Das heutige LernWerk zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Foto: © Stadtarchiv Bocholt)
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Bocholt. Aus gegebenem Anlass befasst sich das Bocholter Stadtarchiv in seiner monatlichen Themenreihe mit der Baugeschichte des heutigen LernWerks. Erste Planungen zum Bau eines Fabrikgebäudes an der Adresse Industriestraße 1 reichen zurück in das Jahr 1888.

Am 6. September jenes Jahres stellte die Bocholter Faerberei & Druckerei Diepenbrock & Co. das „Gesuch um polizeiliche Bauerlaubnis“ eines erweiternden eingeschossigen Websaals mit typischem Sheddach. Der geplante Bau zwischen Aa-Strang, bestehendem Fabrikgelände Diepenbrock, Industriestraße und Schienenstrang Winterswijk-Bocholt kam jedoch nie zustande.

1892 wurde besagte Firma Diepenbrock in die Aktiengesellschaft für Baumwoll-Industrie überführt, die diesen Plan ab 1897 in einer abgeänderten Form als sog. Hochbau wieder vorantrieb. Als Anbau an das bereits bestehende „Lagergebäude mit Comptoir [Büro]“ sollte sich das neue Spinnereigebäude über vier Etagen erstrecken. Im Keller waren die Vorbereitung sowie der Garn- und Staubkeller vorgesehen. Im ungeteilten Erdgeschoss sollten 36 Krempelmaschinen und in den beiden hallenartigen Obergeschossen jeweils 14 Spinnmaschinen, sog. Selfaktors, aufgestellt werden. Mit Vorbehalt einiger Auflagen im Bereich Brand- und Arbeitsschutz sowie Arbeitshygiene, wie beispielsweise weiterer geschlechtergetrennter „Abortschaften“ sowie Wasch- und Umkleideräumen mitsamt mehrerer „Douchebäder“, erfolgte die Genehmigung durch die städtische Baukommission am 14. Juli 1897. Einen Monat später begannen die Bauarbeiten, die mit der baupolizeilichen Abnahme des Rohbaus im Mai 1898 ihren Höhepunkt fanden. Ab August erfolgte der Bau des 45 m hohen Fabrikschornsteines, der mitsamt des neuen repräsentativen Spinnereigebäudes im Dezember 1898 mit 33 männlichen, 20 weiblichen und sechs jugendlichen Arbeitern den Betrieb aufnahm. Als imposantes Beispiel der damaligen Industriearchitektur prägte der Hochbau fortan die Bahnhofsgegend, wie die abgebildete Postkarte um 1910 illustriert.

Nach vielen weiteren An- und Umbauten sowie einer Gleisanbindung im Jahre 1905 führten finanzielle Engpässe dazu, dass die Betriebsstätte im Ersten Weltkrieg an unterschiedliche Firmen vermietet wurde. 1934 ging die Aktiengesellschaft für Baumwollindustrie endgültig in Konkurs. Im selben Jahr erwarb Carl Herding das Gelände, unter dessen Name es noch bis heute bekannt ist. Nach umfassenden Sanierungsarbeiten eröffnete in diesem Industriedenkmal das neue Kulturzentrum der Stadt Bocholt, das LernWerk, 2024 seine Pforten.

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