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Kreis Wesel. Die Nachricht über die angedachte Kürzung des Budgets für die MBE (Migrationsberatung für erwachsene Zuwander*innen) um rund ein Drittel im Jahr 2023 erfüllt die Migrationsberatungsstellen im Kreis Wesel mit Sorge und Unverständnis. Gemeinsam haben der Caritasverband Moers-Xanten e.V., der Caritasverband für die Dekanate Dinslaken und Wesel e.V., der AWO Kreisverband Wesel e.V., der DRK Dinslaken-Voerde-Hünxe e. V. und der Internationale Kulturkreis Moers e.V. einen Appell an die Bundesregierung gerichtet, die Budget-Kürzungen zu überdenken.

Seit vielen Jahren weisen die Träger der Migrationsberatungsstellen den Bund auf die dringende Notwendigkeit der Stellenaufstockungen in diesem Bereich hin. Mit dem Regierungswechsel und dem Koalitionsversprechen „Die Migrationsberatung des Bundes (Jugendmigrationsdienste, Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderinnen und Zuwanderer) und die Migrantenselbstorganisationen werden wir angemessen fördern.“ (Koalitionsvertrag 2021-2025, Seite 139), wuchs die Hoffnung auf eine Besserung der Situation.

Das Land NRW hat bundesweit den höchsten Migrant*innenanteil. Mehr als jede vierte Person mit Migrationshintergrund wohnt in NRW. Im gesamten Kreis Wesel, bestehend aus 13 Kommunen, sind lediglich 4,9 MBE-Stellen vorhanden. Eine zusätzliche MBE-Stelle wurde im Ukraine-Kontext bei der AWO geschaffen. Die Zusatzförderung im Ukrainekontext hat die bestehenden Migrationsberatungen nicht entlastet, sondern nur die zusätzliche Belastung der Beratungsstellen durch die Ukraine-Krise etwas aufgefangen. Die neue Zuwanderungswelle 2022 aus der Ukraine (zurzeit ca. 200.000 ukrainische Geflüchtete in NRW) ist größenmäßig mit der von 2015 vergleichbar, so dass die Anzahl der MBE-Stellen mindestens verdoppelt werden müssten, um die Belastungen abzufangen.

Langjährige Erfahrungen in der Migrationsarbeit zeigen, dass Kürzungen und Wegfall von beraterischen Leistungen einen negativen Nachhall über Jahrzehnte auf die Integration mehrerer Generationen haben. Integration ist ein langjähriger Prozess, der von Anfang an begleitet werden muss. Wenn die Chancen auf Spracherwerb, Bildungs- und Arbeitsperspektiven nicht rechtzeitig ergriffen werden, sind psychische und soziale Probleme häufig vorprogrammiert. Die negativen Folgen von Sparmaßnahmen in der sozialen Arbeit lassen sich nur schwer beziffern, bedeuten aber viel höhere Aufwendungen für die Folgenbewältigung.

In ihrem Appell an die Bundesregierung weisen die Träger der Migrationsberatungsstellen nicht zuletzt auf ihre wichtige gesellschaftliche Funktion hin. Insbesondere Krisen zeigen immer wieder, wie wertvoll etablierte, gut entwickelte und gut vernetzte Strukturen der sozialen Arbeit für die Gesellschaft sind. Die Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel sind langjährige und verlässliche Träger*innen sozialer Dienstleistungen, die mit ihrem haupt- und ehrenamtlichen Engagement schnell und zielgerichtet gesellschaftliche und soziale Krisen auffangen und damit auch dem Staat Zeit und Halt gewähren, mit veränderten Situationen umzugehen.

Die unterzeichnenden Wohlfahrtsverbände fordern auch die Bundes- und Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Wesel sowie Landrat und Kreisdirektor auf, aktiv gegen die geplanten Einschränkungen der Bundesregierung vorzugehen.

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