Psychiatrie trifft Architektur im Alexius/Josef Krankenhaus (Foto: © St. Augustinus Gruppe)
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Neuss. Wissenschaftliche Tagung im Alexius/Josef Krankenhaus leistet Pionierarbeit und beleuchtet Zusammenhänge zwischen Architektur und Psychiatrie

Statistisch gesehen leidet jeder dritte Mensch mindestens einmal im Leben an einer psychischen Erkrankung und ihren zum Teil schweren Folgen. Viele Betroffene sind dabei auf eine professionelle Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung angewiesen. Welche Bedeutung dabei dem medizinischen und therapeutischen Fachpersonal zukommt, ist unbestritten. Was in der Forschung aber bisher kaum berücksichtigt wurde, ist die Frage nach der Bedeutung der Räumlichkeiten und Gebäude für den Heilungsprozess. Genau an diesem Punkt setzte die interdisziplinäre Fachtagung „Soul in Space – Psychiatrie trifft Architektur“ an, die jetzt im Alexius/Josef Krankenhaus stattfand.

„Es gibt kaum wissenschaftliche Untersuchungen zur heilenden Wirkung von Architektur auf psychisch erkrankte Menschen“, stellte Dr. Martin Köhne, ärztlicher Direktor der Neusser Psychiatrie, schon in seiner Eröffnungsrede fest. „Umso mehr freut es mich, dass heute hier in Neuss mehr als 100 Psychiater und Architekten aus Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich zusammengekommen sind, um gemeinsam wissenschaftliche Pionierarbeit zu leisten!“ Im Verlauf der Tagung wurde in zahlreichen Vorträgen der wesentliche Einfluss von Architektur auf den Heilungsprozess bei Patienten herausgearbeitet: Leuchtturmprojekte wie die Psychiatrie Radboudumc im niederländischen Nimwegen, die Soteria der Berliner Charité oder der Neubau des Alexius/Josef Krankenhauses wurden dabei ebenso behandelt wie die Auswirkungen, welche die Digitalisierung in Form von Künstlicher Intelligenz, virtueller Realität und dem sogenannten „Deep Learning“ auf die Gebäudeplanung in Zukunft haben wird. Wiebke Schubert vom Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen stellte dabei kritisch fest, dass längst noch nicht alle deutschen Psychiatrien in der Gegenwart angekommen seien – und zum Teil gravierende bauliche Rückstände aufzuholen seien.

Zeitgleich zur Tagung „Soul in Space“ wurde auch das gleichnamige Fachbuch der Öffentlichkeit präsentiert, das neben Köhne von Julia Kirch, Andrea Kuckert-Wöstheinrich sowie Prof. Linus Hofrichter herausgegeben worden ist. „Ich freue mich, dass das Buch und die Tagung auf so großes Interesse stoßen“, berichtet Hofrichter, Professor für Krankenhausplanung in Gießen und Leiter eines renommierten Architekturbüros, das bereits mehr als 80 Krankenhäuser geplant und gebaut hat. „Mein Anspruch ist es, Psychiatrien zu bauen, die Seele, Raum und Natur verbinden und Patienten dabei helfen, wieder zu sich selbst zu finden. Ich hoffe, dass wir Architekten damit in Zukunft verstärkt einen Beitrag zur Entstigmatisierung und zur Heilung psychisch erkrankter Menschen leisten dürfen.“

Das Buch „Soul in Space – Psychiatrie trifft Architektur“ ist bei der Medizinisch Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft erschienen und dort bzw. im Buchhandel für 79,95 Euro unter der ISBN-Nr. 978-3-95466-693-5 bestellbar.

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