Eine Pflegekraft der Johanniter-Unfall-Hilfe auf dem Weg zu einem Pflegekunden (Foto: obs/Johanniter Unfall Hilfe e.V./Christina Opeldus)
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Berlin/Moers/Kreis Wesel. Für ihren besonderen Einsatz in der Altenpflege unter Corona-Bedingungen sollen Beschäftigte eine Sonderzahlung erhalten. Die Johanniter in der Bundesrepublik sprechen sich in der aktuellen Diskussion gegen einen Arbeitgeberanteil für Sozialunternehmen aus. Ähnlich argumentieren auch Ibrahim Yetim, Präsident und Jochen Gottke, Vorstandsvorsitzender des AWO Kreisverband Wesel in einem gemeinsamen Schreiben an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Der aktuelle Vorschlag der Bundesregierung lautet, dass zwei Drittel dieser Sonderzahlungen über die Pflegeversicherung finanziert werden sollen. Um den bereits festgelegten steuer- und sozialversicherungsabgabenfreien Betrag in Höhe von maximal 1.500 Euro pro Beschäftigtem möglichst voll auszuschöpfen, sollen die Bundesländer und die Arbeitgeber das letzte Drittel gemeinsam aufbringen.

Dazu sagt Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe: “Wir erleben hautnah die gesellschaftliche Bedeutung von Menschen in systemrelevanten Berufen. Zu Recht wird daher über Sonderzahlungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Altenpflege debattiert. Jedoch ist der aktuelle Vorschlag, die Arbeitgeber anteilig an der Finanzierung der Sonderzahlung zu beteiligen, mit Blick auf die Sozialwirtschaft nicht realistisch. Gemeinnützige Träger verfügen aufgrund ihrer Rechtsform grundsätzlich nicht über geeignete Rücklagen und sind bereits jetzt durch Mehrbelastungen erheblich beschwert.”

Ein solcher Arbeitgeberanteil könne weder von gemeinnützigen Sozialunternehmen ausgezahlt, noch könnten solche Zahlungen in Zukunft erwirtschaftet werden. “Damit werde man der besonderen Bedeutung der Beschäftigten, die sie für die Bewältigung der Corona-Pandemie haben, nicht gerecht”, so Lüssem weiter. Die Johanniter plädieren deshalb für eine einheitliche Übernahme des letzten Drittels der Sonderzahlung durch die Bundesländer.

Volle Prämie für Pflegekräfte ist in Gefahr

Die geplante Prämie von bis zu 1500 Euro für Beschäftigte in der Pflege soll nach Plänen der zuständigen Bundesministerien zu einem Drittel von Pflegeeinrichtungen und Ländern finanziert werden. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert, dass zumindest für gemeinnützige Unternehmen der länderseitige Finanzierungsanteil der Prämie verpflichtend ist.

Dazu erklärten in einem gemeinsamen Schreiben von Ibrahim Yetim, Präsident und Jochen Gottke, Vorstandsvorsitzender des AWO Kreisverband Wesel an den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

„Die Pflege-Prämie ist ein starkes und wichtiges Signal. Denn die Pflegenden leisten immer schon und jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie eine ganz besonders wichtige und harte Arbeit. Die geplante Finanzierung der Prämie geht aber an der Realität vorbei: Zwei Drittel sollen die Pflegekassen tragen. Das letzte Drittel bleibt offen. Hier soll es zu Verhandlungen zwischen den Trägern und den Ländern kommen.

Der überwiegende Teil der freien Träger wird diese zusätzlichen Kosten nicht tragen können: Genau bei ihnen, wo zurzeit eine besonders harte Arbeit geleistet wird, fehlt schlicht das Geld, um das notwendige Drittel aufzustocken, wenn die Länder nicht eingreifen.

Träger und Pflegeanbieter sind derzeit stark von der Corona-Pandemie betroffen. Das gilt nicht nur für diejenigen, die in mehreren Hilfefeldern aktiv sind. Auch in der Altenpflege selbst brechen zunehmend Einnahmen weg: Die massiven Probleme reichen von der reduzierten Inanspruchnahme ambulanter Leistungen über die notwendige Schließung von Tagespflegeangeboten bis zu Aufnahmeverboten für stationäre Einrichtungen. Dazu kommen erhebliche Mehraufwendungen für Schutzmaßnahmen. Außerdem stoppen einige Kommunen teilweise ihre Zahlungen an die Träger, da diese selbst mit erheblichen Einbußen zu kämpfen haben.

Die abschließende und rechtssichere Refinanzierung muss außerdem vor Auszahlung der Prämie gesichert sein, um Planungssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.

Auch wenn in den Altenpflegeeinrichtungen der AWO im Kreis Wesel keine Corona-Verdachtsfälle bekannt sind, ist mit einem schnellen Ende der Krise nicht zu rechnen. Deshalb wäre gerade jetzt das Signal wichtig, um die Arbeitnehmer*innen für die kommenden Monate zu motivieren.“

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