Blick in die Ausstellung im Limburg Museum in Venlo (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld/Venlo (NL). Regierungszeit von Wilhelm III. von Oranien, dem Statthalter der Niederlande und ab 1688 in Personalunion König von England, Schottland und Irland

„Hier ist es wie in Holland”, sagte der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg (1688-1740) über Krefeld während seines Besuches bei der Familie Von-der-Leyen. Und auch andere Reisende des 18. Jahrhunderts bemerkten den nachhaltigen Einfluss der Niederländer in der Stadt: Wilhelm von Humboldt (1767-1835) sowie der Verleger Joachim Heinrich Campe (1746-1818) hielten fest, die Häuser seien alle im holländischen Geschmack gebaut. Die knapp über 100 Jahre andauernde oranische (niederländische) Herrschaft hinterließ ihre Spuren in der Stadt – nicht nur auf den ersten Blick. Das trifft insbesondere für die Regierungszeit vom Wilhelm III. von Oranien (1650-1702) aus dem Haus Oranien-Nassau zu, dem letzten niederländischen Regenten über Krefeld. Das Limburg Museum in Venlo widmet ihm und seiner Auseinandersetzung mit dem Sonnenkönig Ludwig XIV. (1638-1715) zurzeit eine sehenswerte Ausstellung.

Gegenspieler zu Ludwig XIV

Als Walburga (1522-1600), die Gräfin von Moers, am 25. Mai 1600 starb, erbte Prinz Moritz von Oranien (1567-1625) die Grafschaft Moers samt der Herrlichkeit Krefeld. Mit Wilhelm III. (1650-1702) folgte im 17. Jahrhundert bereits der vierte oranische Herrscher über Krefeld. Da er bei dem Tod seines Vaters noch ein Kind war, lenkten zunächst Regenten (bis 1668) in seinem Namen die Geschicke des Landes und des Hauses Oranien-Nassau. Ähnlich erging es Ludwig XIV., dessen Vater starb, als er vier Jahre alt war. Und auch in Frankreich übernahmen Regenten die eigentliche Macht. Die jungen Adligen wollten sich aber in ihren jungen Jahren bald beweisen als legitime Herrscher, und wo sollte so etwas besser gelingen als auf den Schlachtfeldern. Wilhelm strebte an, wie seine Vorfahren Oberbefehlshaber zu werden. Ludwig träumte vom ewigem Ruhm und von natürlichen Grenzen wie der Maas zu den Nachbarstaaten. Der protestantische Wilhelm entwickelte sich im Lauf der Zeit immer mehr zum Gegenspieler des katholischen Königs aus Frankreich.

Kriegerisches Aufeinandertreffen

Ein erstes kriegerisches Aufeinandertreffen bahnte sich im „Holländischen Krieg” (1672-1678/1679) an. Eine von den Niederländen durch das Öffnen von Deichen und Schleusen verursachte Überschwemmung beendete jedoch einen weiteren französischen Vormarsch. Wilhelm III. profitierte in dieser Situation zudem, weil zeitgleich innere Unruhen ausbrachen, bei denen ein großer Widersacher des Oraniers getötet wurde. Wilhelm konnte so seine innenpolitische Position stärken. Sein direkter Kampf mit dem Sonnenkönig stand noch an.

Friede von Nimwegen

Ludwig XIV. zog 1673 erneut gen Norden, um sein Herrschaftsgebiet zu erweitern. Sein Ziel vor 350 Jahren war das Maastal mit Maastricht, eine strategisch wichtige Festung, die quasi das Einfallstor in die niederländische Republik bildete. Mit dem bekannten Musketier D’Artagnan zog die französische Armee aus 26.000 Infanteristen, 19.000 Reitern und 52 Kanonen gegen die Stadt an der Maas vor. Binnen 13 Tagen fiel Maastricht in die Hände des Sonnenkönigs. „Vor den Stadtmauern von Maastricht fühlte sich Ludwig XIV. vielleicht kurz wie Alexander der Große oder Julius Caesar, seine großen Vorbilder. Der Sieg erfüllte ihn mit Stolz, auch weil er persönlich die Leitung hatte”, heißt es in der Ausstellung. Die Eroberung sorgte in Europa für Unruhe, galt die Stadt doch zu jener Zeit als eine der stärksten Festungen des Kontinents. Im 1676 misslang ein Versuch Wilhelms III. von Oranien, die Stadt für die Niederländische Republik einzunehmen. Er sollte allerdings auf dem diplomatischen Parkett erfolgreich sein. Im Friede von Nimwegen (1678) gab der Sonnenkönig nach den Verhandlungen Maastricht wieder auf. Ludwig wie Wilhelm zog es eigentlich lieber zurück auf das Schlachtfeld – doch nun herrschte dort zumindest Frieden. Welche Auswirkungen dieser persönliche Konflikt auch auf die einfachen Menschen dieser Zeit hatte, wird ebenso in der Ausstellung thematisiert.

„Herrlichkeit Krefeld”

Wilhelm III. kümmerte sich fortan lieber und immer mehr um die Außen- als die Innenpolitik. Als er schließlich auch noch als König von England, Schottland und Irland (1688) anerkannt wurde, geriet die Innenpolitik der Republik noch stärker aus dem Blickfeld des Statthalters. Das galt umso mehr für die kleine „Herrlichkeit Krefeld”.

Gesellschaftliche Veränderungen

Die Krefelder fühlten sich seit dem Beginn der oranischen Herrschaft von den fernen Monarchen und ihren Regierungen im Stich gelassen. Anderseits wirkten sich die gesellschaftlichen Veränderungen, wie die strenge calvinistische Lebensweise nicht auf Krefeld aus. Das mag daran gelegenen haben, dass die Stadt zum direkten (privaten) Territorium der Oranier zählte und nicht zu den Generalstaaten. Ihren Landesherrn Wilhelm III. beziehungsweise seine Vorgänger lernten die Krefelder erst kennen, als sie von ihren Untertanen einmal mehr Geldgeschenke als Ehrerbietung verlangten. Eine hohe Summe für Wilhelm III. trieb einmal die Menschen in Moers, nicht in Krefeld, zu einem offenen Protest. Zur Beruhigung der Gemüter trug wohl ein Besuch von Wilhelm III. 1667 in Moers bei. Dennoch mussten die Bürgermeister aus Moers und Krefeld beim Hof um Entschuldigung bitten.

Wirtschaftlicher Aufschwung

Seine Ambitionen im Konflikt mit dem Sonnenkönig sollten auch die Krefelder tangieren. Ob es eine Plünderung der Stadt durch französische Truppen gab, ist historisch zumindest umstritten. Schwere Kriegsschäden konnten wohl durch Kontributionszahlungen vermieden werden – einen Schutzbrief für Krefeld stellte sogar Ludwig XIV. selbst aus. Die Zahlungen der sich im wirtschaftlichen Aufschwung (Seidenhandel) befindlichen Stadt schienen wohl attraktiver als eine Plünderung Krefelds. Den Frieden von Nimwegen feierten die Krefelder jedenfalls mit Glockengeläut und Freudenschüssen. Danach kümmerte sich Wilhelm III. in Person des oranischen Rates Dr. Philipus Theodorus Tollius direkt um die Belange in Krefeld.

Stadterweiterung

Vor allem die wachsende Bevölkerung bildete ein Problem, so dass die erste Stadterweiterung (1691/1692) geplant wurde. Das neue Areal an der heutigen Königstraße wurde später auch „Wilhelmstadt” genannt. Der dauerhafte Grenzkonflikt mit Kurköln sollte beendet werden, was jedoch nicht gelang. Tollius sollte ebenso in der permanenten Auseinandersetzung zwischen den Reformierten (Calvinisten) und den mehrheitlichen Katholiken vermitteln. Unter anderem verlangten die Reformierten – wohl vergeblich – von Tollius, er solle den Fastelabend-Brauch abschaffen. Aber der oranische Rat setzte vielmehr durch, dass die Katholiken in der Klosterkirche öffentlich Gottesdienst feiern durften. Zudem ordnete Tollius an, den Mennoniten das Bürgerrecht einzuräumen, weil der Zuzug weiterer dieser vermögenden Glaubensflüchtlinge im Sinne seines Landesherrn sei. Die Krefelder Mennoniten besaßen im Gegensatz zur übrigen Bevölkerung traditionelle Handelsbeziehungen in mehreren niederländischen Städten und pflegten persönliche Kontakte zu dortigen Verwandten. Außerdem sprachen die Krefelder Mennoniten untereinander fast nur Niederländisch, die Amtssprache.

Das Kernstück von Tollius’ Arbeit bildete das sogenannte Reglement, oranische Regierungsbestimmungen für die Verwaltung in Moers und Krefeld. Eine wichtige Entscheidung fiel auch noch in die Regierungszeit von Wilhelm III.: die Burg Krakau zu schleifen, also abzureißen. Ausschlaggebend waren wohl die hohen Unterhaltskosten. Das Material wurde zum Teil in die neue Stadtmauer der ersten Erweiterung verbaut. Den Tod von Wilhelm von Oranien 1702 wurde in Krefeld mit großer Trauer vernommen. Mit ihm endete auch die oranische Herrschaft und das Haus Brandenburg/Preußen erbte die Herrlichkeit am Niederrhein.

Gemeinsamer Museumsmonat

Die Ausstellung „Der Sonnenkönig und Oranien – Kämpfe an der Maas” ist in Krefelds Partnerstadt Venlo noch bis 7. Januar 2024 im Limburg Museum zu sehen. Die Ausstellungstexte sind in Deutsch verfasst. Weitere Informationen stehen unter www.limburgsmuseum.nl. Die Städte Venlo und Krefeld sowie Roermond und Mönchengladbach bieten noch bis Sonntag, 10. Dezember, einen gemeinsamen Museumsmonat an. Die 13 beteiligten Museen in den Niederlanden und in Deutschland können mit einem Ticket (25 Euro pro Person) besucht werden. Die Tickets können in allen Häusern erworben werden, in Krefeld im Deutschen Textilmuseum, im Museum Burg Linn sowie in den Kunstmuseen Krefeld.

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