Ansicht der Abtei Brauweiler von Südost um 1795 in einer Tuschzeichnung von Joseph Michael Laporterie (Foto: Archiv im Rhein-Kreis Neuss)
Anzeige

Rhein-Kreis Neuss/Dormagen. Das Archiv im Rhein-Kreis Neuss setzt seine historische Reihe „Geschichte im Gewölbekeller“ fort. Am Dienstag, 6. August, um 19 Uhr spricht Dr. Gregor Patt aus Pulheim über das Thema „1000 Jahre lebendige Geschichte: Ein Streifzug durch die Historie der Abtei Brauweiler“. Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit dem Geschichtsverein Dormagen e. V. statt und ist kostenfrei. Veranstaltungsort ist die Nordhalle von Burg Friedestrom an der Schloßstrasse 1 in Dormagen.

Dr. Stephen Schröder, Leiter des Archivs im Rhein-Kreis Neuss, weist auf die langjährige Tradition der Abtei Brauweiler hin: „Verlässt man Köln Richtung Westen, erhebt sich bereits aus einiger Entfernung die Silhouette der Abtei Brauweiler, die 2024 den 1000. Jahrestag ihrer Gründung feiert. An wenigen historischen Orten im Rheinland lässt sich besser zeigen, welchen Veränderungen das Leben in Köln und Umgebung in diesen knapp 40 Generationen unterworfen war“, sagt er und fügt hinzu: „Allein die fast 800 Jahre, in denen Mönche in Brauweiler beteten und arbeiteten, aber auch bauten, repräsentierten, herrschten und straften, waren eine Zeit steten Wandels: geistlicher Aufbruch, Missstände, Not, Krieg und wirtschaftliche Prosperität wechselten einander ab.“ Eine der wenigen Konstanten waren enge Verbindungen zwischen Brauweiler und Zons: Die Pfarrei Zons gehörte dem Kloster, (fast) alle Zonser Pfarrer kamen vom 14. Jahrhundert bis zur Auflösung des Klosters 1802 aus Brauweiler.

Noch viel stärker wird der Wandel aber spürbar beim Blick auf die Zeit ab 1802. Brauweiler diente als „Bettlerdepot“, Besserungsanstalt für Kriminelle, Fürsorgeerziehungs- und „Trinkerheim“, Konzentrationslager (1933/34), Gestapo-Gefängnis (1938-1945), Camp für ehemalige Zwangsarbeiter*innen und andere „displaced persons“ (1945-1949), bis am Ende einer erneuten Nutzung als Arbeitsanstalt (1950-1969) und Landeskrankenhaus (1969-1978) sowie zahlreichen Skandalen die Umwandlung in ein Kulturzentrum des Landschaftsverbandes Rheinland stand. Für Dr. Schröder ist Brauweiler  mehr als ein sehenswertes Baudenkmal. Er betont: „Es handelt sich um einen Ort, an dem die lebendige, wechselhafte Geschichte unserer Region besonders gut greifbar wird.“ Anhand des Beispiels Brauweiler lasse sich zeigen, wie ambivalent viele Modernisierungsprozesse sind und wie zerbrechlich zivilisatorische Fortschritte sind, die uns selbstverständlich erscheinen – aber auch, dass es sich lohnt, dunkle Kapitel der eigenen Geschichte aufzuarbeiten und lebendig zu halten.

Alle Interessierten sind dazu eingeladen, sich diesen Themen in einem rund 60-minütigen Streifzug im Kreiskulturzentrum Zons zu nähern. Das Archiv bittet um vorherige Anmeldung per Mail (kreisarchiv@rhein-kreis-neuss.de) oder unter Tel. 02133 530210. An den Vortrag schließt sich ein geselliges Beisammensein an.

Beitrag drucken
Anzeige