
Oberhausen/Dinslaken. Wenn Friedensdorf International kranke und verletzte Kinder aus anderen Ländern nach Deutschland holt, um sie hier behandeln zu lassen, schlägt den Mitarbeitenden eine Welle der Dankbarkeit entgegen. Ebenso ist es, wenn die Hilfsorganisation medizinische Projekte in den Heimatländern der Kinder anstößt oder ausbaut und auch, wenn Hilfsgüter wie Medikamente, Lebensmittel oder Kleidung Familien in akuten Notlagen helfen. Dieser Dankbarkeit begegnet Friedensdorf International mit Zuverlässigkeit und Treue. Die Hilfsleistungen sind keine Zufallsprodukte, sondern das Ergebnis intensiver Gespräche mit Menschen und Partnern vor Ort. Und sie sollen über den Moment hinaus wirken und den Menschen Hoffnung geben. Dass die Hilfe überhaupt möglich ist, ist den Spenderinnen und Spendern zu verdanken, die ebenfalls mit großer Zuverlässigkeit an der Seite des Friedensdorfes stehen. „Die allgemeinen Spenden sind im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleichgeblieben“, freut sich Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter. „Dafür sind wir wirklich dankbar, denn die Spenden sind die Basis für unsere Arbeit.“
Im Kern gleich und doch anders
Diese Arbeit hat sich mit den Coronajahren und vor allem auch den aktuellen Herausforderungen weltweit verändert. „Im Kern leisten wir natürlich immer noch medizinische Hilfe für Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten, wie unser Satzungsauftrag es vorsieht“, erläutert Birgit Stifter. „Allerdings sind wir beispielsweise in der Durchführung der medizinischen Einzelfallhilfe flexibler geworden und es sind auch neue Projekte hinzugekommen wie etwa die Auslandsoperationen in Afghanistan.“ Gestartet Ende 2023, konnten dort im Folgejahr schon 56 Mädchen und Jungen mit finanzieller Unterstützung des Friedensdorfes operiert werden. Die meisten der Kinder litten an beginnenden Knochenentzündungen, die vor Ort behandelbar waren. Dadurch konnte eine Verschlimmerung des Krankheitsbildes und eine deutlich aufwändigere Knochensanierung in Deutschland verhindert werden. Die Suche nach Behandlungsmöglichkeiten vor Ort steht an erster Stelle, um Kinder und Eltern nicht zu trennen. Zudem werden Operationen in Deutschland ohnehin immer schwieriger, da weniger Krankenhausfreibetten in der Bundesrepublik zur Verfügung stehen. Auch aus diesem Grund hat Friedensdorf International 2024 nur zwei große Hilfseinsätze durchgeführt, einen nach Angola und einen nach Afghanistan und Zentralasien.
Operationen weiterhin auch im Friedensdorf
Das vierte Jahr in Folge hat sich auch der Eingriffsraum im Friedensdorf bewährt, wo kleinere OPs durchgeführt werden können. Im letzten Jahr erfolgten hier 83 Operationen an Kindern, die dafür nicht in ein Krankenhaus verlegt werden mussten. Zwar federn weder die Operationen im Ausland, die zusätzlich zu Afghanistan auch in Usbekistan, Kirgistan und Armenien stattfinden, noch die Eingriffe im Friedensdorf die Probleme in der deutschen Krankenhauslandschaft vollständig ab, sie erweisen sich aber dennoch als lohnenswerte Ergänzung, die vor allem für die Kinder und ihre Familien emotionale Vorteile bietet. Die räumliche Nähe zu Familie und/oder Freunden ist dem Genesungsprozess enorm zuträglich. Darüber hinaus werden durch die beiden Maßnahmen insgesamt mehr Kinder erreicht.
Neue Projekte in Afghanistan und im Libanon
Als ein sehr emotionales Projekt hat sich das in 2024 initiierte Hühnerzuchtprojekt in Afghanistan entpuppt. Zunächst 500 bedürftige Familien in der Provinz Baghlan, die nach schweren Überschwemmungen alles verloren hatten, erhielten je neun Hennen und einen Hahn sowie Futter und eine Tränke für die Tiere, um ihre desolate Ernährungssituation zu verbessern. Zusätzlich geben die Versorgung und Pflege der Tiere besonders den Kindern eine Aufgabe, an der sie Freude haben und die ihnen und ihren Familien etwas Zuversicht schenkt. Da das Projekt so guten Anklang gefunden hat, sollen im März 2025 1.000 weitere Tiere an Familien in der Region verteilt werden.
Als neues Projektland ist 2024 der Libanon hinzugekommen. Dort hat Friedensdorf International zwei Food-Trucks finanziert, die vor allem Kinder aus Fluchtbewegungen mit warmem Essen versorgen. Zusätzlich wurde im Libanon ein Autismus-Projekt finanziell unterstützt und in diesem Jahr soll in einem Beiruter Krankenhaus ein „Intensivzentrum für brandverletzte Kinder“ entstehen, das dringend benötigt wird.
Insgesamt hat das Friedensdorf zusätzlich zur medizinischen Einzelfallhilfe und der Projektarbeit verschiedene Hilfsgüterlieferungen mit einem Gesamtvolumen von 415 Tonnen durchgeführt; u.a. gingen Medikamente, Lebensmittel, Kleidung und Emergency Health Kits nach Afghanistan, Zentralasien, in den Irak, nach Armenien, Gambia und Angola.
Friedenspädagogische Arbeit des Bildungswerks wächst
Die Schwierigkeiten der Coronapandemie-Jahre endgültig überwunden haben offenbar die Angebote des Friedensdorf Bildungswerkes, das 2024 in allen Bereichen einen deutlichen Zuwachs verzeichnen konnte – mehr Gruppen mit insgesamt mehr Teilnehmenden fanden den Weg in die angebotenen Seminare und Workshops. Sonderveranstaltungen wie „Demokratie vs. Diktatur“ im Rahmen der Europawahl sowie zum Thema „Resilienz von Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten“ rundeten das Angebot inhaltlich ab.
Einen Schicksalsschlag gab es gegen Ende des Jahres zu verkraften: Safar Yorov, langjähriger Partner und enger Freund des Friedensdorfes aus Tadschikistan, verstarb plötzlich und unerwartet unmittelbar nach Abschluss des Hilfseinsatzes. Neben aller Trauer, die mit seinem Tod einhergeht, wird sich das Friedensdorf nach Kräften bemühen, zukünftig seine Hilfe fortzusetzen und damit auch den Wunsch des tadschikischen Freundes weiterleben zu lassen.