Bernd Reuther MdB (Foto: Maike Maier)
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Kreis Viersen/Kreis Wesel/Duisburg/ Mülheim/Oberhausen. Nur einen Tag nach seinem Amtsantritt hat Thomas Kemmerich am Mittag angekündigt, als Ministerpräsident in Thüringen zurückzutreten und den Weg für mögliche Neuwahlen frei zumachen. Nicht nur auf bundespolitischer Ebene wurden heftig die Ereignisse des Vortags in Erfurt, bei denen Kemmerich im dritten Wahlgang mit Stimmen seiner FDP, der CDU und der AfD überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, kritisiert.

An Rhein und Ruhr forderten vorwiegend Grüne und sozialdemokratische Verbände klare Aussagen der lokalen FDP-Mandatsträger zu den Vorgängen und teilweise Distanzierungen zu den Glückwünschen vom Vortag an Thomas Kemmerich. In Duisburg riefen sogar der DGB mit Unterstützung des SPD-Unterbezirks und dem Oberbürgermeister Sören Link zu einer Kundgebung vor dem DGB-Haus und einem anschließenden Zug zur Duisburger FDP-Zentrale in der Köhnenstraße für ein deutliches Signal auf. LokalKlick bat um Stellungnahmen der in Pressemitteilungen und Offenen Briefen angesprochenen FDP-Ortsverbände und Mandatsträger. Antworten gab es von dem Weseler FDP-Bundestagsabgeordneten Bernd Reuther, dem Mülheimer FDP-Kreisvorsitzenden Christian Mangen MdL und Wolfgang Lochner, dem Vorsitzenden der FDP im Kreis Viersen. Thomas Wolters merkte zunächst für den FDP-Kreisverband Duisburg an, dass sie nicht beabsichtigen, sich “zu Dingen zu äußern, die im Landtag von Thüringen passieren. Wir sind eine Untergliederung der Freien Demokraten, die sich gerne und ausschließlich für die Belange und Themen unserer Stadt einsetzt.” Am Abend sendete Thomas Wolters einen aktuellen Beschluss des Kreisvorstandes zu (s.u.). Zu der Kritik der Oberhausener Grünen “Besonders bedenklich sind aktuelle Äußerungen des FDP Kreisvorsitzenden Müller-Böhm, der seinem Parteifreund zur Wahl auch noch gratuliert.” gab es bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Antwort von dem angeschriebenen stellv. Vorsitzenden und Pressesprecher.

Noch kurz bevor Thomas Kemmerich seinen Rückzug mitteilte, reagierte Christian Mangen MdL: “Die Freien Demokraten treten für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein. Sie stehen für Chancengerechtigkeit, gegen Diskriminierung und die Möglichkeit zur Emanzipation, damit jeder sein Leben nach der eigenen Vorstellung leben kann. Die Höcke-AfD bekämpft eine solche Gesellschaft, weshalb eine Zusammenarbeit nicht in Betracht kommt. Die Mülheimer Freien Demokraten schließen sich den Erklärungen vom FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner und FDP-Landesvorsitzenden Dr. Joachim Stamp ausdrücklich an. Thomas Kemmerich wollte eine Wahloption für die demokratische Mitte sein, ist damit aber klar gescheitert. Er hätte das Amt nicht annehmen dürfen, als klar war, dass er mit den Stimmen der AfD gewählt worden ist. Er muss sein Amt jetzt niederlegen und den Weg für Neuwahlen frei machen.”

Christian Mangen MdL (Foto: privat)

 

Ähnlich klar fiel die Stellungnahme aus dem Kreis Viersen vom FDP-Kreisvorsitzenden Wolfgang Lochner aus: “Die Wahl des FDP-Landtagsabgeordneten Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen ist sowohl für die Demokratie als auch für unsere FDP ein Desaster!

Die Thüringer FDP ist im 90-köpfigen Landtag die kleinste Fraktion. DIE LINKE mit ihrem bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow wurde mit 31 % als größte Fraktion mit 29 Sitzen in den Landtag gewählt, und nach Umfragen wünschten sich ca. drei Viertel aller Thüringer Bürgerinnen und Bürger über die Parteigrenzen hinweg, dass Bodo Ramelow als Ministerpräsident im Amt bleibt. Dass sich dennoch jetzt Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen, ist somit ein Schlag gegen demokratische Grundregeln und gegen den erkennbaren Willen der Wählerinnen und Wähler.

Verschlimmert wird dies zudem durch die Tatsache, dass die Wahl nur mit Hilfe der trickreichen Machenschaften der AfD mit ihrem rechtsradikalen Führer Björn Höcke zustande gekommen ist, da im 3. Wahlgang der von ihr vorgeschlagene Kandidat keine einzige Stimme erhalten hat. Diese „miese Taktik“ der AfD war mithin so offensichtlich, dass dies auch für die Thüringer FDP und CDU erkennbar sein musste.

Deshalb stimme ich mit der festen Überzeugung meines FDP-Landesvorsitzenden Dr. Joachim Stamp, MdL, überein: „Es kann keinen liberalen Ministerpräsidenten geben, der von der AfD ins Amt gewählt wird. Ich bin mir sicher, dass dies auch die feste Überzeugung aller wahrhaften und verantwortlichen Freidemokraten sein muss: dass unmissverständlich klar ist und weiter sein muss, dass es kein Zusammenwirken jedweder Art mit der AfD geben darf!“

Deshalb gibt es nur folgende Konsequenzen:

Um weiteren Schaden von der Demokratie und auch von der FDP abzuwenden, muss Thomas Kemmerich sofort als Ministerpräsident zurücktreten und den Weg für Neuwahlen freimachen, zumal nach den gestrigen Vorkommnissen Mehrheiten für eine FDP-geführte Landesregierung undenkbar sind. Anderenfalls müsste die Bundes-FDP auch parteiinterne Sanktionen wegen parteischädigenden Verhaltens in Betracht ziehen.”

Wolfgang Lochner, FDP-Kreis Viersen (Foto: privat)

 

Bernd Reuther MdB aus dem Kreis Wesel befürwortet sowohl den heutigen Entschluss Kemmerichs als auch seine gestrige Kandidatur: „Ich begrüße die Entscheidung von Thomas Kemmerich und den Thüringer Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich. Diese haben nun innerhalb von 24 Stunden nach der Wahl die Weichen für Neuwahlen gesetzt. Ich fordere die CDU nun auf dieses Vorhaben zu unterstützen und nicht weiter zu blockieren. Ich finde die Kandidatur von Thomas Kemmerich nach wie vor richtig. Nahezu unerträglich empfinde ich es nämlich, wenn es nur die Wahl zwischen einem Kandidaten der Linken und einem Kandidaten der AfD gibt. Er hätte die Wahl allerdings nicht annehmen dürfen als klar war, das er nur mit Hilfe der Stimmen der AfD ins Amt gewählt worden ist.“

 

Der Duisburger FDP-Kreisvorstand: v.l. der stellv. Vorsitzende Dirk Schlenke, Schriftführer Oliver Alefs, Kreisvorsitzender Thomas Wolters und der stellv. Vorsitzende Carlos A. Gebauer (Foto: privat)

Beschluss des FDP-Kreisvorstands Duisburg vom 6. Februar 2020

In Ergänzung zu der Erklärung unseres Bundesvorsitzenden Christian Lindner vom 6.2.2020 stellen wir klar: Die FDP Duisburg nimmt die Ereignisse um die Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten Thüringens zum Anlass, den Deutschen Bundestag und insbesondere die dortige FDP-Fraktion aufzufordern, endlich ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten.

Die Duisburger FDP hat sich schon in der Vergangenheit stets konsequent gegen politischen Rechtspopulismus und Faschismus positioniert.

Die Schmierereien vor dem Geschäftslokal der FDP verstehen wir als Provokation. Wir weigern uns, anzunehmen, dass deren Urheber aus einer demokratischen Partei kommen.

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