Die Ermittlungen der Kriminalisten wurden akribisch durchgeführt und füllten ganze Ordner (Foto: Polizei Oberhausen)
Anzeigen

Oberhausen. In langwieriger Ermittlungsarbeit überführten die Kriminalisten des KK 21 in Oberhausen ein betrügerisches Ehepaar. Dabei ging es zunächst lediglich um einen anonymen Brief, den Verdacht der Urkundenfälschung und sehr viel Geld. Als sie ihre Arbeit aufnahmen, erahnten sie noch nicht die Ausmaße des Falls.

Alles begann mit einem anonymen Brief, der im April 2017 in den Hausbriefkasten des Jobcenters Oberhausen und in den Briefkasten der Gesamtschule Osterfeld eingeworfen wurde. Der Vorwurf, der im Raum stand: schwerer Betrug und Urkundenfälschung in mehreren Hundert Fällen gegen die Betreiber einer Lernwerkstatt (Nachhilfe) in Oberhausen.

Die Leitung des Jobcenters erstattete daraufhin Anzeige bei der Polizei. Zeitgleich ging auch die Anzeige des Schulleiters der Gesamtschule wegen Urkundenfälschung bei der Polizei ein. Im Laufe der Ermittlungen, die im Mai begannen und aufgrund des Umfangs erst im November 2017 abgeschlossen werden konnten, fanden die Ermittler heraus, wie die Betreiber der Nachhilfe Anträge durch widerrechtliches Hinzufügen weiterer Fächer regelmäßig und systematisch manipulierte und dadurch die Kosten für die staatlichen Stellen, insbesondere des Jobcenters Oberhausen, erheblich in die Höhe trieb.

Fälschungen im großen Stil

Dabei nutzten die 73-jährige Frau und ihr 75-jähriger Ehemann unterschiedliche Vorgehensweisen, um illegal an das Geld zu kommen. Seit dem Jahr 2012 bis April 2017 fälschten sie Anträge auf Lern-förderung, die vom Jobcenter für Schüler bezahlt werden, deren Familien Sozialleistungen beziehen. Zahlungsvoraussetzung ist auch, dass die jeweilige Schule diesen Bedarf für Nachhilfemaß-nahmen bestätigt. Das Ehepaar fälschte deshalb sowohl Lehrerunterschriften als auch Schulstempel, um sich zum Nachteil des Jobcenters Oberhausen zu bereichern. Durch 163 Totalfälschungen von Anträgen auf Lernförderung und weiterhin dadurch, dass sie zahlreichen Fällen nachträglich und unzutreffend das Fach “Englisch” hinzufügten, erlangten sie rechtswidrig eine Summe von 252.335,50 Euro. Die Familien der Kinder ahnten hiervon nichts.

Die Summen wurden immer höher

Eine weitere Masche des betrügerischen Pärchens war es, auf bereits genehmigten Anträgen nachträglich noch weitere Fächer hinzuzufügen, in denen Kinder angeblich Nachhilfe bräuchten. Die Familien der Kinder ahnten hiervon ebenfalls nichts, denn die 73-jährige übergab die Anträge persönlich dem Jobcenter Oberhausen. Auffällig ist die Steigerung der Zahlungen, obwohl die Schü-lerzahlen und die Anzahl der Nachhilfelehrer laut Zeugenaussagen in der Zeit von 2013 bis 2017 annähernd konstant blieb. Erhielt die Lernwerkstatt im Jahr 2013 noch ca. 94.000 Euro, so waren es im Jahr 2014 schon ca. 162.000 Euro, im Jahr 2015 sogar circa 210.000 Euro und im Jahr 2016 circa 217.000 Euro.

460 Anträge waren gefälscht

Das nun verurteilte Ehepaar war im Besitz von mindestens fünf Stempeln, die für die Urkundenfälschungen auf Lernförderanträgen verwendet wurden. Zur Berechnung eines Gesamtschadens wurden alle dem Jobcenter Oberhausen vorliegenden Anträge auf Lernförderung angefordert, die im tatrelevanten Zeitraum dort eingereicht wurden. Für jeden einzelnen Nachhilfeschüler wurde von den Kriminalisten eine Fallakte erstellt, in welcher die Anträge auf Fälschungsmerkmale untersucht wurden. Das Ergebnis war eindeutig. Von 158 berechneten Nachhilfeschülern wurden 460 Anträge gefälscht. Die Gesamtsumme der unrechtmäßig vom Jobcenter erhaltenen Beträge belief sich auf 438.020 Euro. Tatsächlich wurden bei der Durchsuchungsmaßnahme gegen die Beschuldigten 450.000 Euro Bargeld gefunden und sichergestellt.

Einkommensverkürzung auf Kosten der Lehrer

Ein weiterer Vorwurf, dem sich das Ehepaar in der Verhandlung stellen musste, war die Einkommensverkürzung durch Angabe von überhöhten Betriebsausgaben. Die von den beschuldigten Eheleuten verbuchten “Honorarzahlungen” an die Nachhilfelehrer stimmen offensichtlich nicht mit den tatsächlich an die Nachhilfelehrer ausgezahlten Beträgen überein. Sämtliche Zeugen, die als Nachhilfelehrer für das Ehepaar arbeiteten, gaben an, dass die ihnen vorgelegten Honorarquittungen entweder nicht von ihnen unterschrieben waren oder blanko unterschrieben und der Betrag offenbar nachträglich und zu hoch beziffert, ergänzt worden war.

Geständnisse abgelegt

Die Angeklagten haben vor dem Amtsgericht Oberhausen in allen Anklagevorwürfen ein Geständnis abgelegt. Beide sind nicht vorbestraft. Das Urteil für die Ehefrau lautete auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Ehemann erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Das sichergestellte Geld, das die Beamten bei der Durchsuchung gefunden haben, wird im Rahmen der Vermögensabschöpfung in Höhe der Schadenssumme dem Jobcenter Oberhausen zugeführt. (ots)

Beitrag drucken
Anzeige