Symbolfoto (Foto: Pixabay)
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Krefeld. Unter dem Betreff “Zu den Haushaltsdefiziten 2024 von 62,4 Millionen Euro und 2025 von 101,7 Millionen Euro kommen noch ausbilanzierte Aufwendungen in Höhe von 130,4 Millionen Euro” sendete die FDP-Fraktion ihre Stellungnahme zur Mitteilung von Stadtkämmerer Ulrich Cyprian (CDU) über die Höhen der Defizite im städtischen Haushalt in den Jahren 2024 und 2025. Innerhalb eines Tages gingen auch die Stellungnahmen der CDU- und SPD-Fraktion mit unterschiedlichen Bewertungen bei der Redaktion ein. Zur Meinungsbildung werden alle drei Pressemitteilungen und Stellungnahmen in ungekürzter Form und Originaltext hier veröffentlicht:

Fraktion FDP-Die Liberalen hat für die April-Ratssitzung am 01. April beantragt, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, um Einsparungspotenziale zu “identifizieren”

Damit reagieren die Liberalen auf die Mitteilung von Stadtkämmerer Ulrich Cyprian (CDU), wonach das Defizit im städtischen Haushalt sich per 31. Dezember 2024 nicht wie geplant auf 25,2 Millionen Euro, sondern auf 62,4 Millionen Euro belaufen wird. Zuvor hatte Cyprian das Haushaltsloch für 2025 mit 101,7 Millionen Euro beziffert. Hinzu kommen für die Jahre 2020 bis 2023 „ausbilanzierte“ Aufwendungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in Höhe von 117,3 Millionen Euro; für die Jahre 2022 und 2023 wurden Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg in Höhe von 13,1 Millionen Euro „ausbilanziert“. Über diese beiden Aufwendungen muss bis Ende 2025 eine Entscheidung getroffen werden.

Joachim C. Heitmann (Foto: FDP)

„Der Kämmerer hat nur eine Bewirtschaftungsverfügung für das laufende Jahr erlassen, mittels derer er sich rechnerisch eine Einsparung von 75 Millionen Euro erhofft. Das wird nach unserer Einschätzung bei Berücksichtigung der aktuellen Zahlen nicht reichen“, so der Fraktionsvorsitzende Joachim C. Heitmann.

Die Liberalen befürchten – mit Blick auf das für Ende 2024 prognostizierte Defizit – für das laufende Jahr ein noch größeres „Loch in der Haushaltskasse“, als die bislang angenommenen über 101 Millionen Euro.

„Vor allem vermissen wir eine Positionierung des Kämmerers zu den ausbilanzierten Aufwendungen. Diese belaufen sich in Summe auf 130,4 Millionen Euro und kommen zu dem Ohne-hin-Defizit on Top“.

Die Liberalen vermuten, dass die Verwaltungsspitze auf Zeit spielt. „Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass sie der Öffentlichkeit vor der Kommunalwahl am 14. September nicht das ganze Ausmaß der Verschuldung präsentieren will. Nach unserer Ansicht muss aber jetzt gehandelt werden.  Denn dem neuen Rat, der sich erst im November konstituieren wird, bleiben dann nur noch zwei Monate für den Haushalt 2026 und die daran anschließende mittelfristige Finanzplanung.“

Die Bilanzierungshilfe schlüsselt sich wie folgt auf die Jahre 2020 – 2023 auf:

(aus Pressemitteilung der FDP Fraktion)

Die Bilanzierungshilfe zum 31.12.2023 stellt sich in Summe wie folgt dar:

(aus Pressemitteilung der FDP Fraktion)

Zusatz:
Es ist zu berücksichtigen, dass sich der Jahresabschluss 2023 noch in Prüfung befindet und sich im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses 2024 ggfs. noch Korrekturbedarfe ergeben können.


Zur aktuellen Haushaltlage erklärt der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Bürgermeister Timo Kühn:

“Die Finanzen der Stadt gleichen mehr und mehr den Schlaglöchern der Stadt: Man droht darin zu versinken. Denn der aktuelle haushaltspolitische Kurs von SPD, Grünen und OB Meyer treibt Krefeld ab 2026 in die Haushaltssicherung. Wie nun bekannt wurde, hat die Stadt Krefeld im Jahr 2024 ein Minus von 62 Mio. gemacht. Noch kann dies aus der sogenannten Ausgleichsrücklage gegenfinanziert werden. Die Ausgleichsrücklage ist eine Art Gewinnrückstellung der Stadt. Seit 2018 wurde hier Geld angespart. Dank guter Kassenlage stieg sie bis Anfang 2024 auf gut 104 Mio. Euro. Mit dem nun festgestellten Minus für 2024 schmilzt die Ausgleichsrücklage Anfang 2025 auf nur noch 42 Mio. Euro.

Timo Kühn (Foto: Dirk Jochmann)

Das mag erst mal ausreichend aussehen, allerdings sieht der Haushaltsplan der Stadt für 2025 ein Jahresminus von 102 Mio. Euro vor. Da die Ausgleichsrücklage dann aufgebraucht sein wird, muss die Stadt gut 60 Mio. Euro aus der sogenannten allgemeinen Rücklage, dem Eigenkapital der Stadt, nehmen.  Das ist allerdings hoch problematisch. Denn auch für 2026 ist schon ein Minus von 87 Mio. Euro eingeplant. Bei zwei so hohen Fehlbeträgen in zwei Jahren hintereinander, greifen die Schuldenregeln der Landesgesetzgebung: Wenn zwei Jahre hintereinander mehr als 5 Prozent des Eigenkapitals verbraucht werden, muss automatisch ein Haushaltssicherungskonzept aufgestellt werden. Das droht dann 2026.

Dabei haben sich die haushaltstragenden Fraktionen von SPD in den Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 24/25 noch gerühmt, dass man mit ihrer Planung bis 2027 Sicherheit hat. Die neuen Zahlen zeigen: Sie haben sich grundlegend geirrt. Angesichts des mangelnden Sparwillens von Rot-Grün und OB Meyer ist das Problem hausgemacht. Neue Stellen und neue Projekte, die nicht der städtischen Daseinsfürsorge, wie beispielsweise dem Schwimmsport oder dem Schulbau dienen, reißen ein Riesenloch in den Haushalt – trotz Rekordgewerbesteuereinnahmen. Dazu kommen Risiken, vor denen wir als CDU gewarnt haben, wie beispielsweise die steigenden Personal- oder Zinskosten. Dass die Haushaltssicherung droht, tut weh, muss aber klar benannt werden, alleine schon mit Blick auf die Zuschüsse an Vereine oder Kulturschaffende.“


Ratsherr Jürgen Hengst, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zum Haushalt

Zum Bericht des Stadtkämmerers über die Entwicklung des Ergebnishaushaltes für das Jahr 2024 sowie diesbezüglichen öffentlichen Verlautbarungen und Forderungen nach einem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept, teilt Jürgen Hengst, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion mit:

„In einer großen Kraftanstrengung haben wir die städtischen Finanzen in den vergangenen 10 Jahren gemeinsam mit verschiedenen Partnern konsolidiert und die Stadt zunächst aus dem Nothaushalt und dann auch aus der Haushaltssicherung geführt. So waren es von 2014 bis 2017 SPD, CDU und Grüne, die die Haushalte gemeinsam beraten und verabschiedet haben, von 2018 bis 2020 waren es SPD und CDU sowie von 2021 bis 2023 SPD, Grüne und FDP. Nun schlägt die von uns seit langem angemahnte strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen durch Land und Bund leider auch in einer solide wirtschaftenden Stadt wie Krefeld voll durch. Dank der guten Haushaltspolitik der vergangenen Jahre sind wir glücklicherweise noch in der Lage, Ausgabensperren zu vermeiden. Die zahlreichen Ankündigungen vergleichbarer Städte, den Weg in die Haushaltssicherung einschlagen zu müssen zeigen aber wie ernst die Lage ist.

Haushaltssperren oder Sicherungskonzepte würden, auch weil das Land im Sozialbereich bereits Kürzungen vorgenommen hat, ein massives Problem für die soziale und ehrenamtliche Infrastruktur unserer Stadt darstellen. Freiwillige Zuschüsse an Vereine und Initiativen sowie Förderprogramme wie ‚Krefeld macht Sport‘ stünden sofort zur Diskussion oder müssten umgehend eingestellt werden. Diesen Weg werden wir in der aktuellen gesellschaftlichen Situation nicht gehen.

Der Bericht der Verwaltung über die Entwicklung des Ergebnishaushaltes für das Jahr 2024 ist natürlich keine positive Nachricht. Aber die Ursachen für diese Entwicklung müssen genau betrachtet und benannt werden. Denn die Wahrheit ist: Die von der Verwaltung dargestellten Entwicklungen sind auf Faktoren zurückzuführen, die eben nicht im Verantwortungsbereich der Stadt Krefeld und ihrer politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger liegen. Alleine die Minderzahlung des Landes beim Gemeindefinanzierungsgesetz macht für die Stadt Krefeld 42,5 Mio. Euro im Jahr 2025 aus und liegt damit fast genauso hoch wie die jetzt ausgewiesene Verschlechterung im Jahresabschluss für das Jahr 2024.

Die im Vergleich zu vielen anderen nordrhein-westfälischen Kommunen stark gestiegene Finanzkraft der Stadt Krefeld führt zu der deutlich geringeren Schlüsselzuweisung des Landes. Wir sind in Krefeld also Opfer unseres eigenen wirtschaftlichen Erfolges. Insbesondere die weiterhin positive Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen ist Beweis für die wirtschaftliche Stärke Krefelds und die guten Rahmenbedingungen, die in den letzten Jahren geschaffen wurden.

Wer allerdings als Antwort auf die aktuelle Situation u.a. behauptet, mit der Streichung einer Handvoll Stellen könne man z.B. die Minderzahlungen des Landes im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes in Höhe von 42,5 Mio. Euro im Jahr 2025 abfedern, der streut den Menschen bewusst Sand in die Augen, weil er sich um die Antwort drückt, was ein von ihm selbst gefordertes Haushaltssicherungskonzept für die Krefelderinnen und Krefelder, ihre Vereine und Initiativen tatsächlich bedeuten würde.

Wir haben uns in Krefeld in einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung konsolidiert. Es zeigt sich, dass unsere kontinuierliche Ausgaben- und Aufgabenkritik der richtige Ansatz ist. Unabhängig davon werden wir uns auf Landes- und Bundesebene weiterhin dafür einsetzen, dass das Problem der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen endlich nachhaltig angegangen wird.“

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