Dr. Klaus Wiener MdB (Foto: Matthias Morawetz)
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Berlin/Haan/Rhein-Ruhr. Im Frühjahr des Jahres 2022 befand sich Deutschland in einer der schwersten Energiekrisen seiner Nachkriegsgeschichte. In dieser angespannten Situation entbrannte eine heftige Diskussion darüber, ob die drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke Emsland, Isar II und Neckarwestheim über den 31.12.2022 hinaus am Netz bleiben sollten. Mehr noch: Die nur wenige Monate zuvor vom Netz genommenen Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen hätten im Frühjahr 2022 noch recht einfach reaktiviert werden können, so dass eine weitere Nutzung auch hier erwogen wurde.

In der Summe hätten die sechs Kernkraftwerke elektrische Energie in Höhe von 70 TWh jährlich produzieren können, was in etwa dem Bedarf der energieintensiven Industrien wie Chemie, Glas, Keramik oder Zement entspricht. Dieser Strom hätte zudem zu Grenzkosten von zwei bis drei Cent pro KWh bereitgestellt werden können, also auf einem international sehr wettbewerbsfähigen Niveau.

Bundesumweltministerin Lemke und Bundeswirtschaftsminister Habeck haben noch im Februar des Jahres 2022 eine „ergebnisoffene Prüfung“ darüber angekündigt, ob ein Weiterbetrieb möglich sei. Keine zwei Wochen später lag das Ergebnis vor: Ein Weiterbetrieb wurde im sogenannten Prüfvermerk der beiden Ministerien aus technischen, wirtschaftlichen und sicherheitsrelevanten Gründen ausgeschlossen.

Leider wurde jetzt öffentlich, dass die Prüfung allem Anschein nach nicht wie versprochen „ergebnisoffen“ durchgeführt wurde, sondern mit erheblichen Eingriffen der politischen Ebene in den Ministerien. Offensichtlich hat man sich in weiten Teilen über den Rat der Fachebene hinweggesetzt. Nach Aussage der Fachebene in den Ministerien hätte ein Weiterbetrieb nämlich sehr wohl einen positiven Einfluss auf die Preise am Markt und den Ausstoß von klimaschädlichem Gas gehabt. Diese Hinweise finden sich im final herausgegebenen Prüfvermerk vom 7. März 2022 aber nicht wieder.

Zudem hatten die Experten Bedingungen formuliert, unter denen ein Weiterbetrieb auch aus nukleartechnischer Sicht sicher möglich gewesen wäre. Insbesondere diese Feststellung wurde von dem zuständigen Abteilungsleiter – einem ausgewiesenen Atomkraftgegner – in seiner Stellungnahme für das Umweltministerium dann ins genaue Gegenteil verkehrt.

Die bislang vorhandenen Informationen fußen auf der Recherche des Politikmagazins „Cicero“, das zuvor Einsicht in die entscheidenden Akten und Schriftverkehre der Bundesregierung gerichtlich erstritten hatte. Sollte sich in den kommenden Wochen bestätigen, was den beiden Ministerien und ihrer Führung hier vorgeworfen wird, dann wäre das ein handfester Skandal, der ein parlamentarisches Nachspiel haben dürfte.

Nicht nur, weil mit dem Vorgehen der Bundesregierung die Zukunft vieler betrieblicher Existenzen in Deutschland leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurde. Daran ändern übrigens auch die mittlerweile geringeren Energiepreise nichts, denn zum Zeitpunkt der Entscheidung war völlig unklar, wie die Lage sich weiterentwickeln würde. Mindestens genauso schwer wiegt, dass die Öffentlichkeit in einer so wichtigen Frage allem Anschein nach getäuscht wurde. In einer Krise müssen die Menschen darauf vertrauen können, dass ihre Regierung pragmatisch und faktenbasiert im Interesse des Volkes entscheidet. Darauf hat jedes Mitglied der Regierung einen Eid geleistet. Ideologische Überzeugungen einer Partei dürfen da keine Rolle spielen.

 

Ein KlarKlick von Dr. Klaus Wiener MdB (CDU), Haan, Mitglied des Deutschen Bundestages seit September 2021, Mitglied in den Ausschüssen Wirtschaft und Umwelt, Vorsitzender der Bundesfachkommission Wirtschaft der Mittelstandsunion (MIT)

Anmerkung der Redaktion: Unter KlarKlick versteht die LokalKlick-Redaktion Gastkommentare, die zur gesellschaftlichen Diskussion führen. Sie geben nur die Meinung des Gastkommentatoren wieder und sind nicht unbedingt die Meinung der Redaktion.

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