Krebszellen können - je nach Erkrankung - mittels Blutentnahme, Knochenmarkspunktion oder Biopsie isoliert werden. Diese Zellen können dann außerhalb des Körpers mit einer Vielzahl an Medikamenten behandelt werden um die wirksamste Therapie vorherzusagen. Noch ist die direkte Anwendung dieser Technologie nicht in der breiten klinischen Praxis angekommen, doch eine Vielzahl an Forschern arbeitet daran (Abb.: Sascha Dietrich)
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Düsseldorf. Das Therapieansprechen von Patientinnen und Patienten mit Blutkrebs wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Obwohl heutzutage viele Resistenzmechanismen und prognostische Marker bekannt sind, lässt sich immer noch nicht sicher vorhersagen, welche Patienten auf eine bestimmte medikamentöse Therapie ansprechen und welche nicht. Die direkte Untersuchung an primären Leukämie- und Lymphomzellen mit potentiellen Medikamenten kann erheblich dazu beitragen, das Therapieansprechen vorherzusagen und die wirksamste Therapie für den individuellen Patienten zu bestimmen.

Die aktuell in der Fachzeitschrift Nature Cancer veröffentlichte Studie „SMARTrial“ unter Leitung von Prof. Dr. Sascha Dietrich, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie des Universitätsklinikums Düsseldorf, hat die Anwendung des sogenannten Drug Response Profiling untersucht. Profiling bedeutet hier, das Therapieansprechen auf verschiedene Chemotherapeutika bei einem individuellen Patienten oder einer Patientin vor Behandlungsbeginn und ohne dass Patienten selbst das Medikament verabreicht bekommen, zu testen.

Dafür wurden Krebszellen von Patienten im Rahmen der SMARTrial-Studie mittels Blutentnahme, Knochenmarkspunktion und Biopsien entnommen und außerhalb des Körpers (ex vivo) unter Laborbedingungen mit einer breiten Palette an potentiell wirksamen Medikamenten behandelt. Das Therapieansprechen der Patienten auf verschiedene Standardtherapien wurde dann mithilfe mathematischer Modelle mit dem ex vivo-Ansprechen auf eine Vielzahl von Medikamenten abgeglichen. Insbesondere die Wirkung verschiedener Chemotherapien konnte durch diese Untersuchungen vorhergesagt werden.

Ermöglicht werden solche breit angelegten Screening-Untersuchungen, bei denen deutlich mehr Medikamente ex vivo getestet als beim Patienten angewendet werden, durch hochautomatisierte Pipettierverfahren. Diese Verfahren erlauben es, hunderte Versuche in sehr geringem Maßstab parallel durchzuführen.

Im Durchschnitt waren die Untersuchungsergebnisse des Drug Response Profilings innerhalb von drei Tagen verfügbar. Damit wäre diese Untersuchung auch für den klinischen Alltag sinnvoll anwendbar, da beispielsweise bei aggressiven hämatologischen Krebserkrankungen in der Regel sehr schnell Therapieentscheidungen getroffen werden müssen.

Bei Patienten mit einer Akuten Myeloischen Leukämie (AML), der größten Einzelgruppe in dieser Studie, konnte das Ansprechen auf die Standardtherapie mit den beiden Medikamenten Daunorubicin und Cytarabin auch über die bereits bekannten genetischen Risiken hinaus vorhergesagt werden. Insbesondere Patienten mit einem ungünstigen genetischen Risikoprofil (nach ELN-22 Leitlinien) profitierten hierbei von dem Profiling.

Ein Beispiel: Ein Studienteilnehmer mit aggressivem Lymphom wurde nach Versagen aller Standardtherapien basierend auf dem ex vivo Medikamentenansprechen seiner Krebszellen mit einer individualisierten Therapie behandelt. Diese Therapie zeigte eine deutliche Wirkung und ermöglichte es diesem Patienten, eine Stammzelltransplantation durchzuführen, die zu einem langfristig gutem Ansprechen führte.

Auch wenn weitere Studien notwendig sind, um den genauen Stellenwert dieser Technik in der klinischen Anwendung zu bestimmen, stellt diese Arbeit einen weiteren wichtigen Schritt hin zur vollständig personalisierten Therapie von Blutkrebs dar. Erstautoren der Publikation an der Düsseldorfer Klinik sind Nora Liebers und Peter Martin Bruch, Letztautor (und corresponding author) ist Prof. Dr. Sascha Dietrich.

Originalpublikation:

Liebers, N., Bruch, PM, Terzer, T. et al., Ex vivo drug response profiling for response and outcome prediction in hematologic malignancies: the prospechtive non-interventional SMARTrial. Nat Cancer (2023). DOI 10.1038/s43018-023-00645-5
https://doi.org/10.1038/s43018-023-00645-5

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