Seit fast 30 Jahren schlichtet Schiedsfrau Sabine Matzel Streitigkeiten in der Nachbarschaft (Foto: Stadt Münster / Reiners)
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Münster. Der Baum in Nachbars Garten wächst zu dicht an der Grundstücksgrenze, der Grill der Untermieterin verraucht die eigene Wohnung, das Gespräch am Gartenzaun endet mit einer Beleidigung: Wenn Streitigkeiten in der Nachbarschaft sich nicht mehr auflösen lassen, kann eine ehrenamtliche Schiedsperson helfen. Sie lädt die zerstrittenen Parteien zum gemeinsamen Gespräch ein, moderiert und vermittelt im besten Fall so, dass der Konflikt danach vom Tisch ist. Die Stadt Münster sucht aktuell stellvertretende Schiedspersonen in den Stadtteilen Wolbeck, Angelmodde und St. Mauritz.

„Ein Schlichtungsgespräch mit einer Schiedsperson ist in einigen Fällen zwingend vorgeschrieben, bevor es zu einer Klage kommt“, sagt Petra Kistler vom Amt für Zentrale Rechtsdienstleistungen und Vergabemanagement. Neben Nachbarschaftsstreitigkeiten gehören Privatklagedelikte wie Hausfriedensbruch oder Beleidigung dazu. „Im günstigsten Fall finden die Parteien im Gespräch zu einer einvernehmlichen Lösung – und niemand muss vor Gericht ziehen“, so Petra Kistler. Sie koordiniert das Schiedsamt für die Stadt Münster und unterstützt Menschen, die sich als Schiedsperson bewerben wollen.

„Wer ein Schiedsamt übernimmt, sollte gut zuhören und beide Parteien ausgewogen zu Wort kommen lassen. Juristische Kenntnisse sind nicht notwendig – aber gesunder Menschenverstand“, erklärt Petra Kistler. Alles, was man fachlich wissen muss, um ein Schiedsverfahren erfolgreich zu begleiten, vermitteln Lehrgänge des Bundes deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V (BDS).

Seit fast 30 Jahren ist Sabine Matzel Schiedsfrau in Münster. Zurzeit ist sie für St. Mauritz aktiv. „Fünf- bis sechsmal im Jahr übernehme ich einen Streitfall. Wichtig ist, sich in unterschiedliche Sichtweisen einfühlen zu können. Ein Schiedsgespräch ist oft der Gipfel jahrelangen Streits, da hat sich was aufgestaut, und das braucht Raum. Aber es gibt auch einen Zeitpunkt, an dem die Argumente ausgetauscht sind – den sollte eine Schiedsperson erkennen”, berichtet die pensionierte Schulleiterin.

Mit den Konfliktparteien kann sie sich am eigenen Küchentisch treffen, aber auch die Stadt Münster stellt Räume für Schiedsgespräche zur Verfügung. Was hier verhandelt und vertraglich festgehalten wird, ist – wie ein Gerichtsurteil – 30 Jahre bindend. „Die Nachbarn müssen also lange mit der Lösung leben, die sie erarbeitet haben. Deshalb ist es wichtig, keine faulen Kompromisse zu schließen“, sagt Sabine Matzel. Gibt es keine Einigung, füllt sie eine sogenannte Erfolglosigkeitsbescheinigung aus – erst dann ist der Klageweg möglich.

Wer sich für das Schiedsamt interessiert, kann sich an Petra Kistler wenden – per E-Mail an kistlerp@stadt-muenster.de oder unter Tel 02 51/4 92-30 25. Sie verschickt den Bewerbungsbogen und gibt weitere Auskünfte zum Bewerbungsverfahren. Über künftige Schiedspersonen entscheiden die für die jeweiligen Stadtteile zuständigen Bezirksvertretungen. Das Amtsgericht vereidigt die ehrenamtlichen Schiedspersonen für jeweils fünf Jahre.

Infos online unter www.stadt-muenster.de/recht/schiedspersonen und bei der Landesvereinigung NRW unter www.bds-nrw.com/startseite.

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