(Foto: Stadt Willich)
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Willich. Die Lesung wurde zu einer kurzweiligen Stunde, zu der die Interessensgemeinschaft Klein Jerusalem in die Kapelle eingeladen hatte: Im Rahmen des Vynhoven-Jahrs 2024 lasen Sabine Mroch, Uwe Schummer und Udo Holzenthal aus dem berühmten „Simplicissimus“ von Grimmelshausen.

Natürlich nicht ohne Grund und passenden historischen Bezug: Der „teutsche“ Schriftsteller Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen hatte als Zeitgenosse des Kapellenbauers Vynhovens die Schrecken des 30jährigen Kriegs am eigenen Leib nur zu drastisch erlebt – eine menschengemachte Katastrophe, die flankiert von der Pest eine dunkle Zeit prägte, was Gebildete Trost in der Literatur wie dem seinerzeit aktuellen „Simplicissimus“ suchen ließ: Satire half, der ganz konkret bedrohlichen und furchtbaren Realität im Kopf zu entkommen.

Der Einladung waren rund 100 Interessierte gefolgt, die Bürgermeister Christian Pakusch herzlich begrüßte – und die Gäste wissen ließ, dass es ihm eine Freude sei, am Ort seiner Vermählung gute Erinnerungen auffrischen zu können.

Stadtarchivar Udo Holzenthal gab einleitend gewohnt pointiert einen kurzen Einblick in die Biografie Vynhovens, anschließend lasen die drei Protagonisten abwechselnd Passagen aus dem „Simplicissimus“: Der Schelmenroman gilt als Hauptwerk von Grimmelshausen, erschien 1668 und wird als erster „Abenteuerroman“ einsortiert und nebenher als das wichtigste Prosawerk des Barocks in deutscher Sprache. Eine gute Wahl.

Uwe Schummer nutzte für seinen Vortrag das Kapitel über die „Hirten – eine treffliche Unterweisung“, um auf die die Bedeutung von Hirten auch in der Stadt Willich abzustellen – man denke nur an die Skulptur des „Gänsejungen“ auf der Hochstraße in Schiefbahn. Sabine Mroch hielt einen Exkurs über die Sprachentwicklung, die mit der Lutherbibel einherging und so auf die deutsche Kultur natürlich ebenso maßgeblich wie nachhaltig Einfluss nahm.

Stimmgewaltig wusste im Übrigen der Chor „Ergo Cantamus“ zu überzeugen, der die Texte mit einer passenden Liedauswahl im doppelten Wortsinne harmonisch arrondierte. Dabei zeigte die vom Land NRW als „Leistungschor“ ausgezeichnete Formation unter Leitung von Stefan Thomas ihr ganzes Können – und begeisterte das Publikum deutlich.

Wobei das abschließende Lied „Jerusalem“ der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass auch in der heutigen, krisengeplagten Zeit nicht der Krieg, sondern nur der Frieden ein Zusammenleben möglich erscheinen lässt.

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