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Duisburg/Kreis Wesel. Unsichere Jobs sind meist Frauensache: In Duisburg arbeiteten Ende letzten Jahres rund 53.000 Frauen und 61.400 Frauen im Kreis Wesel in Teilzeit, Mini-Job oder Leiharbeit. Damit machten sie 63 Prozent in Duisburg bzw. 70 Prozent im Kreis Wesel der „atypischen Beschäftigung“ aus, wie eine gleichnamige Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. In ganz NRW waren demnach knapp 2,5 Millionen Frauen atypisch beschäftigt. Das teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit und warnt zugleich vor einer zunehmenden Altersarmut für Frauen: „Prekäre Jobs führen zu niedrigeren Rentenansprüchen.“ Dabei seien Zeiten der Schwangerschaft oder Kindererziehung noch nicht einmal berücksichtigt.  

„Wenn Politik und Wirtschaft nichts unternehmen, dann werden Frauen bei der Rente immer öfter zu Verliererinnen“, sagt Friedhelm Bierkant, Bezirkschef der IG BAU Duisburg-Niederrhein. Besonders besorgniserregend sei der Trend, dass Teilzeit immer mehr zum Normalarbeitsverhältnis für Frauen werde. So gab es nach Angaben der Böckler-Studie in Duisburg zuletzt 28.639 Teilzeit-Arbeiterinnen – 45 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Demgegenüber haben Ende letzten Jahres nur 7.916 Männer in Teilzeit gearbeitet. Außerdem waren mit insgesamt 22.400 Mini-Jobberinnen 60 Prozent aller geringfügig Beschäftigten in der Stadt weiblich. Im Kreis Wesel sind die Angaben der Böckler-Studie sogar noch höher: Zuletzt 30.102 Teilzeit-Arbeiterinnen – 71 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Ende letzten Jahres haben nur 5.613 Männer im Kreis Wesel in Teilzeit gearbeitet. Zudem waren mit insgesamt 30.424 Mini-Jobberinnen 63 Prozent aller geringfügig Beschäftigten im Kreis weiblich.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Rentendebatte fordert die IG BAU, die Situation der Frauen stärker in den Blick zu nehmen. „Gerade in der Gebäudereinigung, im Gartenbau und in der Floristik bekommen sie kaum Vollzeitstellen, sondern Teilzeit- oder Mini-Jobs. Die Folge ist, dass Frauen trotz jahrzehntelanger Arbeit im Alter zum Sozialamt gehen müssen“, so Gewerkschafter Bierkant. Zudem fehlten Frauen wegen Erwerbsunterbrechungen häufig mehrere Jahre an Rentenbeiträgen. Und auch nach einer Scheidung stünden viele Frauen mit leeren Händen – aber oft mit dem alleinigen Sorgerecht – da. 

„Die Folge davon ist eine weiter zunehmende Altersarmut bei Frauen“, ist Friedhelm Bierkant sicher. Unternehmen und Politik müssten deshalb gleichermaßen gegensteuern. „Statt Frauen nur für wenige Wochenstunden einzustellen, sollten Firmen vollwertige Jobs schaffen – für Frauen und Männer“. Weniger zu arbeiten, müsse eine individuelle Entscheidung sein und kein Zwang. Für Reinigungskräfte sei Vollzeit mittlerweile fast eine Seltenheit, obwohl sich das viele Beschäftigte wünschten.

Eine zentrale Voraussetzung für höhere Renten sei natürlich die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, so der Gewerkschafter. Mittlerweile habe die Politik die Bedeutung von „Equal Pay“ erkannt und ein Lohngerechtigkeitsgesetz auf den Weg gebracht. Bierkant spricht von einem „Schritt in die richtige Richtung“, kritisiert jedoch, dass Beschäftigte erst in Betrieben ab 200 Mitarbeitern einen Auskunftsanspruch über die Bezahlung der Belegschaft haben. Damit greife das geplante Gesetz nur in Teilen des Handwerks und der Reinigungsbranche.

Eine entscheidende Maßnahme wäre es, so die IG BAU, Phasen der Erwerbslosigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuwerten. Friedhelm Bierkant: „Zeiten der Schwangerschaft und Erziehung müssen endlich anerkannt werden – zum Beispiel durch Extra-Rentenpunkte.“

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