Schleim des Nichtwissens (Black To Comm) von Marc Richter, Deutschland 2024, Erster Preis (Film Still: © Marc Richter)
Anzeige

Oberhausen. Zehn deutsche Musikvideo-Produktionen wurden aus über 230 Einreichungen für den 26. MuVi-Preis der Kurzfilmtage ausgewählt. Zwei Jurypreise und ein Publikumspreis im Gesamtwert von 3.500 Euro wurden am 4. Mai 2024 verliehen.

Die Jury:

Anne Haffmans, Geschäftsführerin Domino Recording Company Deutschland GmbH, Deutschland
Benjamin Moldenhauer, Journalist, Deutschland
Shahrzad Eden Osterer, Journalistin, Deutschland

 

1. Preis dotiert mit 2.000 Euro

Schleim des Nichtwissens (Back To Comm)

Marc Richter
Deutschland 2024, Länge 5‘36‘‘, Farbe

Begründung:

Diesen Preisträger hatten wir zuerst nicht auf der Shortlist. Aber der Clip wächst mit jedem Sehen. In den detailreichen Bildern finden opulente Kostüme, Hieronymus-Bosch-artige Tableaus und KI-Ästhetik zusammen. Nicht nur die Hände der Figuren, die in diesen Tableaus apathisch auftauchen, sind deformiert, sondern fast alle ihre Körperteile. Die Menschheit ist hier weitgehend am Ende. Es bleiben Chemikalien, Mutationen, Pilze und freigelegte Gehirne. Eine hybride Freakshow, in der Zerstörtheit, Beklemmung und Schönheit sich durchdringen. Der Eindruck von Schönheit wird verstärkt durch die meditative Ruhe der Musik. Das Abartige wird gefeiert und verliert seinen Schrecken. Hinzu kommt, dass der Clip der einzige ist, bei dem Musik und Bild von einer Person gestaltet worden sind – die hier in den Bildern etwas ästhetisch wirklich Neues entwickelt hat.

 

2. Preis dotiert mit 1.000 Euro

Das Parlament der Dinge (F.S.K.)

Juno Melián Meinecke
Deutschland 2023, Länge 3‘40‘‘, Farbe/schwarzweiß

Begründung:

Im Video der zweiten Preisträgerin liegen Bildästhetik, Tonalität der Musik und der Songtext nah beieinander. Es gibt keine Ton-/Bildschere: Wir hören ein Wort wie zum Beispiel das Wort Besen und sehen eine Zeichnung von einem Besen. Die Sängerin singt das Wort Sofa und wir sehen ein Sofa. Die Ästhetik der Bilder wirkt alt – Super 8, VHS, Samples aus alten Filmen –, aber nicht antiquiert. Beides, Klang und Bild, wirken virtuos-dilettantisch. Uns hat besonders gut gefallen, wie die Kinderzeichnungen Text und Musik nicht einfach verdoppeln, sondern beidem weitere Ebenen hinzufügen. Die Dinge und Kinderzeichnungen machen Spaß, der Clip ist bedeutungsoffen und von einer großen Freude an der Warengesellschaft bestimmt. Am Ende aber ist alles explodiert, und Hammer und Sichel applaudieren.

 

Lobende Erwähnung

Google Your New Name (Golden Diskó Ship)

Paula Reissig
Deutschland 2023, Länge 3‘25‘‘, Farbe

Begründung:

Unsere sehr und aus vollem Herzen lobende Erwähnung geht an einen Clip, der prekär gewordene Privaträume entwirft. Das klingt erst einmal etwas abstrakt, springt einem beim Sehen aber unmittelbar an: Ein Wohnzimmer wird von einer Quecksilber-artigen Flüssigkeit geflutet, Doppelgänger tauchen auf, und der eigentlich geschützte Raum des Privaten wird mehr und mehr vergiftet. Die Regisseurin Paula Reissig ist u.a. Computerspiel-Designerin und hat ein Szenario des Unheimlichen entworfen, das mit der Musik von Golden Diskó Ship wunderbar zusammenfindet. Und das, obwohl sie, die Musik, nach vorne geht, während die Bilder einen seelischen Ausnahmezustand in Szene setzen.

 

MuVi Online-Publikumspreis

ermittelt durch Abstimmung auf www.muvipreis.de und dotiert mit 500 Euro

Das Parlament der Dinge (F.S.K.)

Juno Melián Meinecke
Deutschland 2023, Länge 3‘40‘‘, Farbe/schwarzweiß

 

Die MuVi-Partner 2024

3sat
Byte.FM
kaput – Magazin für Insolvenz & Pop
kultur.west
netpoint media

Die Preisverleihung fand am Samstag, 4. Mai 2024, um 22 Uhr im Lichtburg Filmpalast, Elsässer Str. 26, 46045 Oberhausen, statt.

Beitrag drucken
Anzeige