Schulden der Kernhaushalte setzten sich zu 42,3 Prozent aus Kassenkrediten und Wertpapierschulden zur Liquiditätssicherung und zu 57,7 Prozent aus Verbindlichkeiten zu Investitionszwecken zusammen ( © IT.NRW)
Anzeige

Düsseldorf/Bonn/Oberhausen/Essen/Mülheim an der Ruhr/Rhein-Ruhr. Die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in den Kernhaushalten Nordrhein-Westfalens beliefen sich Ende 2023 auf rund 49,3 Milliarden Euro. Das waren 3,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor (31.12.2022: 47,7 Milliarden Euro). Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, ergab sich damit rein rechnerisch eine Verschuldung von 2 715 Euro pro Kopf (2022: 2 637 Euro).

Oberhausen, Mülheim an der Ruhr und Bonn hatten 2023 die höchste Pro-Kopf-Verschuldung in den Kernhaushalten

Im regionalen Vergleich zeigten sich für Ende 2023 Unterschiede bei der Pro-Kopf-Verschuldung in den Kernhaushalten. Bei den kreisfreien Städten und Kreisen wurden für Oberhausen (9 419 Euro), Mülheim an der Ruhr (9 312 Euro) und Bonn (6 125 Euro) die höchsten Schulden pro Kopf ermittelt. Landesweit die niedrigsten Werte ergaben sich für Düsseldorf (542 Euro) und die Kreise Olpe (632 Euro) und Gütersloh (661 Euro). Die Schulden der Kreise enthalten die Verbindlichkeiten der Kreisverwaltungen und kreisangehörigen Gemeinden.

Die Schulden der Kernhaushalte setzten sich Ende 2023 zu 42,3 Prozent aus Kassenkrediten und Wertpapierschulden zur Liquiditätssicherung und zu 57,7 Prozent aus Verbindlichkeiten zu Investitionszwecken zusammen. Die Schulden zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe waren mit 20,9 Milliarden Euro um 1,3 Prozent niedriger als 2022 (damals: 21,1 Milliarden Euro). Bei den mittel- und langfristigen Krediten und Wertpapierschulden zu Investitionszwecken gab es dagegen einen Zuwachs von 7,2 Prozent auf 28,4 Milliarden Euro (31.12.2022: 26,5 Milliarden Euro).

Hagen nutzte den überwiegenden Teil seiner Schulden zur Liquiditätssicherung – Düsseldorf für Investitionen

Auch hinsichtlich der dominierenden Schuldenart gab es Unterschiede in den Kreisen und kreisfreien Städten: So stammte 2023 in Hagen (93,8 Prozent), Remscheid (87,5 Prozent) und Leverkusen (78,3 Prozent) der überwiegende Teil der Schulden aus Krediten zur Liquiditätssicherung. Auf Kredite für Investitionszwecke entfiel dagegen das Gros der Schulden in Düsseldorf (100 Prozent) sowie in den Kreisen Borken (98,5 Prozent) und Gütersloh (97,0 Prozent).

Die gesamte kommunale Verschuldung belief sich 2023 auf 63,4 Milliarden Euro

Zu den Schulden der NRW-Kernhaushalte kamen 2023 weitere 14,1 Milliarden Euro aus Schulden der kommunalen Eigenbetriebe, der eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und der kommunalen Anstalten öffentlichen Rechts hinzu. Die kommunale Verschuldung belief sich bei dieser Betrachtung insgesamt auf 63,4 Milliarden Euro, das waren 3,6 Prozent mehr als Ende 2022 (damals: 61,2 Milliarden Euro). Die Pro-Kopf-Verschuldung lag bei dieser Betrachtung bei 3 492 Euro (2022: 3 384 Euro).

Schulden, die ein Eigenbetrieb oder eine Anstalt öffentlichen Rechts gegenüber der Trägerkommune hat, wurden in dieser Darstellung herausgerechnet. In Einzelfällen nicht auszuschließen sind Doppelzählungen, wenn Kommunen mit kommunalen Unternehmen ein Liquiditätsmanagement betreiben (Cash-Pooling). Abweichend zu der Modellrechnung der „Integrierten Schulden” werden hier als ausgegliederte Einheiten Eigenbetriebe, eigenbetriebsähnliche Einrichtungen und Anstalten öffentlichen Rechts betrachtet. Kommunale Unternehmen in privater Rechtsform und Zweckverbände werden hier nicht mit einbezogen.

Das Statistische Landesamt weist darauf hin, dass im Jahr 2023 für eine Reihe von Gemeinden, Kreisverwaltungen und kommunalen Unternehmen aufgrund von technischen Problemen infolge eines Cyberangriffs bei einem kommunalen IT-Dienstleister in Südwestfalen keine Meldungen vorlagen. Bei den betroffenen Berichtseinheiten wurden entweder die Schulden der vierteljährlichen Schuldenstatistik oder die des Vorjahres imputiert. Weitere Informationen.

Mit der Veröffentlichung des aktuellen Berichtsjahres ist eine Revision des Vorberichtsjahres erfolgt. (IT.NRW)

IHK zu Essen: Bund muss sich wie versprochen an der Altschuldenlösung beteiligen

Kerstin Groß (Foto: IHK Essen)

Am gestrigen Montag hat das Statistische Landesamt IT.NRW neue Zahlen zur Verschuldung der Kommunen veröffentlicht. Dazu Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen: „Die gestern von IT.NRW veröffentlichten Zahlen zu den kommunalen Schuldenständen machen deutlich, wie dringend vor allem auch unsere MEO-Städte eine Antwort auf die Altschuldenfrage brauchen. Die NRW-Landesregierung hat im Sommer endlich ihre Hausaufgaben gemacht – verspätet, aber mit Substanz. Jetzt liegt es am Bund, sich wie versprochen an der Altschuldenlösung zu beteiligen. Wir erwarten von der Ampel-Regierung, die dafür notwendigen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat zu organisieren. Und wir appellieren an die Fraktionen im Bundestag und die Länder im Bundesrat, sich solidarisch zu zeigen.”

Kommunale Altschulden: FDP-Chef Höne fordert mehr Mut und kommunale Schuldenbremse

Zur Debatte über die kommunale Altschuldenlösung im Zuge des Bundeshaushaltsentwurfs 2025 sagt Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion NRW: „NRW muss mutig vorangehen! Der permanente Fingerzeig von Ministerpräsident Hendrik Wüst nach Berlin lenkt nur von den eigenen Versäumnissen ab. Das hilft unseren überschuldeten Kommunen nicht weiter. Es ist höchste Zeit, dass Wüst auf nachhaltige und pragmatische Maßnahmen setzt, anstatt politische Schaukämpfe zu inszenieren. Eine kommunale Schuldenbremse für Nordrhein-Westfalen ist unerlässlich! Nur so verhindern wir, dass sich unsere Städte und Gemeinden erneut in eine Schuldenfalle begeben. Die bisherigen Ansätze von Schwarz-Grün sind vage und unzureichend. Die NRW-Landesregierung muss endlich selbst Verantwortung übernehmen und klare Regeln zur Haushaltsdisziplin aufstellen. Schwarz-Grün muss kollegial mit der Bundesregierung und den Städten und Gemeinden zusammenarbeiten. Nur so werden wir diese besondere Herausforderung parteiübergreifend lösen können.

Die erwarteten Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich sind hierfür eine Steilvorlage. Mit rund 600 Millionen Euro zusätzlichem Geld hat NRW die Chance, Mittel gezielt zur Entschuldung der Kommunen einzusetzen. Dieses Geld darf nicht im allgemeinen Haushalt versickern, sondern muss mehrheitlich direkt den überschuldeten Städten und Gemeinden zugutekommen. Das schafft sofortige und spürbare Entlastung. Anstatt ständig den Bund zu kritisieren, sollte Hendrik Wüst diesen finanziellen Spielraum nutzen, um echte Lösungen voranzutreiben. Die Menschen in unseren Städten und Gemeinden verdienen eine klare Perspektive und keine politischen Spielchen. Nur durch politischen Mut und haushaltspolitische Vernunft können wir die kommunalen Finanzen stabilisieren und die Zukunft unserer Kommunen sichern.“

Beitrag drucken
Anzeige