(Foto: Frank Wichmann)
Anzeige

Moers. Die LU und die AWO hatten sich schon im Vorfeld der Hauptausschuss-Sitzung am Mittwoch zum Fortbestand der Fachstelle Demokratie nach dem Weggang des zuständigen Mitarbeiters Demokrat Ramadani zum Ende des Jahres geäußert. Eine weitere Aussprache soll in der nächsten Ratssitzung erfolgen. In den letzten Tagen gingen bei der Redaktion weitere Statements ein, die hier ungekürzt im Original in der Reihenfolge des Eingangs veröffentlicht werden:

Moerser Grüne sind entsetzt

Die „Fachstelle für Demokratie“ kann weg.  So das Fazit des Verwaltungsvorschlags, der seit Freitag dem 13. auf dem Tisch liegt, nach Abwägung des Kostenaufwandes. Der Hintergrund ist der, dass ab 2025 die Fachstelle nachbesetzt werden muss.

Moers soll sparen: Sparen an Schulungen, Workshops für Kinder und Jugendliche, Schulprojekten und Bürgerdialogen. Sparen am Verstehen, Erproben und Lernen demokratischer Prinzipien. Sparen daran, den Zusammenhalt zu stärken und Populismus erkennen zu lernen.  Nach dem Donnerhall der Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen. Nach dem sich die (meisten) demokratischen Parteien, Wirtschaft und selbst das Ausland Sorgen machen um den Zustand der Demokratie in Deutschland. Und nachdem Moers alle Maßnahmen wesentlich aus Fördermitteln des Bundesprogramms Demokratie leben und NRWweltoffen finanziert. Kreis- und landesweit sind wir damit ein Lichtblick in düsteren Zeiten. In Aussicht steht die Förderung in Millionenhöhe bis 2032… wenn es die „Fachstelle für Demokratie“ gibt. Das ist in der Verwaltung bekannt.

Was ist das dann für ein Vorschlag? „Auf jeden Fall überflüssig, bedenklich und ein fatales Signal!“, finden wir Grünen in Moers.


Linke Liste fordert Erhalt der Fachstelle für Demokratie

Die Linke Liste Moers spricht sich entschieden gegen die geplante Streichung der Fachstelle für Demokratie aus. Im Rahmen einer “Effizienzuntersuchung” zum Haushaltsplan 2025 hat die Stadtverwaltung Moers empfohlen, diese wichtige Stelle im kommenden Jahr nicht neu zu besetzen.

Die Fachstelle für Demokratie, die im Februar 2021 auf Antrag eines breiten Bündnisses aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE. LISTE, Die FRAKTION sowie Die Grafschafter eingerichtet wurde, hat in den vergangenen Jahren ihre Relevanz und Notwendigkeit mehr als bewiesen.

Ratsherr Friedhelm Fischer von der Linken Liste betont: „In Zeiten eines massiven Rechtsrucks in der deutschen Politik sind die Förderung demokratischer Werte, von Integration und Inklusion sowie die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts wichtiger denn je. Die Fachstelle für Demokratie leistet hierzu einen unverzichtbaren Beitrag in unserer Region.“

Friedhelm Fischer führt weiter aus: “Die geplante Streichung der Fachstelle für Demokratie ist ein fatales Signal. Gerade jetzt brauchen wir mehr, nicht weniger Einsatz für unsere demokratischen Grundwerte. Wir fordern die Stadtverwaltung auf, diese kurzsichtige Empfehlung zu überdenken und den Rat, die Stelle auch im kommenden Jahr zu erhalten und neu zu besetzen.”

Wolfgang Klinger, Mitglied des Sozialausschusses der Stadt Moers und sozialpolitischer Sprecher der Linken Liste ergänzt: „Die Fachstelle für Demokratie holt Fördermittel ein, die die Personalausgaben weit übersteigen: 1,8 Millionen. Die Streichung die Streichung der Fachstelle bedeutet auch Wegfall eines wichtigen Bereichs der politischen Bildung in der Jugend- und Erwachsenenarbeit, der Kooperation mit Iniativen, Verbänden, Glaubensgemeinschaften, Sozialverbänden,  und Bildungseinrichtungen- auch regional.Wer in Zeiten des Rechtsrucks, der sozialen Spaltung und zunehmender Gewalt an der Arbeit für Demokratie und sozialen Zusammenhalt spart, legt an die Axt an die Säulen der Demokratie.“

Marcel Bister vom Stadtverband der Moerser Linken ergänzt: „Wir rufen alle demokratischen Kräfte in Moers dazu auf, sich gemeinsam für den Erhalt dieser wichtigen Institution einzusetzen. Die Fachstelle für Demokratie ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für eine offene und solidarische Gesellschaft in unserer Stadt. Hierfür hat die Stadt Moers bundesweit Anerkennung und Unterstützung bekommen, das ist ein Leuchturmsprojekt.“


Presseerklärung der Fraktion Die FRAKTION der Partei Die PARTEI zur Fachstelle Demokratie

Mit der Kündigung von Demokrat Ramadani ist die Fachstelle für Demokratie der Stadt Moers in Frage gestellt. Die Verwaltungsspitze legt eine Beschlussvorlage vor, dass die Stelle nicht neu besetzt werden soll, und was passiert?

Links-Grüne und Liberal-Konservative verfallen wie bei einschlägigen Triggerworten üblich in Beißreflexe und Grabenkämpfe. In den Pressemitteilungen standen exakt die vorhersagbaren Worthülsen.

Die tatsächliche Frage ist eine andere, nämlich „wie“ und nicht „ob“.

Das Problem ist: Das bisherige Konzept geht am Bedarf vorbei. Es wurde eine zahlenmäßig kleine gutbürgerliche Klientel angesprochen, die nicht zu den Demokratiegefährdenden gehört. Es wurden Konferenzen veranstaltet, die bei den Teilnehmenden das wohlige Gefühl hinterließen „heute haben wir etwas Gutes getan“, während sie real gesehen einen Scheiß getan haben. Parallel wurden und werden die braunen Seelenfänger stärker bei Menschen, die vermutlich nicht mal von der Fachstelle gehört hatten, geschweige denn von den Angeboten und Veranstaltungen angesprochen wurden.

Kurz gesagt: Viel demokratietheoretische Überlegungen aus einem kommunalen Elfenbeinturm, keine Action. (Ausnahme ist der geplante Bürgerrat.)

Was benötigt wird, ist eine lokal handelnde Fachstelle nah an den Brennpunkten. So wie Streetworker sich um Menschen kümmern, die in Obdachlosigkeit oder Drogensucht abzugleiten drohen, braucht Moers einen politischen Streetworker, der Menschen abfängt, bevor sie in dieses oder jenes Extrem abgleiten.

Wir als CDU-nah linksradikale Stimme der Vernunft im Moerser Rat sagen: In dieser Neudefinition muss die Fachstelle für Demokratie bleiben.

Carsten Born, Fraktionsvorsitzender


CDU-Fraktion: Fachstelle für Demokratie – Position der CDU klar und konsequent

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Moers hat erneut bekräftigt, dass die Fachstelle für Demokratie nach dem Weggang von Demokrat Ramadani zum Jahresende nicht nachbesetzt werden soll. Fraktionsvorsitzender Michael Gawlik erklärt:

„Wir haben uns damals, der Empfehlung der Verwaltung folgend, gegen die Einrichtung der Fachstelle ausgesprochen. Für die Arbeit von Demokrat Ramadani möchten wir uns ausdrücklich bedanken. An unserer Haltung zur Stelle ändert das jedoch nichts. Aktivität ist nicht das Gleiche wie Effektivität. Angesichts der wachsenden Beliebtheit extremistischer Gesinnungen hat die Fachstelle für Demokratie nicht die gewünschten Effekte erzielt. Jährliche Kosten von über 100.000 Euro an Steuergeldern wären besser für Maßnahmen eingesetzt, die den Bürgern dieser Stadt wirklich zugutekommen.”

Ratsmitglied Rolf Unterwagner ergänzt:

„Die Aktivitäten der Fachstelle richten sich vor allem an bereits überzeugte Kreise. Es fehlen spürbare Ergebnisse in der Breitenwirkung. Wir haben in Moers zahlreiche bestehende Initiativen und Akteure, die sich seit Jahren erfolgreich für Demokratie und gegen Extremismus einsetzen. Es braucht keine zusätzliche Fachstelle, die scheinbar eine Alibifunktion erfüllt hat.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Gawlik stellt klar:

„Unsere Demokratie ist in Gefahr. Sie zu schützen, ist unsere oberste Aufgabe. Das richtige Mittel dafür ist jedoch, politische Entscheidungen zu treffen, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen orientieren. Was nützen kulturelle Leuchtturmprojekte für eine kleine Zahl an Interessierten, wenn das Schlagloch vor der eigenen Haustür nicht repariert wird?“

Genau so sieht es auch Rolf Unterwagner:

„Eine starke Demokratie erfordert keine zusätzlichen Stellen, sondern eine Politik, die die Probleme der Menschen vor Ort ernst nimmt und Lösungen anbietet. Gerade in Zeiten finanzieller Engpässe müssen wir Prioritäten setzen – und die Fachstelle für Demokratie ist nicht zwingend erforderlich.“


Offener Brief der Seebrücke Moers e.V.
an Bürgermeister Christoph Fleischhauer, Frau Radomski/CDU
sowie die Fraktionen

Wir, die Seebrücke Moers e.V., zogen am 27. Januar diesen Jahres mit mehr als 8000 anderen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt vom Synagogenbogen zum IKM, um  gemeinsam für die Demokratie einzustehen. Auch unser Bürgermeister Christoph Fleischhauer war mit dabei. In seiner Rede vorm IKM Moers sprach er vom „Zusammenhalt der Demokratie“ und von der „Geschlossenheit der demokratischen Parteien“. Er beendete seine Rede mit dem Bekenntnis: „Noch nie bin ich so gerne mit Linken marschiert wie heute.“

Keine acht Monate später, am 12.09.2024, erstellte seine Verwaltung in seinem Namen die Beschlussvorlage zum Thema Fachstelle für Demokratie. Diese ist – mit Verlaub – eine Beleidigung für jeden mündigen Bürger und jede mündige Bürgerin dieser Stadt. Sie enthält als Begründung für die Streichung der Stelle lediglich den Hinweis, dass die Verwaltung schon im Jahr 2021 wegen „bereits vielfältiger Aktivitäten zur Stärkung des Demokratieverständnisses“ diese Stelle für nicht erforderlich hielt, ohne diese Aktivitäten zu benennen.

Außerdem den Hinweis auf den Auftrag an die Verwaltung „eine Effizienzuntersuchung der gesamten Verwaltung durchzuführen“ mit dem Ziel “die Aufwendungen deutlich zu reduzieren.“ Hierzu sollen Maßnahmen erarbeitet werden, „die unter Berücksichtigung vergleichbarer Leistungen einen geringeren Mitteleinsatz erforderlich machen. Insbesondere sind Instrumente der Digitalisierung und die Nutzung von KI mit zu berücksichtigen.“ In der hier zitierten Vorlage fehlt jeglicher Hinweis auf mögliche vergleichbare Leistungen mit geringerem Mitteleinsatz zum Thema Demokratiestärkung. Das mag daran liegen, dass sich die Arbeit der Fachstelle für Demokratie z.B. in Schulen oder in Jugendzentren nicht digital oder durch KI bewerkstelligen lässt. Die hier in Teilen zitierte Beschlussvorlage größtenteils schon.

Am 27. Januar sagte Christoph Fleischhauer: „Es geht darum, diejenigen zu überzeugen, die glauben, dass das ein Weg ist, (die Wahl der AFD; Anmerkung der Verfasserin)  von diesem Weg abzubringen.“  Die Antwort auf die Frage, wie dies bewerkstelligt werden soll, ohne die Arbeit der Fachstelle für Demokratie, sind uns die Verwaltung sowie der Bürgermeister noch schuldig.

Bei der Europawahl stimmten 14,17 % der Moerser Wählerinnen und Wähler für die AFD. 14,17 %, die laut Christoph Fleischhauer überzeugt werden müssen. Statt aber die Fachstelle für Demokratie, die prädestiniert wäre für diese Überzeugungsarbeit, neu zu besetzen, soll sie aus Kostengründen gestrichen werden. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass die Fachstelle für Demokratie ein Vielfaches ihrer Kosten an Fördergeldern für die Stadt Moers eingeholt hat.

Wir, die Seebrücke Moers e. V., fordern, die Fachstelle für Demokratie in Moers zu erhalten und die Stelle von Demokrat Ramadani neu zu besetzen denn „Demokratie – auch unsere Demokratie – ist nicht selbstverständlich. Sie ist es tatsächlich wert, verteidigt zu werden und das tatsächlich von uns auch jeden Tag.“ Kerstin Radomski, CDU, 27. Januar 2024, Kundgebung vorm IKM.

In diesem Sinne fordern wir des weiteren Herrn Fleischhauer und Frau Radomski auf, zu ihrem Wort zu stehen und sich für den Erhalt der Fachstelle für Demokratie in Moers einzusetzen.

Moers, 24.09.2024

Dorothee Wolke
für die Seebrücke Moers

Beitrag drucken
Anzeige