Kreis Kleve. Die Abstimmungsunterlagen zum Bürgerentscheid im Kreis Kleve sind verschickt. Es kann noch ein paar Tage dauern, bis die Briefe in allen Haushalten im Kreisgebiet eingetroffen sind. Erste Stimmabgaben erreichen aber bereits das Klever Kreishaus. Inhalt des Bürgerentscheids ist die Frage einer möglichen Teilnahme am landesweiten Bewerbungsverfahren um einen Nationalpark mit den Flächen des Reichswalds.
Der Bürgerentscheid findet ausschließlich durch Briefwahl statt. Die Abstimmungsberechtigten haben die Unterlagen automatisch postalisch zugesandt bekommen bzw. erhalten diese in den nächsten Tagen. Gegenstand des Bürgerentscheides ist diese Abstimmungsfrage:
„Soll sich der Kreis Kleve beim NRW-Umweltministerium um die Realisierung eines zweiten Nationalparks auf den Flächen des Reichswalds bewerben?“
Das bedeutet:
- Wer möchte, dass der Kreis Kleve eine Bewerbung abgibt, damit der Reichswald gegebenenfalls ein Nationalpark wird, muss die Abstimmungsfrage mit „Ja“ beantworten.
- Wer nicht möchte, dass der Kreis Kleve eine solche Bewerbung abgibt, muss die Abstimmungsfrage mit „Nein“ beantworten.
Die Teilnahme an der Abstimmung ist den Abstimmungsberechtigten freigestellt. Das bedeutet, es besteht keine Verpflichtung seine Stimme abzugeben.
Die Abstimmungsunterlagen bestehen aus einer Abstimmungsbenachrichtigung, die den Familiennamen, den Vornamen und die Wohnung des/der Abstimmungsberechtigten ausweist sowie die Nummer, unter der die/der Abstimmungsberechtigte in das Abstimmungsverzeichnis eingetragen ist. Mit der Abstimmungsbenachrichtigung erhält die/der Abstimmungsberechtigte ein Informationsschreiben sowie den Stimmzettel, den Stimmschein, eine Stimmumschlag (weiß) und einen Stimmbriefumschlag (rot).
Die Möglichkeit der Stimmabgabe besteht bis Mittwoch, 11. Dezember 2024, um 12 Uhr. Das bedeutet: Der Stimmbriefumschlag muss bis zu diesem Termin beim Landrat des Kreises Kleve eingehen. Stimmbriefe, die zu einem späteren Zeitpunkt eingehen, können bei der Stimmenzählung nicht berücksichtigt werden.
Weitere Informationen zum Ablauf des Bürgerentscheides bietet der Kreis Kleve auf seiner Homepage an: www.kreis-kleve.de/bürgerentscheid.
Positionen zur möglichen Teilnahme am Bewerbungsverfahren um einen Nationalpark (ungekürzte Originalzusendungen)
(Nach Reihenfolge des Eingangs in der Redaktion)
CDU empfiehlt mit “Nein” zu stimmen (Rund-Mail an alle Mitglieder)
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,
in den kommenden Tagen werden auch Sie die Briefwahlunterlagen zum Bürgerentscheid Reichswald ganz automatisch ins Haus geschickt bekommen. Das Verfahren sieht vor, dass jede/r Stimmberechtigte ab 16 Jahren über dieses Thema abstimmen kann, wobei es quasi wie bei einer Briefwahl abläuft. Es wird keine Wahlbüros geben, sie müssen also alles postalisch abwickeln.
Nachdem vier Regionen in NRW bereits Ausweisungen von Flächen als Nationalparke ablehnten, ist der Reichswald quasi übriggeblieben. Er steht nun zur Wahl, obwohl gemäß Naturschutzgesetz ein Nationalpark eigentlich u. a. großräumig und weitgehend unzerschnitten sein und in einem überwiegenden Teil die Vorgaben eines Naturschutzgebietes erfüllen soll.
Der Reichswald dagegen wird von zwei vielbefahrenen Straßen durchschnitten und nur rund 12% seiner Fläche stehen unter Naturschutz. Zudem ist er mit etwa 5.000 Hektar nach internationalen Maßstäben zu klein; kurzum: Unser Reichswald erfüllt weder in Größe noch Struktur die üblichen Voraussetzungen.
Ich möchte Sie daher heute mit dieser Mail ermutigen, mit NEIN zu stimmen.
Warum? Nach einem langen Meinungsbildungsprozess in der für die Entscheidung zuständigen CDU-Kreistagsfraktion unter Vorsitz von Paul Düllings, bei dem Befürworter und Gegner eines Nationalparks eingebunden wurden, und nach einem Votum im CDU-Kreisvorstand, der sich bei nur einer Gegenstimme gegen einen Nationalpark aussprach, gibt es viele fundierte Gründe gegen die Ausweisung des Reichswaldes als Nationalpark.
Ich möchte Ihnen diese an die Hand geben, damit auch Sie fundiert und sachlich entscheiden können und in Familie und Freundeskreisen entsprechend für Gespräche vorbereitet sind:
- Wir wollen eine sichere Trinkwasserversorgung auch für die Zukunft! Über 130.000 Menschen im Kreis Kleve beziehen ihr Trinkwasser aus dem Reichswald. In einem Nationalpark ist wegen des hohen Schutzstatus nicht sichergestellt, ob Neubau oder Modernisierung von Anlagen und Brunnen langfristig möglich bleiben. Ein Bestandsschutz reicht hier nicht aus, denn schon eine Änderung der Richtlinien auf EU-Ebene würde all dies außer Kraft setzen. Wir haben Ähnliches mit dem NRW-Vertragsnaturschutz nach Neufassung der Pflanzenschutzanwendungsverordnung durch den Bund erleben müssen. Niemand auf Landes- und Bundesebene kann also eine dann bei uns umzusetzende etwaige Änderung des EU-Rechts ausschließen. Das hätte u.U. zur Folge, dass die Wasserversorgung für ein Drittel der Bevölkerung im Kreis zeit- und kostenintensiv neu zu organisieren wäre.
- Keine unnötigen Kosten für einen Nationalpark! Ein Nationalpark kostet die öffentliche Hand mehrere Millionen Euro jährlich (Nationalpark Eifel z.B. 10 Mio. €). Dieses Geld fehlt an anderen wichtigeren Stellen, vor allem im sozialen und schulischen Bereich. Zudem sind die notwendige Infrastruktur und deren sachliche und personelle Unterhaltung von den angrenzenden Kommunen zu finanzieren.
- Natur- und Artenschutz sind schon jetzt gegeben! Ein Nationalpark ist für Natur- und Artenschutz im Reichswald nicht notwendig. Im Gegenteil. Die weitere aktive Bepflanzung neuer Bäume würde eingeschränkt und der ökologisch notwendige Umbau des Reichswalds hin zu einem Laubmischwald behindert. Weitere ökologische Ziele können zudem auch ohne Nationalpark umgesetzt werden.
- Erhöhte Gefahr von Wildunfällen vermeiden! Grundsätzlich soll ein Nationalpark nicht eingezäunt sein. Ohne Zäune könnten Hirsche und Wildschweine im Reichswald frei herumlaufen. Die Gefahr von Wildunfällen vor allem auf der B 504 und der Grunewaldstraße im Reichwald wird dann erheblich zunehmen.
- Ein Nein zum Nationalpark ist besser für den Klimaschutz! Holz ist ein nachwachsender, klimafreundlicher Rohstoff, der in einem Nationalpark zum großen Teil ungenutzt bleibt. 20.000 Kubikmeter Holz pro Jahr gingen einer Nutzung verloren und müssten dann über große Entfernungen ökobelastend importiert werden. Gleichzeit würde Holz im Wald verrotten und das klimaschädliche CO2 freisetzen.
- Für einen ausreichenden Brandschutz! Ein Nationalpark begünstigt Waldbrände durch den Anstieg von Totholz. Gleichzeitig behindert der eingeschränkte Zugang die Brandbekämpfung. Davor warnen auch unsere freiwilligen Feuerwehren. Gerade angesichts der Trockenheit der letzten Jahre ist dies eine große Gefahr für Wald, Wildtiere und Menschen. Ganz zu schweigen von den sich immer noch im Boden befindlichen Munitionsresten des 2. Weltkriegs…
- Der Reichswald muss erlebbar bleiben! Als Nationalpark wäre der Reichswald für Spaziergänger, Hundebesitzer, Reiter und auch Radfahrer nur noch eingeschränkt nutzbar. Ein Nationalpark sieht vor, auf Strecke mindestens 75% der Fläche sich selbst zu überlassen. Diese Bereiche dürfen dann nicht mehr betreten werden. Zudem ist das Sammeln von Pilzen und Beeren verboten, und die Leinenpflicht für Hunde und das Wegegebot anderer Erholungssuchender würde überwacht.
- Die zusätzliche Ausbreitung des Wolfes muss verhindert werden! Durch eine Ausweisung des Reichswalds als Nationalpark wird die weitere Ausbreitung des Wolfes begünstigt. Diese Ausbreitung kann in bestehenden Nationalparks beobachtet werden. Die Risiken für die Menschen und die Weidetiere im Umfeld des Reichswalds nehmen erheblich zu.
- Landwirtschaft und Gartenbau im Umfeld schützen! Keiner kann verbindlich zusichern, dass ein Nationalpark nicht zu einem Wegfall der bestehenden Zäune führt und die Hirsche und Wildschweine sich ausbreiten. Die Weidehaltung nach dem geforderten Tierwohl 4 im Umfeld ist dann in Gefahr. Auch ist zu befürchten, dass der Nationalpark zukünftig auch auf die umliegenden landwirtschaftlichen und gartenbaulich genutzten Flächen erweitert wird.
- Für ein aktives Wildtiermanagement durch unsere Jäger! Die Jägerschaft leistet wertvolle Beiträge zum Wildtiermanagement und trägt so zur gesunden Entwicklung im Reichswald bei. Dieses Engagement wäre in einem Nationalpark in bisheriger Form nicht mehr möglich. Das bestehende Ausbildungs- und Schießzentrum kann zudem mittelfristig seine Genehmigung verlieren.
- Ein Nationalpark verhindert nicht automatisch Windenergieanlagen! Viele Befürworter eines Nationalparks glauben, auf diesem Weg Windkraftanlagen im Reichswald verhindert zu können. Das ist ein Irrtum. Im Umfeld des Reichswalds bleibt Windkraft weiter möglich. Zudem können geplante Windenergieflächen aus der Nationalparkkulisse herausgetrennt werden.
Darüber hinaus möchte ich noch auf den größten englischen Ehrenfriedhof auf deutschem Boden hinweisen – er liegt mitten im Reichswald, und seine fast 8.000 Gräber sind Ewigkeitsgräber. Aus meiner Sicht wäre es despektierlich und unvorstellbar zugleich, wenn diese irgendwann dann in einer Art Urwald lägen.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Mail einige zusätzliche Informationen gegeben zu haben und bitte um Ihre Teilnahme am Bürgerentscheid – stimmen Sie bitte mit NEIN.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Günther Bergmann
CDU-Kreisvorsitzender
P.S.: Weitere Info zum Thema Wasser erhalten Sie auch unter: www.trinkwasser-im-reichswald.de
JA beim Bürgerentscheid: Eine einmalige Chance nutzen (Pressemitteilung der Initiative Internationalpark Reichswald)
Der Reichswald ist das einzige Gebiet, das noch im Rennen ist, um zum zweiten Nationalpark in NRW zu werden. Bis zum 11. Dezember läuft jetzt im Kreis Kleve die Briefwahl, die darüber entscheidet, ob ein Nationalpark von der Bevölkerung gewünscht ist oder nicht. Der Reichswald ist das größte zusammenhängende Waldgebiet des Niederrheins und befindet sich als Staatsforst vollständig in Besitz des Landes NRW.
Die Bürgerinitiative „Internationalpark Reichswald“ bittet, beim Bürgerentscheid mit Ja zu stimmen. „Ein Nationalpark ist die einzige Möglichkeit, um den Reichswald wirksam zu schützen sowie eine einmalige Chance, die Region wirtschaftlich zu stärken und verantwortungsvoll zu handeln.“
Der Wald in einem Nationalpark wird nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt, die Bäume dürfen alt werden und eines natürlichen Todes sterben, Totholz verbleibt im Wald. Dadurch entsteht Lebensraum für viele bedrohte Arten, der Wald speichert mehr CO2 als bisher, die Luft wird gereinigt und der Schutz und die Neubildung von Trinkwasser gefördert. „Alles wichtige Dienstleistungen, die der Wald für uns Menschen erbringt,“ so Roland Mümken. Die Errichtung von Windkraftanlagen ist in einem Nationalpark hingegen ausgeschlossen.
Waldwege und Rückegassen werden nicht mehr mit LKWs und schweren Maschinen befahren, die Öl verlieren und den Boden verdichten. Vielmehr wird ein auf Wanderer, Radfahrer und Reiter ausgelegtes Wegenetz eingerichtet. Denn dem Naturerlebnis der Bevölkerung zu dienen, ist erklärtes Ziel eines Nationalparks.
Eine Nationalparkverordnung wird regeln, was erlaubt ist und was nicht. Alle Interessengruppen können sich an diesem Prozess beteiligen.
Zum Schutz der Natur sind Wegegebote und ein Leinenzwang für Hunde in vielen deutschen Nationalparks vorgeschrieben. „Wir können nachvollziehen, dass sich Leute hierdurch eingeschränkt fühlen, aber wir hoffen, dass nicht nur auf die vermeintlichen Nachteile, sondern auch auf die klaren Chancen geschaut wird“, so Katja Eis von der Bürgerinitiative „Internationalpark Reichswald“.
Die Trinkwasserversorgung ist im Nationalpark sichergestellt, wie das NRW-Umweltministerium mehrfach schriftlich mitgeteilt hat, und wie es in 13 der 16 deutschen Nationalparke vorgemacht wird.
Die Stadtwerke Kleve und Goch hatten mit Verweis auf die Trinkwassersicherheit vor dem Nationalpark gewarnt. „Was die Stadtwerke Kleve und Goch hier tun, lässt sich mit Blick auf die Windkraftanlagen erklären, die durch den Nationalpark verhindert werden würden und an denen die Kommunen, die ja Eigentümer der Stadtwerke sind, ein finanzielles Interesse haben. Wir würden es begrüßen, wenn man sich transparent zu diesem Interesse bekennen würde, anstatt einen Vorwand zu suchen und in unverantwortlicher Weise Ängste zu schüren“, so die Initiative.
Die Befürworter bedauern weiterhin, dass sich auch viele Bauern vehement gegen einen Nationalpark aussprechen. „Landwirte verweisen oft auf schlechte Erfahrungen bei anderen Naturschutz-Projekten, die aber daraus resultieren, dass in Naturschutzgebieten beides, landwirtschaftliche Nutzung und Naturschutz, in Einklang gebracht werden müssen. Da sind Konflikte nicht immer zu vermeiden. Durch die Nachbarschaft zum Nationalpark jedoch ergeben sich für landwirtschaftliche Flächen keine neuen Vorschriften. An der Waldgrenze ist Schluss, genau wie es in der Eifel seit jetzt 20 Jahren der Fall ist.
Sollte der Wildbestand im Nationalpark zu einem Problem für die angrenzende Kulturlandschaft und den Wald selbst werden, werden Jäger auch im Nationalpark weiter den Wildbestand regulieren.
Eine interessante Perspektive bietet eine Zusammenarbeit mit den Niederländern, die von beiden Seiten der Grenze gewollt ist. Auf niederländischer Seite liegen unweit des Reichswaldes mehrere Naturschutzgebiete sowie das Vrijheidsmuseum in Groesbeek. Ein Internationalpark mit 9.000 ha Fläche wäre möglich, dazu braucht es keine Ackerflächen, wie von einigen deutschen Landwirten befürchtet. „Wir haben jetzt die einmalige Chance, Geschichte zu schreiben und den Reichswald, der ja auch ein Ort von besonderer geschichtlicher Bedeutung ist, zu einem Symbol für ein friedliches und nachhaltiges Europa zu machen.“





















