Mülheim. Mit völligem Unverständnis reagiert der planungspolitische Sprecher der BAMH-Fraktion, Jochen Hartmann, auf die Presseveröffentlichungen in Sachen Bebauung des Lindgens-Geländes. “Das ist doch ein Filetgrundstück, praktisch das Tor nach Saarn. Sonst ist der Planungsdezernent mit der Erteilung von Abriss- oder Baugenehmigungen immer schnell bei der Hand und betätigt sich als Vertreter einer „Kurz-und Klein GmbH.” Hartmann erinnert beispielhaft an den Abriss einer Fabrikantenvilla und die Bebauung an der Mendenerstraße bzw. dem Aubergweg.
Hartmann kritisiert auch den Oberbürgermeister Ulrich Scholten, denn in einer solch wichtigen Angelegenheit kann man die Dinge nicht treiben lassen. Da müsse man sich frühzeitig einschalten, wenn es hakt. „Schon aufgrund der parteilichen Verbundenheit zum Geschäftsführer des MWB, Frank Esser, dürfte er seit langem von den Problemen Kenntnis haben.“
Dass eine Gesellschaft wie die SMW nun zur ultima ratio greifen und Untätigkeitsklage erheben müsse, sei kein Ausweis für Spitzenleistungen des Planungsdezernenten. Eine Klage in einem solchen Falle deute immer auf Unwilligkeit oder Blockade hin. Die BAMH-Fraktion erwarte nun, dass die Sache im Gespräch mit dem OB “abschlussreif” gemacht werde.
Besorgt zeigt sich auch die SPD-Fraktion über die aktuelle Entwicklung. „Wenn der Investor offenkundig keinen anderen Weg mehr sieht, als auf dem Rechtsweg die Stadt zu einer weiteren Bearbeitung des Projektes anzuhalten, ist das ein fatales Signal für den Wohn- und Wirtschaftsstandort Mülheim an der Ruhr“, äußert sich der Vorsitzende des Planungsausschusses Dieter Wiechering (SPD) zur angekündigten Klage der Gesellschaft SMW.
Die Bedeutung des Projektes für den Wohnungsmarkt betont Claus Schindler, planungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: „Das Grundstück der ehemaligen Lederfabrik ist eine der wenigen größeren Flächen in unserer Stadt, die noch für umfangreichere Wohnbaumaßnahmen zur Verfügung stehen. Umso wichtiger ist es, dass die dort geplanten Wohnungen auch realisiert werden. Da SMW angekündigt hat, zum Teil auch öffentliche Fördermittel hierfür zu beantragen, würde dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ebenfalls Rechnung getragen.“
Wiechering und Schindler appellieren an alle Beteiligten, konstruktiv an die Probleme heranzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden. Das betreffe insbesondere die Denkmalschutzproblematik, wo nach Ansicht der SPD bereits ein akzeptabler Vorschlag des Investors vorliege. „Auch bei der verkehrlichen Erschließung muss ein Lösungsvorschlag seitens der Verwaltung möglich sein. Wir werden daher in der nächsten Planungsausschusssitzung einen aktuellen Sachstandsbericht einfordern“, so die Ankündigung der SPD-Planungspolitiker.
Die Grünen rufen die Beteiligten in Sachen Entwicklung Lindgens-Gelände zu konstruktivem Vorgehen auf. „Das Projekt ist zu wichtig“, stellt ihr stadtentwicklungspolitischer Sprecher Hermann Stollen klar, „als dass man es zerreden sollte. Mülheim braucht diesen möglicherweise auf das Ibing-Areal ausstrahlenden städtebaulichen Impuls jetzt und nicht erst in vielen Jahren.“ Die Kontrahenten sollten persönliche Befindlichkeiten deshalb professionell in den Hintergrund treten lassen. Die Initiative des OB, die Beteiligten an einen Tisch zu bringen, sei eine neue Chance.
Dass es in punkto künftigem Verkehrsaufkommen und Zukunft des Kesselgebäudes noch Klärungsbedarf gebe, verneint Fraktionssprecher Tim Giesbert nicht. „Wir brauchen möglichst umgehend belastbares Zahlenmaterial zur verkehrlichen Mehrbelastung und eine fachliche Expertise über den Zustand des Gebäudes. Darauf basierend sollte eine Einigung bei gutem Willen möglich sein. Die wiederum wäre eine angemessene Basis für politische Beschlüsse.“
Der jetzige Zustand mit einem laufenden Klageverfahren, sind sich Giesbert und Stollen einig, schade sowohl der Stadt, der SMW als Investorin und dem Projekt selbst.