Michael A. vor dem Hauptgebäude der Klever Caritas (Foto: Caritas)
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Kleve. Mit einem Ratenkauf und einer dazugehörigen Kreditkarte mit Verfügungsrahmen fing alles an. Zehn Jahre später war Michael A. nicht nur depressiv und wohnungslos, es hatten sich auch knapp 50.000 Euro Schulden angehäuft. Mit Hilfe der Caritas ist der 40-Jährige nun seit wenigen Tagen schuldenfrei. Die Geschichte eines Mannes, der heute vor allem eins ist: dankbar.   

„Dankeschön“ steht in der Betreffzeile. Absender ist Michael A. aus Kleve. Mit einer herzlichen E-Mail bedankt er sich für die Hilfe der Caritas. „Ohne Anke Pooth von der Schuldnerberatung und Max Zigan von der Wohnungslosenhilfe wäre ich jetzt nicht hier. Schuldenfrei“, sagt er. „Dankeschön“ ist für Michael A. mehr als nur ein Wort. Um dies zu verdeutlichen, teilt er mit uns seine Geschichte. „Ich möchte Mut machen und anderen Menschen helfen, sich auf den Weg zu machen.“

Die Geschichte von Michael A. beginnt vor vielen Jahren. Damals war er 22, vielleicht 23 Jahre alt. Er arbeitete als Pflanzenfachberater in einem regionalen Agrarhandel. Ein Job, der ihm weder Spaß machte noch gut bezahlt wurde. Trotzdem kaufte er sich ein Auto – ein junger Gebrauchter für 10.000 Euro. Weil er das Geld dafür nicht hatte, finanzierte er den Kauf auf Raten. „Gratis mit im Gepäck war eine Kreditkarte. Keine normale, sondern eine mit einem monatlichen Verfügungsrahmen von 5.000 Euro. Damit nahm das Unheil seinen Lauf“, weiß Michael A. heute. Zu jener Zeit hatte er sich über das kleine zusätzliche „Geschenk“ gefreut, rückblickend gibt er offen zu: „Und dann kommt man auch schon einmal auf dumme Ideen.“

Dumme Ideen waren in seinem Fall Computer und Computerzubehör. Michael A., der damals schon leidenschaftlich gern programmierte, investierte. In Technik, in Leistung. „In Dinge, die ich eigentlich gar nicht brauchte“, berichtet er. Über Jahre bestellte er wie im Rausch. Immer auf Pump. Immer mit Kreditkarte und kleinen, monatlichen Raten. „Irgendwann hatte ich komplett den Überblick verloren und monatlich viel mehr ausgegeben als ich eigentlich verdient hatte.“ Irgendwann bezahlte er die Belastungen seiner Kreditkarten mit seinen Kreditkarten. „Das konnte nicht gut gehen“, sagt er.

Auch seine Hausbank machte ihn auf seine Schieflage aufmerksam. Doch er ignorierte die Warnung. Als ihm dann der Arbeitgeber auch noch eine Gehaltserhöhung verweigerte, war er gekränkt und kündigte. „Ich war sauer auf die ganze Situation“, erinnert sich Michael A.. Arbeiten zu gehen, um seine Schulden abzubezahlen, das sah er damals nicht ein. Also machte er einfach nichts mehr. Michael A. verweigerte komplett und fiel in eine schwere Depression. Von Raten, Schulden und gelben Briefen, die wöchentlich ins Haus flatterten, wollte er nichts wissen. Um allem aus dem Weg zu gehen, war er zeitweise sogar wohnungslos.

Aus dem Teufelskreis heraus holte ihn eines Tages ein Krankenkassenmitarbeiter. „Er stand vor dem Haus meiner Eltern. Nur durch Zufall habe ich ihm aufgemacht“, berichtet Michael A.. Und weiter: „Dieser Mann hat mir damals unmissverständlich klargemacht, dass meine Schulden ins Unermessliche wachsen werden, wenn ich nicht bald beim Jobcenter vorstellig werden würde. Dort traf ich wiederum auf eine nette Dame, die mich an die Schuldnerberatung der Caritas verwies“, erinnert sich Michael A.. Das war vor sechs Jahren.

Michael A. hatte damals – abzüglich der Verjährungsfristen – Schulden in Höhe von fast 48.000 Euro. „Doch statt mir Vorwürfe zu machen, zeigte mir meine Sachbearbeiterin eine Perspektive auf. Sie erstellte einen Hilfeplan und forderte nur eins: Ehrlichkeit“, berichtet Michael A.. Auch Anke Pooth, schon damals Mitarbeiterin der Caritas-Schuldner- und Insolvenzberatung in Kleve, sagte zu ihm: „Das schaffen wir schon. Sie müssen nur mitarbeiten und die Termine einhalten.“

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Anke Pooth verschaffte sich einen Überblick über die Schulden und sorgte für Ordnung und Struktur. Dazu gehörte auch der Bezug von Sozialleistungen und eine eigene Wohnung. „Anfangs haben wir uns einmal in der Woche getroffen. Das letzte Mal vor gut drei Jahren“, berichtet Michael A., „damals haben wir meinen Antrag auf Privatinsolvenz gestellt.“

Michael A., der wegen einer Krankheit nicht mehr als Pflanzenfachberater arbeiten kann, ist heute als Freelancer in der Computerspielbranche aktiv. „Ich programmiere und verdiene gutes Geld. Seit wenigen Tagen bin ich komplett schuldenfrei. Für diese Hilfe und das Vertrauen in meine Person möchte ich mich heute bedanken.“

Info – Fachtag zum Thema „Achtung Schuldenfalle – Einkaufen im Internet“

Fälle wie Michael A. sind in der Schuldner- und Insolvenzberatung keine Seltenheit. Aus diesem Grunde setzt die Caritas Kleve verstärkt auf Prävention. „Gerade junge Menschen müssen sensibilisiert werden“, sagt Rita Fergen, Leiterin der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas Kleve. Gemeinsam mit dem Caritasverband Geldern-Kevelaer e.V. und der Verbraucherzentrale für den Kreis Kleve lädt sie zu einem hybriden Fachtag „Achtung Schuldenfalle – Einkaufen im Internet“ ein. Dieser findet am 29. Februar von 14 bis 17 Uhr im Hörsaalzentrum 1 der Hochschule Rhein-Waal in Kleve statt. Kurzfristige Anmeldungen – auch für eine Online-Teilnahme – sind noch unter 02821 7209-220 oder schuldnerberatung@caritas-kleve.de möglich.

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