v.l. Bürgermeisterin Daniela Ritzerfeld, Thomas Zander (Vorstandssprecher des VdK), Heinz Pütz (Behindertenbeauftragter), Kim Eykenboom (Sachbearbeitung), Monique Aretz-Müller (stellv. Leitung Amt Stadtbetrieb), Hermann-Josef Lehnen (Leiter Jugend- und Sozialamt), Petra Otten (Kreisverband VdK), Beigeordneter Stephan Scholz, Wilfried Oellers MdB, Michael Goebbels (stellv. Leiter Jugend- und Sozialamt), Erster Beigeordneter Herbert Brunen, Silke Gathen (Projektleiterin aus dem Immobilienbereich der NEW), Frau Krumscheid (Lebenshilfe), Klaus Meier (Aufsichtsratsvorsitzender Lebenshilfe) (Foto: Stadt Geilenkirchen)
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Geilenkirchen. Geilenkirchen zeigt sich als Vorbild und setzt neue Maßstäbe in Sachen Barrierefreiheit und Inklusion. Die Stadt Geilenkirchen hat das Jugend- und Sozialamt an der Nikolaus-Becker-Straße 28-34 in Kooperation mit der NEW, der Lebenshilfe und dem städtischen Behindertenbeauftragten, Heinz Pütz, barrierefrei umgestaltet.

Für die herausragende Leistung, ein Bestandsgebäude ohne gesetzliche Verpflichtung barrierefrei umzurüsten, zeichnete der VdK, der Landesverband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands, die Stadt mit einer Plakette und einer Urkunde aus. Die Auszeichnung ist das Ergebnis eines intensiven Prüfprozesses, bei dem mehr als 80 Kriterien sorgfältig bewertet wurden.

„Ein hohes Maß an Barrierefreiheit in einem Bestandsgebäude zu schaffen, ist wesentlich herausfordernder als ein Neubau. Viele einzelne Maßnahmen sind erforderlich, dafür braucht eine Stadt politischen Mut und Weitsicht – etwas, das leider immer noch eine Ausnahme darstellt“, erklärt Thomas Zander, Landesgeschäftsführer des VdK. Er kritisierte die derzeitige Lage in öffentlichen Gebäuden, insbesondere in Gesundheitseinrichtungen: „Für Menschen mit Behinderung gibt es deswegen oft keine freie Arztwahl.“ Diese Problematik verdeutlicht die Notwendigkeit, Inklusion in allen Lebensbereichen zu fördern. Geilenkirchen zeigt dabei, dass Barrierefreiheit auch in älteren Gebäuden realisierbar ist. Die Verleihung der Plakette ist daher nicht nur eine Anerkennung der bereits umgesetzten Maßnahmen, sondern auch ein Ansporn, die Entwicklung fortzusetzen.

Die barrierefreie Umrüstung des Jugend- und Sozialamts war ein besonderer Erfolg für alle Beteiligten. „Das Jugend- und Sozialamt wird von einem breiten Publikum frequentiert, darunter auch viele Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen“, so Heinz Pütz. Bürgermeisterin Daniela Ritzerfeld ergänzte: „Diese Auszeichnung ist ein besonderes Zeichen, auf das wir stolz sind. Heinz Pütz hat uns geholfen, die Herausforderungen zu verstehen, vor denen Menschen mit Beeinträchtigungen stehen.“ Sie betont: „Unser Ziel ist es, allen Bürgerinnen und Bürgern, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen, eine vollwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Entscheidend dafür ist, dass Betroffene ihre Expertise einbringen können.“

Im Zuge des Umbaus wurden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt:

  • Taktile Klingelanlagen: Zwei Klingelanlagen wurden in verschiedenen Höhen installiert, damit sie auch von Personen im Rollstuhl leicht erreicht werden können.
  • Taktile Gehführung: Ein spezielles taktiles Leitsystem wurde entwickelt, um Menschen mit Sehbehinderung sicher in das Gebäude zu führen.
  • Brailleschrift im Treppenhaus: Die Handläufe im Treppenhaus wurden mit Brailleschrift ausgestattet, um sehbehinderten Menschen die Orientierung zu erleichtern.
  • Sprechender Aufzug: Ein moderner Aufzug wurde eingebaut, der Menschen mit Sehbehinderungen durch gesprochene Ansagen bei der Orientierung unterstützt. Spiegel helfen Rollstuhlfahrern beim Navigieren.
  • Mobile Hörschleife: Diese Technologie ermöglicht es hörbehinderten Personen, sich mit den Sachbearbeitern zu verständigen. Die Stimme der Mitarbeitenden wird direkt ins Hörgerät der Betroffenen übertragen. Alternativ stehen Kopfhörer zur Verfügung.
  • Gebärdendolmetscher: Bei Bedarf stehen Gebärdendolmetscher bereit, um die Kommunikation für gehörlose Menschen zu erleichtern.
  • Barrierefreie Toilette: Im Erdgeschoss wurde eine barrierefreie Toilette installiert.
  • Behindertenparkplatz: Direkt vor dem Gebäude wurde ein Behindertenparkplatz eingerichtet, um den Zugang noch weiter zu verbessern.

„Die erfolgreiche Umsetzung des Projektes ist maßgeblich auf die freiwillige und enge Kooperation mit der Gebäudeeigentümerin, der NEW, zurückzuführen, da es keine gesetzliche Verpflichtung hierzu gibt.“, betont Heinz Pütz. Auch Bürgermeisterin Ritzerfeld bedankte sich herzlich bei der NEW, die die Umsetzung dieses wichtigen Projekts übernommen hatte: „Diese Maßnahmen sind entscheidende Schritte zur Verbesserung der Barrierefreiheit und tragen dazu bei, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigten Zugang zu den Dienstleistungen des Jugend- und Sozialamts erhalten.“

Darüber hinaus lobte die Bürgermeisterin die wertvolle Unterstützung der Lebenshilfe, insbesondere die Bereitstellung eines speziellen Schildes mit Piktogrammen, das die Kommunikation zwischen Bürgern und Sachbearbeitenden erleichtern kann. Sie bedankte sich auch bei Heinz Pütz für die stets gute Zusammenarbeit und seinen unermüdlichen Einsatz für Barrierefreiheit und Inklusion, der maßgeblich zum Erfolg dieses Projektes beigetragen hat. Dem schlossen sich alle Anwesenden an.

Wilfried Oellers, CDU-Bundestagsabgeordneter und Beauftragter für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gratulierte ebenfalls zur Auszeichnung: „Inklusion beginnt in den Köpfen der Menschen. Das ist ein guter und wichtiger Schritt für Geilenkirchen.“ Auch Klaus Meier, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Lebenshilfe, äußerte sich anerkennend: “Geilenkirchen ist eine Vorzeigekommune. Die Auszeichnung hat die richtige Stadt getroffen.”

Doch auf den Lorbeeren ausruhen, möchte sich niemand. Zahlreiche weitere Projekte zur Verbesserung der Barrierefreiheit und Inklusion stehen auf der Agenda: So wird die städtische Neubürgerbroschüre in Kooperation mit der Lebenshilfe in Leichter Sprache aufgelegt. Die Besonderheit: Text, Gestaltung und Prüfung übernehmen Personen mit Handicap, sodass die Broschüre rundum inklusiv erstellt wird. Auch die Inhalte der Homepage werden laufend in Leichter Sprache aktualisiert, um die Barrierefreiheit weiter voranzutreiben.

Ein weiteres Herzensprojekt ist die Aktion „Bänke gegen Ausgrenzung“, die von der Lebenshilfe Heinsberg ins Leben gerufen und von der Stadt Geilenkirchen maßgeblich unterstützt wird. Hier ist Heinz Pütz mit besonderem Engagement dabei, sodass bald die 29. Bank in Geilenkirchen aufgestellt wird. Zwei der Bänke werden gemeinsam von Schülerinnen und Schülern der städtischen Realschule sowie der Anita-Lichtenstein-Gesamtschule in Kooperation mit Menschen mit geistiger Behinderung, die bei der Lebenshilfe arbeiten, gestaltet.

Die Stadt Geilenkirchen beweist, dass es möglich ist, Bestandsgebäude barrierefrei zu gestalten und setzt sich aktiv für die Belange aller Bürgerinnen und Bürger ein. Hier wird Inklusion nicht nur als Pflicht verstanden, sondern als Chance, das Zusammenleben aller Menschen zu verbessern.

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