Im Haus der Evangelischen Kirche berät Oksana Funkner pflegende Angehörige, die eine Kurmaßnahme erwägen (Foto: Kirchenkreis Essen)
Anzeige

Essen. Obwohl das ursprüngliche Förderprogramm des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen schon seit längerer Zeit ausgelaufen ist, wird der Essener Kreisverband der Evangelischen Frauenhilfe e.V. seine kostenlose Kurberatung für pflegende Angehörige fortsetzen: Oksana Funkner steht Interessierten weiter an jedem Donnerstag von 14 bis 17 Uhr im Haus der Evangelischen Kirche, III. Hagen 39, für eine unverbindliche Erstinformation zur Verfügung, hilft aber auch bei der konkreten Suche nach einer geeigneten Kureinrichtung und begleitet die Betroffenen von der Antragstellung bis zur Bewilligung.

Das Angebot macht Sinn: „Pflegende Angehörige sind oft sehr stark belastet, viele von ihnen stoßen irgendwann an ihre körperlichen und psychischen Grenzen“, erklärt Oksana Funkner. „Die Symptome reichen von allgemeiner Unruhe, Erschöpfungszuständen und Schlaflosigkeit über Rücken- und Kopfschmerzen bis hin zu Herz- und Kreislaufproblemen.“ Aber auch Wut und Frustration oder das Gefühl, völlig allein gelassen zu werden, können Folgen der Pflege in den eigenen vier Wänden sein. „Wenn sich Freundinnen und Freunde oder nahe Bekannte zurückziehen und Besuche nicht mehr ohne Unterstützung bewältigt werden können, geraten pflegende Angehörige mitunter in eine vollständige soziale Isolation“, beschreibt die Kurberaterin diese Gefahr. Eine Kur könne in jedem Fall mithelfen, das Vertrauen in die eigene Kraft und Stärke wiederzufinden und emotionale Ausgeglichenheit zu erlangen, die Vernetzung und der Austausch mit anderen Betroffenen wirke ermutigend und viele praktische Ratschläge für den Pflegealltag gebe es auch.

„Nach dem Erstgespräch hier bei uns nehmen die pflegenden Angehörigen zunächst Kontakt zu ihrem Arzt auf, der die Notwendigkeit einer Kurmaßnahme bescheinigt. Anschließend füllen wir gemeinsam den Kurantrag aus“, erläutert Oksana Funkner die drei wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Kur. Aus der Erfahrung weiß sie aber auch, warum pflegende Angehörige nicht selten grundsätzlich vor dem Gedanken an eine Kurmaßnahme zurückschrecken: „Sie möchten ihrem pflegebedürftigen Ehemann oder ihrer pflegebedürftigen Ehefrau während ihrer Abwesenheit nicht das Gefühl geben, allein zurückgelassen zu werden.“ Bei ihrer Kurberatung gehe es deshalb vor allem um die Frage, wie die Versorgung der pflegebedürftigen Familienmitglieder während der dreiwöchigen Kur zur Zufriedenheit aller Beteiligten gesichert werden könne. „Je nach Bedarf können Pflegebedürftige mit in die Klinik fahren, in einer nahegelegenen Einrichtung der Kurzzeitpflege betreut oder auch am Wohnort umfassend versorgt werden“, erklärt Oksana Funkner die drei Möglichkeiten.

Rechtsgrundlage für die Kurmaßnahme sind die Paragrafen 23 und 40 des Sozialgesetzbuches (SGB V). Danach können pflegende Angehörige eine dreiwöchige stationäre Vorsorge- oder Reha-Leistung beantragen, um die eigene Gesundheit zu stärken oder wiederherzustellen. Bei der Umsetzung dieses Anspruchs werden auch in Essen die seit vielen Jahren bestehenden und bewährten Strukturen unter dem Dach des Müttergenesungswerks genutzt.

Das Angebot der Kurberatung im Haus der Evangelischen Kirche ist kostenlos; um eine vorherige Terminvereinbarung unter Telefon 0201 2205-430 (Anrufbeantworter) oder per Mail an die Anschrift kurberatung(at)evkirche-essen.net wird jedoch gebeten.

Hintergrund: Kurberatung für pflegende Angehörige

Im Jahr 2020 hatte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen das Projekt „Zeit und Erholung für mich – Kurberatung für pflegende Angehörige“ gestartet. Mithilfe einer Fördersumme in Höhe von insgesamt zwei Millionen Euro wurden in NRW über hundert Kurberaterinnen und Kurberater an 98 Standorten für diese Aufgabe qualifiziert – Oksana Funkner ist eine von ihnen. „Menschen, die ihre Angehörigen pflegen und tagein, tagaus – und oft genug auch nachts – für einen anderen Menschen da sind, verdienen Respekt“, hieß es damals zur Begründung. Doch Anerkennung und lobende Worte seien nicht genug, wenn die Kraft allmählich nachlasse und eigene Bedürfnisse immer hintenangestellt werden müssten. „Kuren für pflegende Angehörige sind ein Angebot, das ihre Gesundheit stärkt und die Pflegefähigkeit erhält.“

Beitrag drucken
Anzeige