias Rickers und Guido Lenzen.

So manchen Einwand oder manch eine Frage musste sich der Bauleiter von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe gefallen lassen, war man doch bei diesem Mammutprojekt mittlerweile fast täglich vor Ort, neben Job und Familie. Letztlich hat das handwerkliche und feuerwehrtechnische Fachwissen dieser Kameraden dazu beigetragen, dass das zweite Zuhause der Feuerwehrleute so geworden ist, wie es ist. Kurz vor Weihnachten, nach 416 Tagen Bauzeit war es geschafft, die Einheitsführung bekam Zugang zum Gebäude. Wenige Tage später folgte der Umzug mit vielen jungen und alten Teilnehmern aus allen Abteilungen. Ab dem 28.12.2022 war die Löscheinheit Rheurdt offiziell einsatzbereit am neuen Standort unweit des alten Gerätehauses aus 1961. Bereits in der Nacht zu Neujahr rückte man zum ersten Mal von dort zu einem Einsatz aus.

Nach einer musikalisch untermalten Unterbrechung durch den Spielmannszug folgten Ansprachen vom Kreisbrandmeister Reiner Gilles, der die Glückwünsche vom Landrat überbrachte sowie dem Landtagsabgeordneten für den Südkreis Kleve, Stephan Wolters, und dem Kreis Klever Bundestagsabgeordneten, Stefan Rouenhoff. Beide beglückwünschten die Wehrleute aber auch die Bürgerinnen und Bürger zum neuen Gerätehaus.

Beim anschließenden Wortbeitrag vom ehemaligen Löscheinheitsführer Matthias Rickers ging es um eine ganz wichtige Person der Feuerwehrgeschichte in Rheurdt. Man solle sich einmal vorstellen, so Rickers, dass die Regierung im Land wechselt und über Nacht werde man aus völlig willkürlichen Gründen zum “Volksfeind” erklärt. Man verlöre alle bisherigen Werte des Lebens. Alles was man bisher für die Gesellschaft geleistet hat, zählt nichts mehr. Dieses Schicksal ereilte ca. 20.000 jüdische Feuerwehrkameraden in Deutschland während des Dritten Reiches. Einer von ihnen war Jakob David aus Rheurdt. Er war im Jahre 1904 Gründungsmitglied und Führer der Wassermannschaft. Auch sonst war er vollständig integriert und engagiert. Nach dem ersten Weltkrieg war es auch er, der maßgeblich an der Neuentwicklung der Feuerwehr in Rheurdt beteiligt war. Zum 25-jährigen Bestehen der Feuerwehr Rheurdt im Jahre 1929 wurde er noch mit der silbernen Ehrenmedaille ausgezeichnet. Nur 13 Jahre später wurde er ins Ghetto Theresienstadt deportiert und im Konzentrationslager Treblinka ermordet. In unmittelbarer Nähe zum neuen Gerätehaus stand das Wohnhaus von Jakob David. Man nahm ihm alles, aber seine Spuren, die er im Ort hinterlassen hat, werden bleiben – und zwar in Form der Feuerwehr. Heute mit diesem neuen Gerätehaus noch sichtbarer und schöner als je zuvor. Dabei erwähnte Rickers, dass unter diesem neuen Dach und in unserer großen Feuerwehrfamilie alle willkommen sind.

Aufgrund dessen, das unsere Werte in alle Zukunft gelten und unverhandelbar sind, hat sich die Löscheinheitsführung entschieden, symbolisch die Patenschaft für den Stolperstein von Jakob David zu übernehmen, der am 27. April 2015 vor seinem ehemaligen Grundstück verlegt wurde. Nach diesem emotionalen Moment fand der Festakt ein schönes Ende. Es folgten noch viele Gespräche bei Erbsensuppe und dem ein oder anderen Kaltgetränk. Am 18.05.2023 (Christi Himmelfahrt) hat die Bevölkerung die Gelegenheit beim Tag der offenen Tür das neue Heim der Löscheinheit Rheurdt zu besichtigen. (ots)

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