Linda Busch (Foto: Stadt Ahaus)
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Ahaus. Linda Busch ist seit einigen Wochen die neue Archivarin im Rathaus. Die 34-jährige hat nach ihrer Ausbildung zur Stuckateurin in Bochum und Köln Archäologische Wissenschaften und Kunstgeschichte studiert. Sie war dann im Kreisarchiv Borken, das im kult Westmünsterland untergebracht ist, tätig. Wir stellen die gebürtige Ahauserin in einem Interview vor.

Wie wird man Archivarin und warum?

Linda Busch: Mein Interesse für Geschichte und historische Bauwerke war schon immer vorhanden. Während des Studiums habe ich viel Zeit mit Recherchearbeit in Archiven verbracht. Die Arbeit mit den unterschiedlichen Archivaliengattungen (Akten, Bauzeichnungen, Fotos uvm.), das Entziffern alter Handschriften, der Austausch mit den Archivnutzenden, die das Archiv mit den unterschiedlichsten Forschungsthemen/ Fragestellungen aufsuchen, haben mein Interesse an der Archivarbeit geweckt.

Warum ist Ahaus für Sie interessant?

Linda Busch: Ich bin in Ahaus aufgewachsen und in der Stadt und auch in der gesamten Region stark verwurzelt – eine echte „Paolbörgerin“ sozusagen. Ahaus ist eine tolle Stadt mit einem vielfältigen Kulturprogramm und einer interessanten Innenstadt. Ich freue mich auf die neuen Aufgaben und bin auch ein bisschen stolz, dass ich heute die Archivarin meiner Heimatstadt sein darf.

Was sind die Aufgaben einer Archivarin? Wie sieht ein klassischer Tag aus – wenn es den denn gibt?

Linda Busch: Den klassischen Arbeitstag im Archiv gibt es nicht. Jeder Tag bietet neue Herausforderungen und es gibt jeden Tag etwas Neues zu entdecken, das macht den Beruf auch so abwechslungsreich und spannend! Zu meinen Aufgaben gehört die Übernahme von Unterlagen in analoger und digitaler Form aus den verschiedenen Bereichen der Verwaltung. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist werden diese fachgerecht verpackt, inhaltlich erschlossen und den Archivnutzern für die Forschung zur Verfügung gestellt. Aber auch die Übernahme von nicht-amtlichen Überlieferungen (Archive/Sammlungen von Vereinen, Verbänden, Firmen, Ahauser Persönlichkeiten…) gehört zu meinen Aufgaben. Ich kümmere mich um die Bestandserhaltung, das heißt: die Archivalien vor Feuchtigkeit, Verschmutzung und Schädlingen schützen, Beschädigte und sehr empfindliche Dokumente digitalisieren. Außerdem unterstütze ich (Schul-) Projekte, bin in den Aufbau eines digitalen Langzeitarchivs und eines Notfallplans für das Stadtarchiv eingebunden. Selbstverständlich bearbeite ich auch Anfragen, die von den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und von Privatpersonen oder Vereinen kommen.

Zwischen verstaubten Büchern und alten Akten im Keller arbeiten – wie sieht denn der Arbeitsplatz als Archivarin aus?

Linda Busch: Ich werde oft gefragt, ob es nicht deprimierend und auch langweilig ist, so abgeschottet in einem dunklen Keller zu arbeiten…In manchen Archiven mag das noch der Fall sein, aber ich habe zum Glück ein großes, Licht durchflutetes Büro im ersten Obergeschoss und eine Kollegin nebenan, mit der ich mich austauschen kann. Natürlich verbringe ich auch Zeit im Archivmagazin im Keller – aber gerade diese Abwechslung macht meinen Arbeitsplatz für mich so interessant.

Wo können Sie Bürgerinnen und Bürger unterstützen bzw. mit welchen Anliegen können sie auf das Archiv zukommen?

Linda Busch: Ich bin Ansprechpartnerin für diverse Forschungsthemen, die die Stadt Ahaus betreffen: z. B. Familienforschung, Fotoaufnahmen, Recherche in Zeitungen, umfangreiche Archivbibliothek. Und ich freue mich immer über das Angebot, private „Archiv-Schätze“ zu sichten.

Wird eigentlich wirklich alles aufgehoben? Bzw. was muss aufgehoben werden und warum?

Linda Busch: Nein, es kann und darf auch nicht alles aufbewahrt werden. Zunächst werden alle Unterlagen, die für den laufenden Verwaltungsbetrieb nicht mehr benötigt werden, aber noch eine Aufbewahrungsfrist haben, im Zwischenarchiv gelagert. Ist die Frist (meist zehn Jahre) abgelaufen, werden die Akten auf ihre Archivwürdigkeit geprüft. Sind die Unterlagen z.B. von bleibendem Wert für Wissenschaft und Forschung, historisch-politische Bildung, Gesetzgebung oder Rechtsprechung, werden sie ins Archiv übernommen. So müssen Unterlagen aus dem Standesamt z.B. aufbewahrt werden, andere müssen nach bestimmter Frist vernichtet werden, wie z.B. Anträge auf Sozialhilfe. Die Archivierung von amtlichen Unterlagen macht Verwaltungshandeln nachvollziehbar und dokumentiert einen Großteil des gesellschaftlichen Lebens in Ahaus

Wie steht es mit der Digitalisierung in der Archivarbeit?

Linda Busch: Besonders gefährdete und häufig nachgefragte Archivalien (z.B. Zeitungen, Fotos) sollen sukzessive digitalisiert werden. Der Aufbau eines Digitalen Langzeitarchiv für die Stadt Ahaus ist großes Thema und die wohl größte Herausforderung in der Archivarbeit.

Vielen Dank für das Interview!

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