Franziska Müller-Rech MdL (Foto: FDP-Landtagsfraktion NRW)
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Münster/Münsterland/Bottrop/Gelsenkirchen/ Recklinghausen. Das Verwaltungsgericht Münster hat mit heute bekannt gegebenen Beschlüssen vom 6. August 2024 Eilanträgen von Lehrkräften aus Münster und Umgebung gegen ihre Abordnung an eine Grundschule in Gelsenkirchen bzw. eine Grundschule in Münster stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klage angeordnet.

Im Juni und Juli 2024 hatte die Bezirksregierung Münster eine Vielzahl von an Grundschulen in Münster und Umgebung tätigen Lehrkräften für die Dauer von zwei Jahren an Grundschulen im Emscher-Lippe-Raum abgeordnet sowie für dieselbe Dauer an Gymnasien tätige Lehrkräfte an die betroffenen Grundschulen in Münster und Umgebung abgeordnet.

Zur Begründung der Abordnungen hatte die Bezirksregierung jeweils unter anderem angeführt: Die Notwendigkeit von Abordnungen aus dienstlichen Gründen ergebe sich aus der besonderen Bedarfslage an Grundschullehrkräften insbesondere in den Schulamtsbezirken der Städte Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen. Eine wesentliche Maßnahme zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung sei die schulform- und schulamtsübergreifende Abordnung, um Versorgungslücken zu schließen. Die Kompensation erfolge für dieselbe Dauer durch Lehrkräfte der überbesetzten Gymnasien. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die oder der Betroffene abgeordnet werde, seien sowohl öffentliche Belange wie insbesondere die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung im Regierungsbezirk Münster als auch die mit der Abordnung verbundenen Nachteile für die private Lebensführung der betreffenden Lehrkräfte abgewogen worden.

Gegen die Abordnungsverfügungen haben etwa ein Dutzend Lehrkräfte aus Münster und Umgebung beim Verwaltungsgericht Münster Klage erhoben und entsprechende Eilanträge gestellt.

Zwei dieser Eilanträge hatten nunmehr Erfolg. In den Gründen des eine Grundschullehrerin betreffenden Beschlusses heißt es unter anderem: Zwar dürfte die Organisationsgrundentscheidung, die gleichmäßige Sicherstellung der Unterrichtsversorgung im Regierungsbezirk Münster zu erreichen, grundsätzlich die Annahme eines dienstlichen Bedürfnisses für die Abordnung rechtfertigen. Die Abordnungsverfügung sei jedoch nicht frei von Ermessensfehlern. Die Behauptung der Bezirksregierung Münster, der Kreis der für die Abordnung in Frage kommenden Lehrkräfte habe sich durch das Votum der Schulleitung insoweit reduziert, dass ein dienstliches Bedürfnis für die Abordnung gerade dieser bestimmten Lehrkräfte, die von der Schulleitung benannt worden seien, gegeben sei, treffe nicht zu. Nach der verwaltungspolitischen Vorstellung des Landes komme vielmehr eine Vielzahl von Beamten zur Abordnung in Frage, nämlich alle Grundschullehrer, die an Grundschulen im Münsterland tätig seien, soweit die Funktionsfähigkeit „ihrer“ Grundschule auch im Fall ihrer Abordnung sichergestellt sei. In dieser Konstellation sei der Antragsgegner verpflichtet, eine auf gleichmäßigen Maßstäben beruhende Ermessensentscheidung unter dieser Vielzahl von Grundschullehrern zu treffen. Dem sei der Antragsgegner nicht gerecht geworden. Die Aufforderung an die jeweilige Schulleitung, die abzuordnenden Personen zu benennen, hätte – um die Auswahlentscheidung auf der Grundlage gleichmäßiger Maßstäbe vornehmen zu können – so nicht ergehen dürfen. Die Grundschulen hätten allein all diejenigen Grundschullehrer ihrer Schule benennen können, die für eine Abordnung in Betracht kommen, ohne die Funktionsfähigkeit und Unterrichtsversorgung der eigenen Schule zu gefährden. Demgegenüber sei das zum Teil erfolgte Losverfahren schon im Ansatz kein sachgerechtes Auswahlkriterium. Schließlich fehle es auch an jeglicher Dokumentation, welche Lehrkräfte überhaupt in das Losverfahren einbezogen worden seien und dass dieses zumindest formal korrekt durchgeführt worden sei.

Vergleichbares ist in dem Beschluss betreffend die Abordnung eines Gymnasiallehrers ausgeführt worden. Hinsichtlich der Abordnung der Gymnasiallehrer sei überdies bereits unklar geblieben, wie die Auswahl der Gymnasien und des Umfangs, in dem diese zur Benennung abzuordnender Lehrkräfte aufgefordert worden seien, tatsächlich erfolgt seien.


  • Über die übrigen Eilanträge wird in Kürze entschieden.
  • Gegen die Beschlüsse kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde eingelegt werden.
  • Die Beschlüsse werden in Kürze in der  Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de veröffentlicht.
(Az.: 5 L 554/24, 5 L 619/24 – nicht rechtskräftig)

Müller-Rech (FDP): „Schulpolitisches Versagen mit Ansage, Denkzettel für Schwarz-Grün”

Nach der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Münster, die Abordnungen von Lehrkräften zu stoppen, übt Franziska Müller-Rech, schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion NRW, scharfe Kritik an Schwarz-Grün und Schulministerin Dorothee Feller (CDU).

„Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Denkzettel an die schwarz-grüne Landesregierung für ihre chaotische Schulpolitik. Es zeigt deutlich, dass Schulministerin Feller mit ihrem unkoordinierten Abordnungsverfahren vollkommen versagt hat. Unsere Kritik bleibt auch nach mahnenden Monaten dieselbe: Es ist schlichtweg inakzeptabel, dass Lehrerinnen und Lehrer wie Schachfiguren verschoben werden, ohne dass dabei transparente und faire Kriterien angewendet werden. Ein solch intransparentes und rahmenloses Verfahren der Ministerin schafft Unsicherheit und Unmut unter den Lehrkräften und trägt keineswegs zur Lösung der Personalprobleme bei“, so Müller-Rech.

Die Kritik des Gerichts an der mangelnden Dokumentation und den undurchsichtigen Auswahlkriterien bestätigt die Position der FDP: „Das ist ein schulpolitisches Versagen der Ministerin mit Ansage. Wir haben schon vor Monate betont, dass dieses Verfahren scheitern wird. Wir dürfen unsere Lehrkräfte nicht Willkür und Unsicherheit aussetzen. Es ist höchste Zeit für eine verantwortungsvolle Schulpolitik, die die Interessen aller Beteiligten ernst nimmt“, so Müller-Rech.

Freie Demokraten wollen attraktiven Lehrerberuf

Damit der abwechslungsreiche und sinnstiftende Lehrerberuf auch im Alltag attraktiv ist, müssen die Bedingungen modernisiert werden, unter denen die Lehrkräfte in den Schulen arbeiten. „Die Lehrerinnen und Lehrer tragen bereits jetzt die volle Last. Von bloßen Abordnungen und Versetzungen haben wir nicht eine Lehrkraft mehr in der Klasse. Wir brauchen mehr Personal in den Schulen, mehr Mut zum Seiteneinstieg und eine Stärkung der Schulleitungen, zum Beispiel mit mehr individuellem Schulbudget“, sagt Müller-Rech abschließend.

Die FDP-Landtagsfraktion NRW wird das Thema im kommenden Plenum auf die Tagesordnung setzen und erwartet von der Landesregierung konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation.

Schulministerium: Gericht bestätigt Instrument der Abordnung im Grundsatz

Zum Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster hieß es aus dem Schulministerium:

“Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Schulministeriums, überall in Nordrhein-Westfalen für faire Bildungschancen zu sorgen. Die Grundvoraussetzung dafür ist, dass an allen Schulen ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung stehen, um den Unterricht sicherzustellen. In Zeiten des Lehrkräftemangels müssen die vorhandenen Ressourcen gezielt eingesetzt werden. Dazu setzt das Schulministerium unter anderem darauf, Lehrkräfte von personell vergleichsweise gut ausgestatteten Schulen zeitweilig an Schulen mit besonders großem Personalbedarf abzuordnen.

Das Instrument der zeitlich begrenzten Abordnung ist nicht neu. Von dieser dienstrechtlichen Möglichkeit machen die Bezirksregierungen seit jeher umsichtig Gebrauch. Seit dem Handlungskonzept Unterrichtsversorgung aus dem Jahre 2022 wird diese Maßnahme unter anderem gezielt zur Unterstützung von Grundschulen eingesetzt. Es geht dabei unter anderem darum, vom Lehrkräftemangel besonders betroffene Schulen schnell und wirksam zu unterstützen. Das Verwaltungsgericht Münster hat in seiner Entscheidung im Grundsatz bestätigt, dass die Schulaufsicht Abordnungen aus dienstlichen Gründen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung aussprechen darf, und dies sogar landesweit: „Auf der Grundlage dieser Hingabepflicht hat sich der Beamte dem Dienstherrn mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung zu stellen und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht nach Kräften zu erfüllen“, hebt das Gericht hervor. Bei einer zeitlich befristeten Abordnung bleiben die Lehrkräfte weiterhin ihrer Stammschule zugeordnet, verrichten allerdings vorübergehend an einer anderen Schule, die einen entsprechenden Bedarf hat, ihren Dienst. Anfang April 2024 waren landesweit insgesamt knapp 9.300 Lehrkräfte von ihrer Stammschule abgeordnet.

Alle Beteiligten sind sich der Tatsache bewusst, dass Abordnungen für die einzelnen Lehrkräfte sowie für deren Kollegien mit Herausforderungen verbunden sind. Deshalb handelt es sich stets um eine Einzelfallentscheidung, die von der jeweils zuständigen Schulaufsicht vorbereitet und getroffen wird und bei der regelmäßig die Personalvertretungen beteiligt werden. Zur Unterstützung hat das Ministerium den Bezirksregierungen klare Kriterien für die Entscheidung zur Verfügung gestellt. Selbstverständlich steht es jeder Lehrkraft frei, die sie betreffende Einzelfallentscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen. Stellt ein Gericht – wie jetzt in Münster – dabei fest, dass die Entscheidung im Einzelfall ermessensfehlerhaft getroffen wurde, so ist dies von der Bezirksregierung entsprechend aufzuarbeiten.

Die Möglichkeit, Lehrkräfte für eine begrenzte Zeit abzuordnen, bleibt bis auf Weiteres unverzichtbar, um faire Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu sichern.

Das Schulministerium ist für das große Engagement vor Ort sehr dankbar, denn Abordnungen wirken. An den aufnehmenden Schulen sind die Kolleginnen und Kollegen hochwillkommen.”

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