Dr. med. Christiane Staude und Prof. Dr. Peter Kienbaum (Foto: UKD)
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Düsseldorf. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen: Dieser Satz gilt für die Arzneimitteltherapie, wenn es um die Bemessung der Wirkstoffe geht, beschreibt aber auch ganz gut das Betätigungsfeld der Kinderchirurgen. Von der Wahl der Operationstechnik bis hin zur Kommunikation muss alles auf die kleinen Patienten abgestimmt sein – unter stetiger Einbeziehung der Eltern.

„Die Interaktion, die wir mit den Kindern und den Eltern haben, ist sicher eine Besonderheit. Allein die Symptommitteilung durch die Kinder ist viel schwieriger zu deuten als bei einem Erwachsenen“, unterstreicht Dr. med. Christiane Staude. Die Chefärztin der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) führt weiter aus: „Wir sehen hier die ganze Familie.“ Das siebenköpfige Ärzteteam arbeite immer darauf hin, sowohl das erkrankte Kind alters- und situationsgerecht zu informieren als auch die Eltern intensiv mit einzubeziehen.

Dass Dr. Staude Kinderchirurgin geworden ist, ist recht weit entfernt von einem Wunder. Der Vater ein Chirurg, die Mutter eine Kinderärztin – da darf es fast als folgerichtig gelten, wenn die Tochter nun Kinder operiert. „Ich habe mich schon für meine erste Famulatur an einer wirklich guten Kinderchirurgie beworben“, sagt die Düsseldorfer Chefärztin. „Das hat mich dann gepackt.“ Es folgten ihre Doktorarbeit zum Thema und die ersten Berufsjahre an sehr renommierten kinderchirurgischen Kliniken in Mannheim, Heidelberg und Hamburg.

 

Operationen so schonend wie möglich

„Bei den Operationen greifen wir wann immer möglich auf minimal-invasive, also schonende Operationstechniken zurück“, so Dr. Staude. Zum Einsatz kommen in vielen Fällen Spezialinstrumente, die den Anforderungen der Kinderchirurgie gerecht werden müssen – zum Beispiel das Operieren mit kleinsten Zugängen und mit einem recht eng begrenzten Aktionsradius, um kein empfindliches gesundes Gewebe zu verletzen.

Mitunter behandeln die Ärzte vergleichbare Krankheitsbilder bei Erwachsenen und Kindern unterschiedlich. „Wir haben mit einigen Methoden, die im Erwachsenbereich zurückhaltend eingesetzt werden, großen Erfolg bei Kindern, weil diese über bessere Heiltendenzen verfügen“, sagt die Chefärztin. Darmnähte heilen beispielsweise viel besser ab und die sogenannte Spalthauttransplantation zur Deckung größerer Wunden ist bei Kindern deutlich erfolgreicher. Das ist für die Kinderchirurgin dann auch eine Bestätigung: „Hier sehe ich ganz konkret, dass ich erkrankten Kindern mit chirurgischen Maßnahmen gut helfen kann.“

Auch besondere Anästhesietechniken sind gefragt: „Bei sehr kleinen Kindern setzen die Anästhesisten bei bestimmten Indikationen auf eine Spinalanästhesie und können damit auf eine Vollnarkose mit belastender Beatmung verzichten“, so Dr. Staude, die sich in diesen Fragen eng mit den auf Kinder spezialisierten Anästhesisten austauscht.

In Düsseldorf arbeitet Dr. Staude seit November vergangenen Jahres. Sie und ihr Team kooperieren eng mit dem Level-1-Perinatalzentrum Universitätsklinikum Düsseldorf, eine Frühchen-Spezialstation der höchsten Kategorie, die auch Neugeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm behandeln darf. Die Kinderchirurgen kümmern sich hier um Frühgeborene mit angeborenen Fehlbildungen oder akuten Erkrankungen, die ein chirurgisches Einschreiten erforderlich machen. Ein Beispiel ist eine bei Frühchen manchmal auftretende massive Darmentzündung, medizinisch: nekrotisierende Enterokolitis. Die Chirurgen müssen bei schweren Verläufen Teile des Dünndarms entfernen.

 

Bei Krebserkrankungen: Zusammenarbeit im Netzwerk

Die Kinderchirurgen behandeln zudem Kinder mit Krebserkrankungen. Hierzu gehört unter anderem die Entfernung von Tumoren, die Entnahme von Biopsien wie auch die Anlage von Kathetern. Unter dem Dach des Kinderonkologischen Zentrums am UKD können die Kinderchirurgen auf ein großes Netzwerk an Spezialisten wie die Kinderonkologen und -Hämatologen, Kinderintensivmediziner oder Kinderradiologen zurückgreifen, die alle daran beteiligt sind, für das jeweilige Kind die bestmögliche Behandlungsoption festzulegen. Auch die Expertise der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie von Univ.-Prof. Dr. Wolfram T. Knoefel fließt oft mit ein.

Im Fall einer bösartigen Erkrankung werden die Kinderchirurgen und auch die Ärzte und das Pflegepersonal der Kinderklinik in Fragen der Kommunikation vor besondere Herausforderungen gestellt. „Natürlich gehört es für uns alle dazu, schlechte Nachrichten zu überbringen. Doch es ist dabei wichtig, gleich alle möglichen Handlungsoptionen aufzuzeigen, um deutlich zu machen, dass uns auch in schweren Fällen nicht die Hände gebunden sind“, so die Chefärztin. Dr. Staude ist immer wieder aufs Neue bewegt, wie tapfer Kinder auch bei schweren Erkrankungen sind. „Und es gibt immer wieder sehr beeindruckende Eltern, die mit dem Schicksal ihrer Kinder richtig toll umgehen.“

Auch für Notfälle stehen die Kinderchirurgen bereit. „Wenn ein verletztes Kind in der Zentralen Notaufnahme eingeliefert wird, beurteilen wir Kinderchirurgen ob im Bereich des Bauches oder des Brustkorbes Verletzungen vorliegen und können dann auch gleich eingreifen“, erklärt Dr. Staude. Darüber hinaus bietet ihre Klinik eine kinderurologische Sprechstunde an. Eine Sprechstunde für plastische Chirurgie bei Fragen rund um Fehlbildungen, Finger- und Fußfehlstellungen ist ebenfalls installiert.

Neu und in der Region einzigartig ist ein gemeinsames Angebot von Kinderchirurgen und Gastroenterologen. „Fachübergreifend betreuen wir Kinder mit Kurzdarmsyndrom, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Darmtransportstörungen“, so Dr. Staude. Auch die chirurgische Option bei starkem Sodbrennen, eine sogenannte Anti-Reflux-Plastik, bieten Kinderchirurgen und Gastroenterologen gemeinsam an.

Ganz unabhängig von der Erkrankung schätzt Dr. Staude die Unvoreingenommenheit von Kindern – auch wenn eine Behandlung zwischendurch mal unangenehm ist. „Ein Kind kann damit leben, dass zum Beispiel ein Verbandswechsel mal blöd ist, macht kurz danach schon wieder Quatsch mit. Das freut mich dann“, so die Chefärztin. Und sie ergänzt: „Für mich ist das der schönste Job.“

 

 

Narkose bei Kindern? Die Atmosphäre ist wichtig!

Interview mit Prof. Dr. Peter Kienbaum, stellvertretender Direktor der Klinik für Anästhesiologie

 

Herr Professor Kienbaum, was sind die Herausforderungen, wenn es um die Narkose bei Kindern geht?

Eine bevorstehende Narkose bei Kindern weckt nicht nur bei Angehörigen sondern auch bei manchen Ärzten Sorge und Emotion. Hier greift der Beschützerinstinkt. Für uns als Ärzte ist es deshalb wichtig, dass wir genaue Kenntnis von den Unterschieden zur Erwachsenenmedizin haben. Wir müssen mit anderen anatomischen Größenverhältnissen, einer besonderen Funktionsweise der Organsysteme und mit der speziellen Wirkweise und -dauer der für eine Narkose eingesetzten Arzneimittel umgehen können. Von großer Bedeutung für eine gute Versorgungsqualität ist Routine und ein eingespieltes Team, das rund um die Uhr unmittelbar verfügbar ist. Hier am Universitätsklinikum Düsseldorf besteht dieses Team unter anderem aus erfahrenen Kinderärzten, Kinderchirurgen, Narkoseärzten und Pflegekräften, die jederzeit Diagnostik und Therapie auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft universitär vertreten.

 

Was müssen Sie im Umgang mit Kindern beachten?

Anspruchsvoll ist die Kommunikation mit dem kleinen Patienten und seinen Eltern. Ein Kleinkind im Alter von zwei oder drei Jahren kann Krankheitssymptome in der Regel nicht gut benennen. Es reagiert ziemlich unabhängig vom zu Grunde liegenden Problem mit Weinen oder Schreien. Wenn es weint, braucht man viel Erfahrung, um zu erkennen: Woran liegt das jetzt eigentlich? Ist das Unwohlsein lediglich durch eine unbekannte Umgebung und das Fehlen der Eltern im Operationssaal oder zum Beispiel durch Schmerzen oder Übelkeit bedingt? Erst wenn wir Klarheit haben, können wir zeitnah wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen. Bei der Betreuung von Kindern kommt hinzu, dass ich es als Arzt eigentlich immer mit mindestens zwei „Patienten“ zu tun habe: mit einem erkrankten Kind und mit den Eltern in einer emotionalen Ausnahmesituation. Wenn es richtig gut läuft, nehme ich vor einer Operation ein entspanntes Kind und eine gut informierte Mutter in Empfang, die froh ist, dass es endlich los geht. Allerdings kann es auch ganz anders aussehen, so dass ich dann genau abwägen muss, wie die Übergabe des Kindes für alle Beteiligten bestmöglich erfolgen kann.

 

Wie regeln Sie den Umgang mit den Eltern, die ja ein Interesse daran haben, ihre Kinder eng zu begleiten?

Mir ist wichtig, dass das gesamte Team eine Atmosphäre generiert, in der sich die Eltern und die Kinder den Umständen endsprechend möglichst wohlfühlen. Die Kommunikation ist hier das Entscheidende. Wir sind in den Vorgesprächen und im Verlauf der Betreuung insbesondere bei den kleinen Kindern auf die Fremdeinschätzung der Eltern angewiesen. Dabei geht es um Fragen wie: Hat ihr Kind Schmerzen und wenn ja an welcher Stelle? Wie oft treten die Schmerzen auf? Was sind besondere Gewohnheiten ihres Kindes? Manche Eltern können das sehr gut, andere haben große Mühe zu benennen, was mit ihrem Kind los ist? Hier müssen wir mit unserer Erfahrung unterstützen.

 

Kommen bei Kindern andere Wirkstoffe zum Einsatz?

Nein, wir verwenden weitestgehend die gleichen Arzneimittel wie bei den Erwachsenen. Ich muss aber Besonderheiten im Kindesalter kennen und praktische Erfahrungen im Einsatz dieser Arzneimittel in dieser Altersgruppe haben. Beispielsweise reagieren Kinder weniger empfindlich auf Narkosemittel. Ein Säugling benötigt etwa doppelt so hohe Konzentrationen von Narkosegas am Wirkort wie ein 90-Jähriger. Insgesamt gilt: Man braucht ein eingespieltes Team mit viel Erfahrung, um einen chirurgischen Eingriff bei einem Kind optimal zu managen. Das geht in Zusammenarbeit mit unserer Chefärztin der Kinderchirurgie, Frau Doktor Staude, ganz hervorragend, weil sie eine außergewöhnlich gute Ärztin und verlässliche Partnerin im Team ist. Ich freue mich immer sehr, wenn wir gemeinsam im Operationssaal unsere kleinsten Patienten behandeln.

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