Ralf Witzel MdL (Foto: FOTOGRAFIE BJOERN LUELF)
Anzeige

Essen/Düsseldorf/Rhein-Ruhr. In kaum einer politischen Frage sind sich CDU, SPD und Grüne so einig wie bei der eigenen Machtsicherung: Der Landtag hat soeben mit den Stimmen dieser drei Fraktionen eine Änderung des Kommunalwahlrechts beschlossen, die größere Parteien bei der Sitzverteilung massiv bevorzugt und kleinere Gruppierungen beim nächsten Urnengang 2025 landesweit Hunderte Mandate kosten wird. Ich halte dieses Vorgehen unter demokratischen Gesichtspunkten für hochgradig bedenklich und habe anders als alle anderen örtlichen Abgeordneten dagegen votiert.

So bin ich über Inhalt und Verfahren der Gesetzesänderung verärgert: Gerade in Zeiten, in denen die Demokratie unter Rechtfertigungsdruck steht, sollten Parteien behutsam mit Wahlrechtsänderungen umgehen. Wir erleben hier aber eine rein egoistisch agierende schwarz-rot-grüne Beutegemeinschaft. Streitpunkt ist die Umrechnung von Wählerstimmen in Sitze, die erkennbar zugunsten der größeren Wettbewerber verschoben werden soll, obwohl ein führender Wahlrechtsgutachter im Auftrag von CDU und Grünen davon abgeraten hat, den Erfolgswert von Stimmen kleinerer Parteien abzuwerten. Nachdem bereits in früheren Jahren mehrere Versuche zur Einführung einer Sperrklausel verfassungsrechtlich gescheitert sind, soll nun eine Stärkung größerer Parteien über die Sitzverteilung erfolgen.

Im konkreten Fallbeispiel bedeutet dies: Zwei Parteien A und B mit einem Sitzanspruch von 1,9 bzw. 19,1 Sitzen stehen im Wettbewerb um die Zuteilung des letzten Sitzes beim Stadtrat oder einer Bezirksvertretung. Bislang bekommt Partei A durch Aufrundung zwei Sitze und Partei B durch Abrundung 19 Mandate. Zukünftig wird die größere Partei bevorzugt und 20 Sitze erhalten, die kleinere aber nur einen.

Ein Beispiel – Bezogen auf die realen Verhältnisse der letzten Kommunalwahl 2020 in Essen würden Grüne und AfD je einen zusätzlichen Sitz erhalten, FDP und Freie Wähler als bürgerliche Mitte dafür jeweils einen weniger. Außerdem wären die beiden letztgenannten Parteien in vielen Bezirksvertretungen gar nicht mehr vertreten.

Ich reagiere auf die Wahlrechtsänderung nicht mit Lethargie, sondern mit zusätzlicher Motivation: Wir werden diese interessengeleitete Rechtsänderung zunächst dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorlegen. Sollte das neue Kommunalwahlrecht Bestand haben, müssen wir besser werden und im Herbst 2025 vor Ort ein Ergebnis in der Größenordnung der Europawahl wie vor wenigen Wochen abliefern, um unsere Gestaltungsmöglichkeiten in der Lokalpolitik zu wahren.

Der nächste Streich kommunalrechtlicher Änderungen steht bereits vor der Tür. Dieselben Parteien CDU, SPD und Grüne haben schon angekündigt, nach der Sommerpause auch die Fraktionsbildungsgrößen anzuheben. Es wären dann mehr Mandate als bislang notwendig, um in kommunalen Vertretungen beispielsweise eigene Anträge zu stellen und über eine finanziell wie organisatorisch handlungsfähige Geschäftsstelle zu verfügen.

 

Ein KlarKlick von Ralf Witzel, Stellvertretender Vorsitzender FDP-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen, Kreisvorsitzender der FDP Essen

Anmerkung der Redaktion: Unter KlarKlick versteht die LokalKlick-Redaktion Gastkommentare, die zur gesellschaftlichen Diskussion führen. Sie geben nur die Meinung des Gastkommentatoren wieder und sind nicht unbedingt die Meinung der Redaktion.

Beitrag drucken
Anzeige