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Kreis Wesel. Die Jusos im Kreis Wesel empfinden, dass die öffentliche Spannung in Fragen der Sicherheits- und Flüchtlingspolitik wachse. So kritisiert der Kreisvorstand mangelndes Feingefühl von Rheinbergs Bürgermeister Tatzel und der Polizei bei der Absage des Orsoyer Karnevalszug, man habe Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt. Des Weiteren rufen die Jusos in Hünxe um ihren Vorsitzenden Benedikt Lechtenberg zu mehr Besonnenheit bei Kommentaren zur Flüchtlings- und Sozialproblematik im sozialen Netzwerk Facebook auf.

Die Stadt Rheinberg erregte in den letzten Tagen bundesweit Aufsehen durch die Meldung, der Orsoyer Karnevalszug müsse aufgrund zu hoher Sicherheitsbedenken  wegen der nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft abgesagt werden. Die Jusos im Kreis Wesel kritisieren nun die Reaktion von Rheinbergs Bürgermeister Frank Tatzel auf die Absage des Orsoyer Karnevalszug. Der Verweis des Bürgermeisters auf mögliche Konflikte mit anwohnenden Geflüchteten stelle diese unter Generalverdacht. Auch die Verweise der Polizei auf die Kölner Silvesternacht zeigten wenig Feingefühl im Umgang mit dem Thema Flüchtlinge. Der Vergleich des Orsoyer Karnevalszuges mit der Silvesternacht in Köln mache Geflüchtete generell zu Störenfrieden und verdächtige sie der Gewalttätigkeit.

Es könne nicht sein, dass einer Gruppe von Menschen aufgrund ihrer Herkunft unterstellt werde, ein Gefahrenpotenzial zu erhöhen, so die Jusos. Die Reaktionen insbesondere der überregionalen Presse auf die Absage hätten deutlich gemacht, wie wichtig es sei, Flüchtlinge nicht zu leichten Sündenböcken zu machen. Die Kommunikation der Absage habe für einen Teil der Öffentlichkeit den schon viel zu häufig vorhandenen Eindruck verstärkt, dass Flüchtlinge per se  kriminell seien. Das reize die öffentliche Stimmung gegen Flüchtlinge nur weiter an und berge nicht nur die Gefahr einer Zunahme rassistischer Vorurteile, sondern auch die Gefahr, dass Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte weiter zunehmen. Statt die Lage differenziert zu betrachten, hätten Stadt, Bürgermeister und Polizei mit ihren Äußerungen wenig Feingefühl bewiesen, so der Nachwuchs der Sozialdemokraten.

Die Jusos in Hünxe wollen zu mehr Besonnenheit in der Flüchtlingsdiskussion aufrufen. In den Hünxer Facebook-Gruppen würden sich wie im gesamten Kreis Wesel abfällige und rassistische Kommentare über Flüchtlinge mehren. Das Diskussionsklima sei hitziger geworden.

Seit Wochen würden Aufrufe zu mehr Wachsamkeit auch in den Hünxer Gruppen geschrieben. Auf angeblich steigende Kriminalität würde mit Regelmäßigkeit hingewiesen. Häufig mischten sich diese Beiträge auch mit Vorurteilen gegen Ausländer und Migranten. Für die Jusos Hünxe steigern sich dadurch einige Bürger in Nervosität und Angst hinein. Den Wunsch nach Sicherheit sprechen die Jusos dabei niemanden ab. Gerade in Zeiten erhöhter Terrorgefahr oder politisch motivierter Straftaten, sei Sorge verständlich. Es dürfe jedoch nicht sein, dass die Angst zum Mentor werde. Maß und Mitte des eigenen Handelns ginge dadurch verloren. Die Jusos verweisen auf steigende Waffenkäufe im Kreis Wesel, die höher als in Köln sein. Sie befürchten die Gründung von Bürgerwehren, die sich im rechtsfreien Raum bewegen könnten. Das „Klima der Angst“, das auf Facebook tagtäglich befeuert werde, motiviere andere erst zu ihren Straftaten, etwa zu Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte.

Das Diskussionsklima unter den entsprechenden Beiträgen sei außerdem hitziger geworden. Das „Dauerdrücken auf die Ausrufezeichen-Taste“ stünde einer vernünftigen Diskussion im Weg. In einigen Fällen würden andere kritische Bürger mit „Gutmensch“ abqualifiziert. Es sei jedoch legitim, dass andere Nutzer auch eine andere Meinung äußern. Das könne kein Grund sein, diesen Naivität zu unterstellen, um sie aus der Diskussion zu halten. Andernfalls würden sich Kommentare sammeln, mit denen sich Nutzer „in ihrer eigenen Paranoia bestätigen und den Untergang Deutschlands herauf beschwören“. Die Jusos fordern Bedachtsamkeit, um zu maßvollen Diskussionen zurückzukehren.

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