Duisburg. Wenn am kommenden Sonntag der Sprengmeister auf den Zündknopf drückt und Sekunden später der „Weiße Riese“ in sich zusammenfällt, dann wird Pfarrer Thorsten Hendricks am Fenster des Pfarrhauses stehen. „Von hier sieht man alles“, sagt er und deutet auf das Hochhausgerippe, das hinter dem noch winterkahlen Baum zu sehen ist. Noch ragt der entkernte Bau 60 Meter in den Himmel von Duisburg-Hochheide.
Das Hochhaus ist für Hendricks mit vielen Erinnerungen verbunden. „Ich muss immer an den Hochhäusern vorbei, wenn ich von Liebfrauen nach St. Peter fahre“, sagt er, „das ist schon ein prägender Eindruck.“ In der Hochhaussiedlung hat er selbst oft den Pfarrbrief verteilt und Mitglieder seiner Pfarrei besucht. „Mit dem Aufzug ging es in den 18. Stock, das war schon eine tolle Aussicht. Aber dann gab es auch Gespräche mitten im Sommer, bei 35 Grad Raumtemperatur. Die Hochhäuser wurden ja auch spöttisch als größter Taubenschlag Europas bezeichnet.
Der Pfarrer weiß: „Für viele Menschen war der Bau in den 1970er-Jahren fast wie eine neue Welt. Keine Kohleheizung mehr, großzügig geschnittene Wohnungen mit Tiefgarage und Aufzug. Doch schon wenige Jahre später stagnierte die Aufbruchssituation – Kriminalität, Vandalismus und Korruption prägten die lang ersehnte Hochhaussiedlung.“ Hendricks hat deshalb gemischte Gefühle, wenn er aus dem Fenster auf den „Riesen“ blickt. Nachdenklich sagt er: „Nun geht für viele Hochheider und Homberger ein Wunsch in Erfüllung. Die Sprengung ist für sie ein erstes Zeichen für einen Neuanfang und eine Neuorientierung.“
Wegen der Sprengung des „Weißen Riesen“ ist der Sonntagsgottesdienst in der Liebfrauenkirche von 12 Uhr auf 9 Uhr vorverlegt worden, damit die Menschen rechtzeitig sicher nach Hause kommen.