Willich. Rund um das Gründerzentrum im Stahlwerk Becker hat die Willicher Bevölkerung die Gelegenheit, gemeinsam mit den Veteranen der Royal Engineers am Pfingstsamstag das Jubiläum „50 Jahre Freedom of the City“ zu feiern.
Ein Blick in die Geschichte zu Ursprung und Anlass des Jubiläums: Nachdem nach dem zweiten Weltkrieg die Britische Besatzungsbehörde am 9. Juli 1948 das gesamte Werksgelände des ehemaligen Stahlwerks Becker in Beschlag nahm, um dort einen Pionierpark zu errichten, zog eine erste Einheit der Royal Engineer dort ein – 1952 wurde das alte Stahlwerk dauerhaft zum Standort des „40 Advanced Engineer Stores Regiment RE“. Und die Briten wurden seinerzeit nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen, so Willichs Stadtarchivar Udo Holzenthal: „Dies lag vor allem daran, dass der Gemeinde Willich mit dem Stahlwerk der mit Abstand größte Gewerbebetrieb und damit auch die größte Einnahmequelle entzogen wurde. Nach 1945 war das Werksgebäude an 18 verschiedene Firmen verpachtet worden, die nun das Gelände verlassen mussten.“
Doch im Laufe der Jahre wurde das Verhältnis zwischen den Willichern und den Briten immer besser. Dies lag auch daran, dass sich die Einheit am gesellschaftlichen Leben der Gemeinde mitwirkte und sich durch zahlreiche caritative Maßnahmen hervortat – wie die Unterstützung der Heimkinder auf Haus Broich oder die Ausstattung von Kinderspielplätzen mit Spielgeräten.
Was Folgen hatte: 1973 wurde dem Regiment die Verleihung des Rechtes “Freedom of the City” verliehen. Ein alter englischer Brauch, der zurückgeht in die Zeit, als sich die Landesherren noch Söldner hielten, die bei den Bürgern der Städte aus gutem Grund unbeliebt waren und ihre Quartiere außerhalb der Stadtmauern hatten. Wollten sie in die Stadt hinein, mussten sie vorher ihre Waffen abliefern. Erst wenn sich ein Vertrauensverhältnis zwischen Stadt und Truppe herausgebildet hatte, verlieh die Stadt das Recht “Freedom of the City”, welches den Soldaten fortan erlaubte, mit klingendem Spiel, wehenden Fahnen und aufgepflanztem Bajonett durch die Straßen der Stadt zu marschieren.
Die Idee einer derartigen Ehrung für die in Willich stationierten Truppen entstand 1972 in einem Gespräch von Bürgermeister Dr. Lamers mit dem Kommandeur der Royal Engineers. Der Rat nahm diese Idee auf und beschloss am 16. November 1972 einstimmig, dem Regiment das Recht der Stadtfreiheit zu erteilen – ein sichtbarer Ausdruck des im Laufe der Jahre gewachsenen Vertrauensverhältnisses zwischen Briten und Deutschen sein. Der Festakt fand am 16. Oktober 1973 vor rund 2.000 Gästen auf dem Kaiserplatz statt. Höhepunkt war die Überreichung der Urkunde durch Bürgermeister Dr. Lamers an den General der Royal Engineers, Sir Charles Richardson.
Nachdem bereits 1977 ein Großteil der englischen Einheit Willich verlassen hatte, gab die Rheinarmee den Standort Willich 1992 komplett auf – die letzten 132 Soldaten der “Royal Engineers” verließen mit ihren Familien die Stadt. 1991 fand letztmalig auf dem Kaiserplatz die traditionelle “Freedom of the City-Parade” statt. Anfang 1992 errichteten die Royal Engineers als Abschiedsgeschenk an die Bevölkerung im Konrad-Adenauer-Park einen Pavillon samt Pflanzbeet, Pergola und Sitzgruppe. Mit einem am 1.Februar enthüllten Gedenkstein wurde an die Verbundenheit der Einheit mit der Willicher Bevölkerung gedacht. Am 31.August 1992 fand letztmalig eine Parade auf dem Kaiserplatz statt. Die Verbundenheit der Royal Engineers mit dem alten Standort äußert sich in zahlreichen „Reunions“, bei denen zahlreiche ehemalige Soldaten aus der ganzen Welt nach Willich zurückkehren. Außerdem hat es sich die Royal Engineers Association zum Ziel gesetzt, die Erinnerung an die Zeit der Einheit in Willich lebendig zu halten.
Jetzt also wird das Jubiläum 50 Jahre „Freedom of the City“ mit einem Bürgerfest am 27. Mai im Stahlwerk Becker ab 12 Uhr gefeiert: Im Gründerzentrum zeigt eine Ausstellung die Geschichte der Royal Engineers in Willich, dort finden die Besucherinnen und Besucher auch Speisen und Getränke, darunter – dem Anlass angemessen – auch einige britische Spezialitäten. Traditionelle englische Süßigkeiten werden im „Fudge Shop“ angeboten – daneben aber auch typische Souvenirs aus dem Königreich. Gegen 12:20 Uhr trifft eine vom Willicher Friedhof kommende Parade am Gründerzentrum ein. Gebildet wird sie von Veteranen der Royal Engineers, einer aktiven Einheit der britischen Armee aus Minden und der „White Hackle Pipes and Drums Band“. Im Anschluss wird die Band noch bis 14 Uhr am Gründerzentrum traditionelle britische Märsche spielen.
Um 13:30 Uhr kommen dann die Highlander: Auf einer Wiese am Gründerzentrum werden die „Highlander vom Niederrhein“ ihr Können unter Beweis stellen und die den Besucherinnen und Besucher die klassischen Disziplinen der Highland Games näherbringen. In den Pausen wird die Rugby-Abteilung des DJK-VFL Willich die wohl britischste aller Sportarten demonstrieren. Gegen 16 Uhr endet der offzielle Teil der Veranstaltung; die Ausstellung des Stadtarchivs ist allerdings noch weitere vier Wochen im Gründerzentrum zu sehen.