Andreas Terhaag (Foto: privat)
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Mönchengladbach. Dass Lebensmittelabfälle reduziert werden müssen, dürfte jedem spätestens klar sein bei einem Blick auf die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Werte. Ein Baustein zur Reduzierung könnte sein, dass sogenannte Mülltauchende keine Strafen mehr befürchten müssen, sofern sie keine Sachbeschädigung begehen. Dies prüft derzeit FDP-Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann.

Andreas Terhaag, FDP-Kreisvorsitzender, vertritt eine klare Meinung: „Holen Menschen noch verwertbare Lebensmittel aus den Containern der Lebensmittelmärkte, ist es sicherlich eine gute Sache. Allerdings darf das straffreie Containern nicht dazu führen, dass Eigentum beschädigt wird, wie beispielsweise Schlösser, Zäune oder Behälter.“ Es sind jedoch nicht nur finanzielle Gründe, die Menschen zu den Containern treiben. Es sei allen klar, schildert Andreas Terhaag, dass unser Klima zu schützen sei, und die Ressourcen geschont werden müssten. „Daher finden sich unter den Sammlern der Lebensmittelabfälle auch viele junge Menschen, die aus idealistischen Gründen handeln.“

Auf Anfrage erklärt Rechtsanwalt Stefan Wimmers die haftungsrechtlichen Fragen: „Das Bundesverfassungsgericht urteilte: „Strafrecht ist auf Verhalten zu beschränken, das in besonderer Weise sozialschädlich und für das geordnete Zusammenleben unerträglich ist…“ (BVerfGE 88,203ff; 120;224ff). In der Bestrafung des Containerns sieht das gleiche Gericht jedoch keinen Verstoß gegen diesen Grundsatz. Der bereits daraus resultierende Gegensatz verdeutlicht die Brisanz der Diskussion.“

Es sei eine Abwägung vorzunehmen zwischen der Frage des Schutzes des Eigentums, aber auch der Einhaltung der öffentlichen Ordnung, führt Stefan Wimmers weiter aus, insbesondere Hygieneaspekten auf der einen, und dem Bestreben, Lebensmittel vor Vernichtung im Sinn von Nachhaltigkeit zu schützen auf der anderen Seite. Es komme sicherlich nicht in Betracht, den Tatbestand des Diebstahls in §242 STGB abzuschaffen. „Im Weiteren sind Überlegungen zur Haftung anzustellen. Wer haftet für Personen, die sich nicht so verhalten wie sich das alle im Idealfall vorstellen? Wieweit ist der für die Container Verantwortliche für daraus resultierende Verschmutzungen im Umfeld heranzuziehen?“

Es dürfe schwierig werden, klare Regelungen zu finden, um den ethischen Ansatz der Idee in die Tat umzusetzen, fährt Stefan Wimmers fort. „Tabu wird es bleiben müssen, Hindernisse zu überwinden, Schlösser aufzubrechen etc. Genauso wird es erforderlich sein, Sorge dafür zu tragen, dass keine Gesundheitsgefährdung oder die Verletzung von Hygienegrundsätzen erfolgen. Es bleibt spannend, auf welche Weise der Gesetzgeber reagiert. Populismus ist deutlich einfacher zu formulieren.“ Beachtenswert sei überdies, dass es sich um Initiativen aus Bundesministerien handele, die auf Länderebene umzusetzen wären, beispielsweise durch Richtlinien der Justizminister der Länder an ihre Staatsanwaltschaften. „Dabei bleibt zu hoffen“, so Stefan Wimmers, „dass einheitliche Vorgehensweisen möglich werden als Beweis, aus dem Chaos der Coronaschutzverordnungen gelernt zu haben.“

Mit der 2019 verfassten „Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung“ verpflichtete sich Deutschland, bis 2030 die Vergeudung von Lebensmitteln zu verringern. Im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung an die europäische Kommission meldete die Bundesregierung im letzten Jahr die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Zahlen aus 2020. Die gesamte Menge an Lebensmittelabfällen betrug etwa 10,9 Mio. Tonnen. Zu Speiseresten und nicht verkauften Lebensmitteln zählten ebenfalls nicht essbare Teile wie beispielsweise Schalen, Strünke, Blätter, Kaffeesatz oder Knochen sowie weitere Verluste bei Abbau oder Herstellung. Interessant ist, dass der größte Teil der Lebensmittelabfälle, nämlich 6,5 Mio. Tonnen (59 Prozent) durch private Haushalte verursacht wurde; 17 Prozent (1,9 Mio. Tonnen) durch Außer-Haus-Verpflegungen. Bei der Verarbeitung von Lebensmitteln fielen 15 Prozent (1,6 Mio. Tonnen) an; der Handel erreichte 7 Prozent (0,8 Mio. Tonnen) Lebensmittelabfälle. (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft https://www.zugutfuerdietonne.de/ finden sich viele Hinweise zu Mindesthaltbarkeitsdatum, Verwendung von Lebensmittelresten usw..

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