Thomas Klappstein (Foto: Claudia K.)
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Duisburg/Mülheim an der Ruhr. Gedanken zum Senfkorn und darüber hinaus Ein spiritueller Impuls zum beginnenden Frühling


Ein WUNDERsamer Beitrag des Duisburger Buchautors und Theologen Thomas Klappstein ist am Sonnabend, den 18. März 2023 bundesweit im Radio unter www.erf.de zu hören.

Wenn ich mein Neues Testament in der Übertragung von Hans Bruns aufschlage, klebt es gleich auf der ersten Seite: das kleine Senfkorn. Beides, Senfkorn und Neues Testament, habe ich vor vielen Jahren als Geschenk von meiner Ur-Gemeinde in Hamburg erhalten. Zum Andenken an die gottesdienstliche  Entlassungsfeier aus dem Konfirmationsunterricht der Kirchengemeinde in Hamburg-Stellingen, zu der ich damals gehörte. Jedesmal wenn ich dieses Neue Testament zur Hand nehme, werde ich an diese Zeit erinnert und an die Predigt über den „Senfkornglauben“, die Pastor Erich Gajewski anlässlich der Konfirmation meines Jahrgangs gehalten hat.

Es ist ganz schön klein, so ein Senfkorn. Mit dem bloßen Auge gerade noch zu erkennen.

Kaum zu glauben, dass sich, wenn man es als Saatgut in die Erde gelegt hat, daraus ein so großes Gewächs wie der Senfbaum entwickeln kann. Er ist wirklich riesig. Ein echtes Wunder der Natur.

Interessant finde ich, dass Jesus den Beginn und die Ausbreitung des Christentums, seines Reiches, unter anderem mit diesen beiden Extremen vergleicht.

Die Vorstellung, dass etwas Wunderbares aus etwas ganz Kleinem und Schlichtem wachsen kann, ist für die Welt und ihre Menschen nicht leicht zu begreifen, aber – schaut man in die Bibel – diese Vorstellung war schon immer typisch für Gott.

Ich kann mir z. B. kein irdisches Komitee denken, und seien seine Mitglieder noch so weise, das zu dem Schluss käme, dass die Geburt Jesu in einem Stall in Bethlehem der ideale Start für einen Plan zur Ausbreitung des „Reiches Gottes“ wäre, wie es in der christlichen Theologie und ihrem Sprachgebrauch gerne genannt wird. Das natürlich nicht mit einem staatlichen Gebilde oder einem klassischen, territorial begrenzten Königreich zu  vergleichen ist.

Gott sieht Senfkörner und das Ergebnis, das daraus entstehen kann, wo andere nichts sehen. Man vergißt leicht, wie erstaunlich es ist, daß dieser kleine Anfang sich zu einer Situation ausgewachsen hat, in der allein z. B. in den deutschsprachigen Ländern und Staaten fast jede Stadt, jede Ortschaft, jedes Dorf, jedes Kaff mindestens ein Gebäude enthält, das zu Ehren des Kommens des Sohnes Gottes errichtet wurde. Falls Sie noch rätseln, was ich meine: ich spreche von Kirchen.

Und diese symbolisieren ja zumindest ein bisschen von der Ausbreitung des „Reiches Gottes“. Auch wenn ich heute manchmal den Eindruck habe, daß diese Kirchengebäude als Scheunen zweckentfremdet werden, in denen das Christentum gelagert wird.

Gott selber und somit auch sein Reich will in das Alltagsleben hineinwirken.

Gott hat klein angefangen. Ganz klein.

  • Aus dem Nichts machte er die Welt
  • Aus einer Handvoll Erde machte er die Menschen
  • Aus einem klitzekleinen Senfkorn läßt er sich einen respektablen Strauch bzw. Baum entwickeln.

Gott fängt immer ganz klein an. Sein Reich in dieser Welt beginnt mit allzu menschlichen Menschen. Mit Abraham, „einem umherziehenden Aramäer“, wie das Alte Testament (AT) notiert. Mit Mose und mit David, angefochtenen und anfechtbaren „Gottesmännern“, wie sie im AT genannt wurden . Und vor allem mit dem kleinen Kind in der Krippe, Jesus von Nazareth.  Seinem,  Gottes Sohn. Er selbst. Mitten in dieser Welt.

Gott fängt klein an.
Damit niemand sagen kann: Gott, Du bist mir zu groß.

Gott fängt schwach und verletzlich an.
Damit niemand sagen kann: Gott, Du bist mir zu stark.

Gott fängt niedrig an.
Damit niemand sagen kann: Gott, Du bist mir zu weit weg.

Gott fängt klein an. In einem kleinen Ort. Über den heute noch die ganze Welt spricht.

Weil sich seit diesen Tagen so viel getan hat von den Dingen, die mit der Ausbreitung des „Reiches Gottes“ zu tun haben. Und es hat sich ausgebreitet.

In diesem Gleichnis vom Senfkorn erläutert Jesus, daß das Christentum trotz seiner sehr unscheinbaren Anfänge zu einer weltweiten Gemeinschaft von Gläubigen heranwachsen wird. Es ist tatsächlich so gekommen. Und die Geschichte geht weiter. Gott hat in jedem Teil der Erde Nachfolger, Christen, und ihr Glaube – sei er noch so klein – kann sich mit dem anderer Christen verbinden, um große Dinge zu bewirken.

Dabei macht Jesus vor, wie es gehen kann: Seinen Schülern wäscht er die Füße. Er verbüßt die Strafe für unsere Gottesferne. Diese Haltung ist Programm. Einmal sagt Jesus: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch. Sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener.“ Sagt es und lebt es. Und möchte, dass wir es auch leben.

Gottes Sohn dient uns. Dabei hätte er das Zeug zum Herrschen. Dabei hätte er Grund, seinen Untertanen kräftig den Marsch zu blasen.

Man findet Gott, wenn man nach unten schaut. Gott hat sich klein gemacht. Ganz klein. Ist uns in unsere tiefsten Tiefen nachgestiegen. Will uns ganz nahe sein. Will uns verstehen. Will uns wirklich helfen können. Nachhaltig helfen. Und dann baut er aus vielen kleinen Menschen sein Reich. Und das ist größer, als wir’s uns in unserer größten Fantasie vorstellen können.

Ein interessantes Reich. Gott kommt nach unten und macht uns vor, wie es  geht. Und ich sehe manchen, der anfängt, es ihm gleich zu tun: Ich sehe Chefs, die ihre Angestellten fördern und nicht immer nur etwas von ihnen fordern. Ich sehe Eltern, die ihren verlorenen Söhnen und Töchtern nachlaufen. Ich sehe Regierende, die sich als Staatsdiener begreifen.

Sie mögen sich fragen, was Sie als Einzelperson in Ihrer Umgebung schon bewirken können. Aber so wie ein Senfbaum aus einem klitzekleinen Samen entsteht,  so wie das „Reich Gottes“ aus einem kleinen Samen wächst, so breitet es sich auch durch einzelne Christen aus, die sich an Gott und den Aussagen und Leben seines Sohnes Jesus orientieren.

Wenn Sie mögen, fragen Sie diesen Gott wodurch Sie dazu beitragen können, daß sein Reich wächst. Sein positiver Einfluß auf die Menschheit Raum gewinnt. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten.

Fragen Sie nach Ihrem Senfkorn, das Sie einsetzen können.

Und staunen Sie, was sich daraus entwickeln kann. Oder sogar schon entwickelt hat.

von Thomas Klappstein, Autor & Theologe

„Nordish by Nature“, geboren u. aufgewachsen an Hamburgs Stadtgrenze in Schleswig-Holstein, lebt seit über 25 Jahren im Duisburger Süden, nahe der 6-Seen-Platte. Verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Früherer Pastor der Christus Gemeinde Duisburg

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