Oberhausen. In Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil sind Frauen in der Lokalpolitik deutlich unterrepräsentiert, auch in Oberhausen. Grund genug für das Team der Gleichstellungsstelle unter der Leitung von Britta Costecki und ihrer Stellvertreterin Julia Pietrasch rund ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl aktiv für mehr weibliches Engagement in der Politik vor Ort zu werben. So sind, als ein Zahlenbeispiel, von den 57 Ratsmitgliedern inklusive Oberbürgermeister nur 19 Frauen.
Im Rahmen der Demokratiewoche in Oberhausen fand am Montag, 9. September, daher ein „PolitDating“ im Rathaus statt, in dessen Verlauf Oberhausener Ratsfrauen Auskunft über ihre Tätigkeit in der Lokalpolitik gaben und Fragen der an Politik interessierten Teilnehmerinnen beantworteten. Die sechs Ratsfrauen Sonja Bongers, Dr. Silke Jacobs, Claudia Salwik (alle SPD), Georgis Schmidt (CDU), Sandra Gödderz (Grüne) und Heike Hansen (Linke) begrüßten rund 50 Teilnehmerinnen, moderiert wurde das PolitDating von Gerburg Jahnke.
In ihrer Begrüßung ging Britta Costecki auf die praktischen Folgen der männlichen Dominanz ein, welche zu Lasten weiblicher Themen gehe. Optisch verdeutlicht wurde die Differenz im Ratssaal durch blaue und rosa Luftballons an den Sitzen, die die blaue, männliche Mehrheit noch einmal zusätzlich sichtbar machte.
Sich Gehör verschaffen
In einer ersten Runde ging es dann um Fragen einer notwendigen Parteizugehörigkeit, um Aufwandsentschädigungen vor allem auch bei Kinderbetreuung, um die Möglichkeit, sich politisch Gehör zu verschaffen oder auch um die Frage nach eigenen Wünschen und Zielen. Georgis Schmidt betonte, für sie sei es wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören und mit ihnen gemeinsam zu gestalten. Sonja Bongers wies auf den zum Teil langen Atem hin, den man bisweilen benötige, um sich durchzusetzen. Eine Partei anzugehören sei dazu nicht zwingend notwendig, man kann dies auch als sogenannte „Sachkundige Bürgerin“ erreichen. Man könne aber zunächst auch ganz unverbindlich mal reinschnuppern, ergänzte Claudia Salwik.
Sandra Gödderz ging als Alleinerziehende auf die zeitliche Probleme ein, der offene Ganztag ende ja um 16 Uhr, Termine wie heute beginnen aber erst um 17 Uhr. Da benötige man schon Hilfe. Insgesamt läge der Zeitaufwand pro Woche bei zehn bis 15 Stunden, das variiert dann mit den Terminen der Sitzungen der Fraktionen und Ausschüsse bis hin zum Rat. Man müsse dann abwägen, inwieweit man optionale Termine wie den heutigen dann auch noch wahrnehmen könne.
Die zweite Gesprächsrunde fand im Foyer des Ratssaals statt, wo jede der sechs Ratsfrauen sich an einem Stehtisch den Fragen der Teilnehmerinnen stellte. Der Zeitaufwand, die Frage nach Einstiegsmöglichkeiten, nach einer Parteimitgliedschaft oder die Möglichkeit, sich auch in Männerdomänen politisch zu behaupten, wurden dabei häufig gestellt. Einige nutzten auch die Gelegenheit, die Ratsfrauen gleich auf ein konkretes Thema anzusprechen, welches ihnen unter den Nägeln brennt.
In der Schlussrunde wieder im Rat zeigten sich Teilnehmerinnen beeindruckt vom Engagement der Politikerinnen. Ob sie nun in die Politik einsteigen möchten? Auf diese Frage von Gerburg Jahnke reagierten sie dann aber doch – zumindest zunächst – noch zögerlich. Die Ratsfrauen ihrerseits sprachen zum Ende von motivierenden Gesprächen, auch wenn man inhaltlich natürlich nicht in die Tiefe gehen konnte.
Wimmelbild vor dem Rathaus
Zu wenige Frauen in der Lokalpolitik – zum Abschluss der Veranstaltung wurde vor dem Rathaus an der Schwartzstraße ein dazu extra angefertigtes Wimmelbild enthüllt, geschaffen von der Oberhausener Illustratorin Sandy Thißen. „Wir möchten damit an dieser markanten Stelle, wo sonst die großen Wahlplakate hängen, noch mehr Aufmerksamkeit für das Thema schaffen“, erklärt Britta Costecki. Bei der Planung der Umsetzung der Idee des Wimmelbildes stieß Costecki Anfang des Jahres auf Sandy Thissen, die zumeist für Kinderbücher zeichnet, aber auch schon häufiger Wimmelbilder erstellt hat. „Ich bin mit der Idee dann auch noch zu Daniel Schranz gegangen, dem das gut gefiel“, schildert Britta Costecki. Der Oberbürgermeister ist neben Costecki und Julia Pietrasch auch die einzige reell existierende Person, die sich auf dem Bild wiederfindet. Neugierige können das Wimmelbild nun bis zum 10. Oktober bestaunen und dessen Botschaft aufnehmen. Dazu wird das Motiv unter anderem auf Litfaßsäulen, im ÖPNV und auf Postkarten erscheinen.
Parteien sind gefordert
„Wir wollten mit dem PolitDating einen Funken erzeugen, nun sind die Parteien gefordert, Frauen für sich zu gewinnen, Strukturen und Gestaltungsspielräume zu schaffen“, so Britta Costecki abschließend. Deren Vertreterinnen wiesen auf die vielfältigen Kontakt- und Informationsmöglichkeiten hin, entweder digital oder auch durch persönliches Erscheinen.
Hintergrund:
Das Wimmelbild der Illustratorin Sandy Thißen entstand im Frühjahr im Verlauf der Monate Mai und Juni. Auf einer Fläche von 4,20 x 2,90 Metern setzte die Künstlerin das Thema der einseitigen männlichen Dominanz in der Lokalpolitik um. Sie nutzte dabei die künstlerischen Freiheiten, die ein Wimmelbild bietet. Prägend und künstlerischer Leitfaden im Bild sind einerseits die fast monochrom in Weiß und Grau gezeichneten Männer im Rathaus und andererseits die bunt und divers gezeichneten Frauen außerhalb des Gebäudes. Hier nutzte die Künstlerin auch den Raum, um auf Menschen mit Behinderung, auf verschiedene Ethnien, auf geschlechtliche Vielfalt, auf Familien, auf Mütter oder Kinder hinzuweisen.
„Der Reiz eines Wimmelbildes besteht in der Vielzahl der Möglichkeiten, Menschen darzustellen, es bietet viel Spielraum für Spaß“, erklärt die 40-Jährige, die in Mülheim geboren ist, aber bereits im Alter von drei Jahren nach Oberhausen zog und heute in Königshardt lebt. Mehr Informationen über Sandy Thissen gibt es im Internet unter www.sandy-thissen.de .