v.l. Constantin Borges (FDP), Gerd Drüten (SPD) und Sascha H. Wagner (DIE LINKE) (Fotos: privat)
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Kreis Wesel. Am 17.12. tagte aufgrund der pandemischen Lage der Kreisausschuss an Stelle des Kreistages.

Ablehnung von Kreistags-TV: Jungliberale kritisieren „große“ Kreistagsfraktionen

Die Jungen Liberalen waren zunächst erfreut, dass die FDP einen Antrag auf Einrichtung von Live-Übertragungen der Kreistagssitzungen gestellt hatte. Schließlich sei dieser ein Vorschlag der Jungliberalen gewesen. „Wir haben uns für Kreistags-TV eingesetzt, weil wir Transparenz schaffen und Beteiligung ermöglichen wollen“, sagt der Kreisvorsitzende Timo Schmitz.

Dass SPD, CDU und Grüne gegen diesen Antrag gestimmt haben, verstehen die JuLis nicht. „Besonders die Grünen haben schwer enttäuscht. In vielen anderen Stadträten und Kreistagen haben die Grünen stets im Sinne einer solchen Live-Übertragung gestimmt. Eine gute Chance für Bürgerbeteiligung wurde aber hier aktiv abgelehnt“, kritisiert der Kreisgeschäftsführer der JuLis, Elias Sentob.

Die JuLis halten auch die Argumente der Gegner dieses Vorhabens für vorgeschoben: So seien weder die Kosten besonders hoch, noch sei es fair von Beginn an zu unterstellen, niemand würde  sich Sitzungen ansehen. „Die FDP hatte bewusst zunächst die Einführung auf ein Jahr befristet, um nach dieser Zeit Fazit ziehen zu können und Verbesserungspotentiale analysieren zu können“, führt Sentob weiter aus. Besonders für junge und wenig mobile Menschen sei es bei Interesse ein Hindernis zu den Sitzungen in Wesel zu gehen und sich zu informieren. „Die Ablehnung von Kreistags-TV ist ein Rückschritt und zudem eine verpasste Chance, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen!“, bedauert der ehemalige Kreisvorsitzende Constantin Borges, der seit November stellvertretender Vorsitzender der liberalen Kreistagsfraktion ist.

SPD kann mit wechselnden Mehrheiten im Kreisausschuss punkten – Fragen zu den neuen Referentenstellen des Landrats bleiben offen

Pandemiebedingt hat der Kreistag seine Befugnisse auf den am Donnerstag dieser Woche tagenden Kreisausschuss übertragen. Dabei konnte sich die SPD-Opposition im Kreistag mittels wechselnder Mehrheiten in wesentlichen Punkten durchsetzen.

An erster Stelle ist hier die Resolution der Sozialdemokraten zum Schutz des Trinkwassers im Kreis Wesel zu nennen. Die Fortschreibung des Landeswassergesetzes durch die CDU/FDP-Landesregierung soll den Kiesabbau in Wasserschutzgebieten ermöglichen, wogegen sich am Niederrhein ein breiter Widerstand organisiert hat. Mit konstruktiver Unterstützung der Grünen und der Linken sowie des Einzelmitglieds Ralf Lange, FWG, wurde diese Resolution, die in ähnlicher Form auch in den Kreistagen Viersen und Kleve zur Beschlussfassung ansteht, mit deutlicher Mehrheit im Kreisausschuss verabschiedet, berichtet Gerd Drüten, Fraktionsvorsitzender der SPD. Sein Appell an die CDU, hier doch mitzustimmen, so wie es auch bei der Kiesresolution vor etwa einem Jahr gelang, fruchtete lediglich zur Hälfte. Die CDU enthielt sich der Stimme; “zumindest”, wie Drüten feststellt.

Das wichtige Industrie- und Gewerbeflächenkonzept, “für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Kreis Wesel von zentraler Bedeutung”, konnte die SPD zusammen mit den Stimmen der CDU und der FDP verabschieden. “Wenn wir es klug anstellen, schaffen wir es, wirtschaftliche Dynamik mit den Anforderungen an eine nachhaltige, klimaneutrale und ökologisch verträgliche Entwicklung in Einklang zu bringen”, so Dr. Peter Paic, wirtschaftspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. “Dieser Bereich ist für unseren Kreis aufgrund seiner Größenordnung für die zukünftige Entwicklung der Unternehmen und die Beschäftigten bedeutend.” Das hätten die Grünen leider noch nicht erkannt und praktizierten hier weiterhin eine Blockadehaltung.

Im Kreisausschuss konnte sich die SPD gegen die Kooperation von CDU, Grüne und FDP mit wechselnden Mehrheiten gut einbringen und ihre Positionen mehrheitsfähig machen, wobei ein Großteil der mehr als vierzig Tagesordnungspunkte einstimmig von allen Fraktionen getragen wurde.

Offen blieben in der letzten Sitzung vor den Weihnachtsfeiertagen noch Fragen zu den zwei (!) neuen persönlichen Referentenstellen, die Landrat Ingo Brohl “irritierenderweise als einer seiner ersten Amtshandlungen eingerichtet und mit externen Kräften besetzt hat“, so Dr. Peter Paic. Dies ginge wohl rein rechtlich im Zuge des Direktionsrechts des Landrates. Gleichwohl habe die Angelegenheit “ein Geschmäckle”. Hier kündigt Thomas Cirener, SPD-Sprecher im Personalausschuss, noch weitergehende Fragen zur Befristung, zur Verbeamtung sowie zum Stellenplan an. Um die Debatte im Kreisausschuss kurz zu halten, kündigt die SPD an, ihre Fragen schriftlich einzureichen. So wird im kommenden Sitzungszug Anfang 2021 der umstrittene Vorgang weiterhin Thema bleiben.

Grüne Doppelmoral nicht zu überbieten – LINKE erfreut über Rückzahlung der Steuergelder 

Mit Erstaunen hat DIE LINKE. Kreistagsfraktion die gestrigen Äußerungen des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Hubert Kück im Kreisausschuss zur Kenntnis genommen.

Hubert Kück, der seinerzeit die Errichtung einer einzigen Referentenstelle des damaligen Landrats Dr. Ansgar Müller, wo immer er konnte kritisierte, war sich gestern nicht zu schade den politischen Wendehals für die CDU und den neuen Landrat Brohl zu geben.

Sowohl DIE LINKE als auch die SPD haben in der gestrigen Kreisausschusssitzung nachdrücklich kritisiert, dass sich der neue Landrat zwei Referent*innen genehmigt, die auch noch im Beamtenstatus unbefristet  übernommen werden sollen. Vor dem Hintergrund der letzten sechs Jahre, wo Institutionen wie „Frauen helfen Frauen„ oder der AIDS-Hilfe die Mittel verweigert wurden, ist das  ein schlechtes Signal und zeugt nicht gerade von Fingerspitzengefühl“, so der Linksfraktionsvorsitzende, Sascha H. Wagner.

Erfreulich findet DIE LINKE, dass die Grünen 20.000 Euro an die Kreisverwaltung aus  Fraktionsmitteln zurückzahlen. „Wer keine Miete und sonstige Kosten für sein Büro zu zahlen hat, weil diese Kosten vom Kreis übernommen werden, kann das problemlos. Es ist scheinheilig so zu tun, als wäre man besonders verantwortungsvoll. Das Geld kann man jetzt ja prima für die Referent*innenstellen gebrauchen, was vielleicht erklärt, warum  Hubert Kück sich so vehement für die Personalpolitik des Landrats eingesetzt hat“, ergänzt Wagner.

“CDU und FDP schwiegen übrigens gestern zu dem Tagesordnungspunkt, die Mehrheit war ihnen ja sicher”, bemerken DIE LINKEN abschließend in Ihrer Pressemitteilung.

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