Das Beratungszentrum der Stadt Krefeld mit (von links) Friederike Jacobs, Annett Hanas und Yvonne Matin Pour stabilisiert Familien in Krisensituationen (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)

Krefeld. Vor zweieinhalb Jahren war Lena (Name geändert) 19 Jahre alt, hochschwanger und äußerst überfordert. Die Beziehung zu ihrem Partner war brüchig, der Kontakt zu ihrer Familie gekappt. Ihren Alltag konnte sie mehr schwerlich denn eigenständig bewältigen, hinzu kamen Schwierigkeiten mit der Wohnung. Lenas Probleme türmten sich zu einer echten Lebenskrise auf. „Ich brauchte dringend Hilfe und hatte große Angst, dass ich meinem Kind nicht gerecht werden kann”, erinnert sie sich. Heute beobachtet sie ihren Sohn dabei, wie er im Spielezimmer des Beratungszentrums für Familien und Beruf Bauklötze aufeinanderstapelt. Einst war die Beratungsstelle der Stadt Krefeld in der Fabrik Heeder der Ort, der Lena in einer Notlage Halt und Stabilität gab. Heute treffen sich Mutter und Sohn hier regelmäßig mit anderen jungen Familien zum Reden und Spielen.

Das Ziel: Familien in einer Lebenskrise wieder festigen

„Es ist beachtlich, dass sie diesen Schritt und anschließend eine solche Entwicklung vollzogen hat”, sagt Sara Hofmann vom Beratungszentrum, die Lena und ihren Sohn von Beginn an begleitet hat. Zunächst mussten sie akute Herausforderungen bewältigen: Lena hatte viele wichtige Anträge liegengelassen und das ihr zustehende Elterngeld nicht angefordert. Sara Hofmann und ihre Kolleginnen festigten die junge Familie in dieser Krise. Ein solches Schema wiederholt sich in vielen Fällen, wenn Personen oder Familien mit häufig multiproblematischen Lebenssituationen das Beratungszentrum aufsuchen. Sie benötigen begleitende Unterstützung, oft sofort. Manche haben Schwierigkeiten in der Partnerschaft oder Erziehung, andere mit der beruflichen Orientierung. Mal geht es um einen fehlenden Kita-Platz, dann wiederum um behördliche Unterstützung. Einige Klienten werden selbstständig auf das Beratungszentrum aufmerksam. Das Gros vermitteln Familienzentren, Kitas, die bezirkliche Sozialarbeit, Schulen oder das Jobcenter.

„Unsere Aufgabe ist die Familienstabilisierung. Wir leisten eine individuelle und sehr kleinschrittige Unterstützungsberatung. Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe, damit die Menschen möglichst schnell wieder unabhängig von unserer Unterstützung werden”, erklärt Annett Hanas. Das Vierer-Team Annett Hanas, Sara Hoffmann, Friederike Jacobs und Yvonne Matin Pour gehört zur Kommunalen Zentralstelle für Beschäftigungsförderung. In Abgrenzung zu den ebenfalls hier angesiedelten und zeitlich befristeten Förderprogrammen WiQ Plus, BIWAQ oder Just Best ist das Beratungszentrum für Familien und Beruf eine dauerhafte Anlaufstelle. Die Zielgruppe erstreckt sich darüber hinaus auf das gesamte Krefelder Stadtgebiet. Wer sich beraten lassen möchte, sollte mindestens 18 Jahre alt sein, Kinder haben oder schwanger sein.

Verzahnung von Berufsorientierung und Jugendhilfe

Das Beratungszentrum verzahnt die Berufsorientierung mit der Jugendhilfe. Eine wesentliche Zielgruppe sind jene Alleinerziehende, die meist Leistungen über das Jobcenter beziehen. Dessen Beratungsangebote richten sich allerdings erst an Alleinerziehende mit Kindern ab drei Jahren. Für Ein-Eltern-Familien mit jüngeren Kindern ist das Beratungszentrum daher eine wesentliche Anlaufstelle, um eine Tagesstruktur und Zukunftsperspektiven zu erarbeiten. „Dass wir bei so jungen Familienkonstellationen ansetzen, wirkt sich nicht nur auf die Erwachsenen, sondern auch unmittelbar positiv auf die Lebensumstände und Chancen der Kinder aus”, sagt Yvonne Matin Pour. Erziehungsfragen, die grundsätzliche Lebensgestaltung mit Kindern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf seien daher zentrale Aufgaben. So leistet das Angebot einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe und sorgt dafür, dass die Zielgruppen perspektivisch unabhängig von staatlichen und kommunalen Leistungen leben können.

„Ein großer Vorteil ist, dass wir eine intensiv an den Bedarfen der Zielgruppen orientierte Beratung anbieten. Wir machen auch Hausbesuche oder begleiten bei Behördengängen. Erstgespräche sind bei uns relativ kurzfristig zu bekommen. Außerdem nehmen wir uns erst einmal aller Themenbereiche an und erarbeiten gemeinsam mit den Klienten Lösungen. Die Beratungsstelle ist sehr breit aufgestellt und hat viele Angebote institutionsübergreifend im Blick”, erklärt Annett Hanas. Vor wenigen Jahren hat sie einen Fall begleitet, der ihr nachdrücklich in Erinnerung geblieben ist. Eine junge Mutter lebte mit ihren zwei Kindern in einer unbeheizten, zu schimmeln drohenden Wohnung. Sie war nicht krankenversichert, trotz Schwangerschaft noch nicht in ärztlicher Untersuchung, zudem fehlte das Geld. Als Annett Hanas diesen Fall übernahm, krempelten sie gemeinsam das Leben der jungen Familie um. Kürzlich hat die Mutter mit ihren Kindern das Beratungszentrum in der Fabrik Heeder besucht. Sie leben heute zufrieden in der gemeinsam gefundenen neuen Wohnung, die Kinder haben einen Kita-Platz bekommen. Eine Familie hat eine Perspektive erhalten.

„Erfolgserlebnisse motivieren uns ungemein”

„Solche Erfolgserlebnisse motivieren uns natürlich ungemein. Uns schlägt auch sehr viel Dankbarkeit entgegen, das rührt einen”, sagt Friederike Jacobs. Grundsätzlich meint sie: „Unsere Beobachtung ist, dass die meisten unserer Klienten durch eine akute kürzere oder längere Lebenskrise nicht imstande sind, ihr Leben selbstständig zu meistern. Insbesondere die intensive Unterstützung und Begleitung in den unterschiedlichen Lebensbereichen führt dazu, dass die Zielgruppen wieder Mut schöpfen und eine Perspektive entwickeln. Über allem steht dabei die Beziehungsarbeit. Bei aller gebotenen Distanz müssen wir Vertrauen aufbauen.”

Das Team der Beratungsstelle für Familien und Beruf betreut derzeit etwa 80 Fälle. Darüber hinaus bietet es regelmäßig Elterncafés in der Josefschule sowie in den Familienzentren Ritterstraße und Dieselstraße an. Eine mittwöchige Eltern-Gruppe und eine Eltern-Kind-Gruppe am Donnerstag in der Fabrik Heeder komplettieren das umfassende Angebotsspektrum des Beratungszentrums. Die Eltern-Kind-Gruppe besuchen auch die heute 22-jährige Lena und ihr Sohn regelmäßig. „Hier habe ich soziale Kontakte und kann über alles reden. Und für die Entwicklung meines Sohns sind diese fest verankerten Termine auch sehr nützlich”, sagt Lena. Ihr nächstes Etappenziel ist ein Job. Lena möchte gerne eine Ausbildung zur Kinderpflegerin beginnen. Dazu benötigt sie einen Kita-Platz für ihren Sohn. Das Beratungszentrum für Familien und Beruf wird sie auch hierbei begleiten.

Das Beratungszentrum für Familien und Beruf hat seinen Sitz in der Fabrik Heeder, Virchowstraße 128 C. Eine Kontaktaufnahme ist unter Telefon 0 21 51 / 86 34 41 und per E-Mail an beratungszentrum@krefeld.de möglich.

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