Blick auf die Krefelder Innenstadt (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Stadtarchiv Krefeld)
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Krefeld. Schwerster Bombenangriff auf Krefeld jährt sich nun zum 80. Mal

Die Frage war nicht mehr „ob”, sondern nur noch „wann” die alliierten Bomber auch Krefeld in Schutt und Asche legen werden. Während die US-Air-Force tagsüber vornehmlich Industrieanlagen angreift, konzentrieren sich die britischen Bomberstaffeln seit Anfang 1943 nachts auf die flächendeckende Zerstörung der deutschen Städte. „Der Tag, ein Montag, war sommerlich, blauer Himmel. Keine besonderen Ereignisse, Theatervorstellung, städtisches Leben”, vermerkt die Feuerwehr am 21. Juni in ihrem Einsatzbericht. In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 1943 nähern sich über 600 britische Flugzeuge kurz nach 1 Uhr über den Verlauf der Hülser Straße der Krefelder Stadtmitte. Über 2.100 Tonnen Brand- und Sprengbomben zerstören in nur eineinviertel Stunden große Teile der Innenstadt. Neben den Schuttbergen ragen qualmende Ruinen empor, wenige Gebäude bleiben fast unbeschädigt. In dieser Nacht sterben 1.036 Menschen, über 9.000 werden verletzt und 72.000 durch den Luftangriff in Krefeld obdachlos. Es ist die schwerste, aber nicht die erste und nicht die letzte Bombardierung der Stadt. Dieser schwerste Bombenangriff auf Krefeld jährt sich nun zum 80. Mal.

Das historische Zentrum verlor in dieser Nacht sein über Jahrhunderte gewachsenes Erscheinungsbild

Die Wohngebiete in Cracau, Dießem und der Nordbezirk verzeichneten die verheerendsten Treffer. Über 240 Industriebetriebe erlitten schwere Schäden. Für mehr als die Hälfte von ihnen bedeutete das einen hundertprozentigen Produktionsausfall auf unbestimmte Zeit. Das historische Zentrum verlor in dieser Nacht sein über Jahrhunderte gewachsenes Erscheinungsbild. Das Rathaus, mehrere Kirchen, die Markthalle, das Stadttheater an der Rheinstraße – zahllose stadtbildprägende Gebäude waren zerstört. Alleine der Turm der Alten Kirche überstand die Bomben – bis er im April 1951 plötzlich in sich zusammenbrach. In Sommer 1943 war jedoch nicht nur Krefeld ein Ziel der Bomber. In der Region wurden in diesem Zeitraum auch die Innenstädte von Mülheim, Oberhausen und Essen zum Ziel. Im gesamten Reich bombardierten die Alliierten 131 Großstädte.

Bis zum 14. Juni 1943 gab es so 500 Fliegeralarme und Luftangriffe

Bereits am 4. September 1939 gab es in Krefeld einen ersten Fliegeralarm. Ein Fliegeralarm bedeutet nicht immer einen Luftangriff. Dennoch sollten sich bei dem Heulen der Sirenen die Menschen in die Luftschutzräume und Bunker flüchten. Die ersten Bomben fielen im Mai 1940 auf das Edelstahlwerk an der Oberschlesienstraße. Die ersten Todesopfer forderte ein Angriff nur wenige Tage später: Am 2. Juni wurde ein Ehepaar in der Siedlung Bruchhöfe getötet. Den ersten, umfangreicheren Luftangriff erlebten die Krefelder in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1942, bei dem 38 Menschen ums Leben kamen. Weil die Alliierten zahlreiche Ziele im Ruhrgebiet bombardierten, flogen auch immer wieder Verbände über Krefeld hinweg. Bis zum 14. Juni 1943 gab es so 500 Fliegeralarme und Luftangriffe.

Als sie aus dem intakten Hauptbahnhof traten, erblickten sie eine brennende Stadt

Die Folgen der Bombardierung am 22. Juni hätten für die Stadt noch viel schlimmer sein können: Ein Teil der Bomben wurde schon über dem Hülser Bruch und dem Kempener Feld auf weitgehend unbewohntes Gelände abgeworfen. Aus welchem Grund ist unklar. Vielleicht hatten die „Pfadfinder-Flugzeuge” die Leitfeuer für die Bomber falsch gesetzt. So schlugen nur wenige Meter nördlich des Hauptbahnhofs die letzten Bomben ein. Der Bahnhof und die Gleise blieben unbeschädigt, die Züge fuhren am Morgen fahrplanmäßig ein, und so kamen zahlreiche Reisende und Pendler in Krefeld an. Als sie aus dem intakten Hauptbahnhof traten, erblickten sie eine brennende Stadt.

Die Front der Alliierten rückte immer näher an Krefeld heran

Kurz vor dem Kriegsende, am 31. Dezember 1944, am 11. und am 24. Januar 1945, wurde die Stadt nochmals bombardiert. Die Front der Alliierten rückte immer näher an Krefeld heran. Ziel der Flugzeuge waren die Bahnanlagen. Die schweren Angriffe mit circa 1.700 Tonnen Bomben kosteten nochmals 441 Menschen ihr Leben. Ende Februar, Anfang März 1945 rollte dann die Front über die Stadt. Dabei suchten viele Menschen Schutz in den Bunkeranlagen. Nach dem Krieg begann das Aufräumen, der Schutt wurde mit Lastwagen und einer eigens eingerichteten Lorenbahn ins Hülser Bruch transportiert. Heute nennt sich die Kippe mit dem Weltkriegsschutt „Inrather Berg”.

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