Jahresempfang kath. Stadtkirche 2024 mit Oberbürgermeister Sören Link (Foto: © Bartosz Galus)
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Duisburg. Ernste Besorgnis klingt aus den Fragestellungen, die Stadtdechant Andreas Brocke und Katholikenratsvorsitzender Daniel Wörmann am vergangenen Dienstag zum Thema des diesjährigen Jahresempfangs der Katholischen Kirche Duisburg gemacht hatten: „Ende der Willkommenskultur? Wird Menschenfeindlichkeit (wieder) salonfähig?“ Beide Fragen musste Festrednerin Susanne Bücken am Ende ihres Vortrags mit großem Bedauern mit „Ja“ beantworten.

Andreas Brocke freute sich, in der St. Joseph Kirche am Dellplatz so viele Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung sowie aus anderen Religionen, Verbänden und Pfarreien begrüßen zu können. „Die Begegnung und die Möglichkeit, sich auszutauschen sind eigentlich immer das Beste am Jahresempfang“, sagte er. Daniel Wörmann führte die Gäste anschließend ins Thema ein. „Uns darf nicht egal sein, dass es in Thüringen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Mehrheit für einen faschistischen Spitzenkandidaten gibt“, argumentierte er leidenschaftlich. Dass sich scheinbar ein Teil der Mitte der Gesellschaft von der Demokratie distanziere, könne man nicht tatenlos hinnehmen. Ein Ende der Willkommenskultur dürfe man als Christ auch in Erinnerung an 22 000 tote Syrer im Jahr 2015 nicht akzeptieren.

In seinem Grußwort betonte Oberbürgermeister Sören Link, dass er sich bei den Herausforderungen der letzten Jahre auf die Mitarbeit kirchlicher Akteurinnen und Akteure immer verlassen konnte. „Die Stadtgesellschaft war da und hat das Merkel-Wort: „Wir schaffen das!“ mit Leben gefüllt,“ sagte er anerkennend und erinnerte daran, das Duisburg allein über 10 000 Geflüchtete untergebracht habe. Und dass inzwischen insgesamt 700 Ukrainerinnen und Ukrainer hier Schutz gesucht und gefunden haben.

Als Festrednerin des Jahresempfangs hatte man in diesem Jahr Sozialpädagogin Susanne Bücken gewinnen können. Sie ist Geschäftsführerin vom Café Zuflucht in Aachen und Referentin für politische Bildung mit den Schwerpunkten Rassismuskritik und Flucht. In ihrem dichten, gut belegten Vortrag wies sie auf die aktuellen Zahlen hin. „Im Juni diesen Jahres waren nach offizieller Schätzung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen einhundertzwanzig Millionen Menschen weltweit auf der Flucht“, sagte sie. Dem stellte sie Forderungen wie eine Aussetzung den Asylrechts und die Einstellung von Sozialleistungen für Ausreisepflichtige gegenüber, mit denen Politiker aller Parteien in letzter Zeit die deutsche Öffentlichkeit gesucht hätten. Solche Forderungen seien mit der Genfer Flüchtlingskonvention schlicht nicht vereinbar. Auch dass nach NRW-Haushaltsentwurf die 14 Stellen für unbegleitete jugendliche Geflüchtete ersatzlos entfallen sollen, führte sie als Negativbeispiel an. Ebenso das neue Gesetz zur Verbesserung der Rückführung, das im Januar 2024 beschlossen worden ist.

Ihr Fazit: „Wir erleben gerade eine rechtspopulistische Verschärfung in einem unfassbaren Zeitraffer, die Willkommenskultur wird zunehmend angegriffen und beschädigt, Menschenfeindlichkeit ist in Deutschland ausdrücklich salonfähig.“ Ihr Appell an die Gäste: „Setzen Sie sich mit ihren Möglichkeiten in Politik und Medien dafür ein, dass Geflüchtete bei uns nicht rechtlos gemacht werden.”

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