Martin Alders (Foto: Axel Küppers)
Anzeigen

Kempen/Niederrhein. Seit drei Jahren haben sich die weltumspannenden Probleme dramatisch verschärft. Nach COVID-19 folgten weitere Attacken auf Mutter Erde und ihre Bewohner. Das bedroht die Menschheit elemen­tar und kommt einer Götterdämmerung gefährlich nahe. Wie geht man als mittelständischer Unternehmer mit dem Katastrophen-Szenario um? 10 Fragen an Martin Alders.

Herr Alders, Corona, Klimawandel, Inflation, Liefereng­pässe, Materialnot, Preisexplosion, Energieknappheit, Krieg in der Ukraine – muss ein Unternehmer in Mit­teleuropa da nicht den Kopf in den Sand stecken und kapitulieren?
Wir sind tatsächlich seit 2020 im verschärften Krisenmo­dus und haben eine Resilienz entwickelt. Mein Rezept ist Humor. Jeder der aufgezählten Problemherde kann einen Unternehmer zur Verzweiflung bringen. Aber wir müssen weitermachen und aus der Situation das Beste machen.

 

Nicht so einfach bei dem Krisenmarathon?

Für uns als Unternehmen ist es wichtig, dass wir wachsam sind und die Stellschrauben an der richtigen Stelle drehen. Dazu gehört beispielsweise, dass wir unabhängig sind und weiter auf Wachstum setzen. Wir konnten den Umsatz in den vergangenen zwölf Monaten tatsächlich steigern – trotz Krisen und Weltuntergangsstimmung.

 

Wie wird man unabhängig? In globalisierten Märkten schaut man doch in die Röhre, wenn die Chinesen dicht machen, die Russen den Gashahn abdrehen und der Suezkanal gesperrt ist.

Indem man sich wieder mehr auf die Produktion vor Ort konzentriert und auf Märkte setzt, die stabiler sind, zum Beispiel Nordamerika. Dadurch haben wir 90 Prozent Lie­fertreue erreicht. Wir und unsere Kunden sind bereit, dafür mehr zu bezahlen. Am Ende danken es unsere Kunden, indem wir zuverlässig sind. Außerdem haben wir unser La­ger weiter ausgebaut, so dass wir Engpässe eine Zeit lang kompensieren können. Unsere große Photovoltaik-Anlage auf dem Firmendach hilft uns, unseren Strom weitgehend selbst zu produzieren.

 

Wie sieht‘s mit Personal aus? Viele Betriebe suchen händeringend Fachkräfte?

Auch hier befinden wir uns nicht in einem Tal der Tränen. Bislang konnten wir alle Stellen qualitativ sehr hochwertig besetzen. Und wir haben – wie in jeder guten Mannschaft – die zentralen Positionen doppelt besetzt, so dass mög­liche Ausfälle ausgeglichen werden können. Natürlich muss man heutzutage auch etwas dafür tun, wenn man als Arbeitgeber attraktiv wahrgenommen werden will.

 

Blicken wir auf die Kunden: Wie halten Sie die bei Laune?

Service, Service, Service. Wir sagen selten: geht nicht. Wir suchen so lange nach Lösungen, bis der Kunde zufrieden ist. Persönlich, dynamisch, engagiert, termingerecht. Wer hier beim Personalaufwand spart, spart an der falschen Stelle.

 

In dieser schwierigen Zeit muss ein Unternehmen Rücklagen haben, um zu überleben…

In der Tat. Ich glaube, wer in den vergangenen Jahren gute Geschäfte gemacht hat und nicht in sein Unternehmen investiert bzw. das Geld im Unternehmen belassen hat, der wird große Probleme bekommen.

 

Mit anderen Worten: Sie rechnen mit einer Pleitewelle?

Ja, leider. Wie soll beispielsweise eine Ziegelei oder ein Backbetrieb die rasant gestiegenen Energiekosten auf­fangen? Bei ALDERS electronic sind wir gottlob nicht so extrem auf Gas und Strom angewiesen.

 

Wie sensibilisieren Sie Ihre Belegschaft auf die Erfor­dernisse von Energiekrise und Klimawandel?

Wir diskutieren drüber, jeder bringt Vorschläge ein, an welchen Enden wir sparen können: die Stehlampe bleibt aus, die Hände können auch kalt gewaschen werden, das zur Verfügung gestellte Dienstrad wird aktiviert, es werden keine Lebensmittel mehr weggeworfen, Pflanzen statt Asphalt im Firmengarten – und so weiter. Wir wollen als Unternehmer ein verändertes Konsumverhalten vorleben. Sparsamkeit und zurückhaltender Umgang mit Ressourcen sind das Gebot der Stunde.

 

Sie sind als Gründungsmitglied und Vorsitzender des Unternehmerkreis Kempen, UKK, ehrenamtlich in einem Wirtschaftsverband unterwegs, engagieren sich in Industrie- und Handelskammer sowie Unterneh­merschaft Niederrhein. Welchen Rat wollen Sie Ihren Unternehmer-Kolleginnen und -Kollegen mitgeben?

Think global, act local. Das heißt, wieder mehr auf regional Produziertes zurückgreifen und sich aus der Abhängig­keit beispielsweise von Fernost befreien. Hier sehe ich die größte Gefahr, auch für unser Unternehmen. Selbst wenn wir wenig aus China bekommen, so laufen doch viele Vor­produkte die Schleife über Asien. Wenn wir also die lokale Wirtschaft stärken, hilft uns das allen.

 

Welche Krise ist aus Ihrer Sicht die bedrohlichste?

Für einen Unternehmer das Energieproblem, ohne die anderen Krisenherde kleinreden zu wollen. Corona hat uns alle gleichermaßen getroffen, darauf haben wir gut reagiert. Aber wenn kein Strom oder kein Gas da ist, wird es zappenduster und Sie haben keine Chance. Hier ist na­türlich die Weltgemeinschaft und unsere Regierung gefor­dert. Aber jeder Unternehmer sollte auch vor der eigenen Haustür kehren. Kleine Schritte sind wichtig!

Beitrag drucken
Anzeige