Durch die Zusammenarbeit von Helios Klinik und Förderverein soll die Situation von Kindern mit der seltenen Erbkrankheit „Fanconi-Anämie“ verbessert werden, erklären Chefarzt Prof. Dr. Tim Niehues, die Fanconi-Expertin Oberärztin Dr. Eunike Velleuer (Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin; Helios Klinikum Krefeld) und Karsten Körner, der zweite Vorsitzende des Fördervereins zugunsten krebskranker Kinder Krefeld e.V. (Foto: Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld e.V. / Nadia Joppen)
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Krefeld. Mit ihrer jüngsten Studie zu der seltenen Erbkrankheit „Fanconi-Anämie“ hat Dr. Eunike Velleuer weltweit für Aufsehen gesorgt. Seit einem Jahr verstärkt die international anerkannte Kinder-Hämatologin und Onkologin die onkologische Abteilung im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Helios Klinikum Krefeld. Sie ist ausgewiesene Expertin für die „Fanconi-Anämie“.

Die Fanconi-Anämie (FA) ist eine sehr seltene angeborene Erkrankung, ein genetischer Defekt. Betroffene Kinder leiden unter Fehlbildungen, Knochenmarkversagen und haben ein erhöhtes Risiko, an einer speziellen Krebsform zu erkranken, erklärt Dr. Velleuer (42 Jahre): „Diese Patienten ein 500-fach erhöhtes Risiko, an Tumoren der Mundschleimhäute zu erkranken. Und das bereits schon im jugendlichen Alter“.

Beim Thema Früherkennung dieser Tumoren hat die Oberärztin mit Kollegen/-innen der Uni-Klinik Düsseldorf und der deutschen Fanconi-Anämie-Selbsthilfegruppe im Jahr 2020 einen Durchbruch erzielt. In einer Studie zur weltweit größten Untersuchung mit FA-Patienten/-innen konnte belegt werden, „dass Abstriche von Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle mittels speziellen Bürsten, Mundschleimhautkrebs sicher und rechtzeitig erkennen lassen. Eine Biopsie bleibt den Patienten/-innen so in den meisten Fällen erspart“, erklärt die Ärztin. „Das ist ganz wichtig, denn alles, was man früh erkennt, kann man besser behandeln. Früher haben die Patienten mit diesen Tumoren nach der Diagnose im Durchschnitt nur noch acht Monate gelebt.“ Durch die neue Methode der Früherkennung könne das Leben der Patienten deutlich verlängert und verbessert werden, da auch nicht so große Operationen durchgeführt werden müssten, so Velleuer.

Die Studien-Ergebnisse haben dazu geführt, dass die Empfehlungen zur Abklärung von Mundschleimhautveränderungen bei Patienten mit Fanconi-Anämie geändert wurden. Weil diese Krebs-Erkrankung aufgrund der genetischen Vorerkrankung wieder und wieder auftreten können, sei der Kampf für die Patienten lebenslang, so Velleuer: „Wir können den Krebs jetzt früher erkennen. Im zweiten Schritt muss es nun darum gehen, den Krebs zu verhindern.“ Das habe sie sich für die nächsten 15 Jahre ihrer Arbeit vorgenommen.

Für krebskranke Kinder gemeinsam an einem Strang ziehen

Die Anstellung der Expertin wurde durch die finanzielle Unterstützung des Fördervereins zugunsten krebskranker Kinder Krefeld ermöglicht. Der erste Vorsitzende, Jens Schmitz, erklärt: „In unseren Vereinsgrundsätzen verpflichten wir uns auch, Spendengelder für die Forschung einzusetzen. Das ist uns sehr wichtig, denn die Vergangenheit hat gezeigt, wie positiv sich fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse auf Behandlungsmethoden und Heilungschancen auswirken.“ Das belegen die Zahlen: Jährlich erkranken in der Bundesrepublik etwa 2000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren neu an Leukämie oder bösartigen Tumoren. Noch vor 30 Jahren starb fast jedes Kind daran, während man heute – dank der enormen Fortschritte in der Medizin – davon ausgehen kann, dass über 60 Prozent aller erkrankten Kinder erfolgreich behandelt werden können. Bei manchen Krankheitsformen können inzwischen schon mehr als 80 Prozent der Patienten nach längerer Zeit ohne erneutes Auftreten der Krankheit als geheilt gelten.

Professor Tim Niehues, Chefarzt am Helios Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, ist beeindruckt vom Engagement des Fördervereins: „Wir sind sehr dankbar, dass er die Forschungstätigkeit unserer Expertin unterstützt. Krefeld und die Region können stolz darauf sein, was hier mit den Spenden der Bürgerinnen und Bürger und großem Einsatz seit Jahrzehnten auf die Beine gestellt wird. Das fängt mit dem Elternhaus Villa Sonnenschein an und geht mit unbürokratischen Hilfen für Familien weiter. Nun wird international kompetitive Forschung von Frau Dr. Velleuer durch den Förderverein möglich, die Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit onkologischen Erkrankungen weltweit zugutekommt.“

„Eine Seltenheit an nicht-universitären Kliniken“
Die Hämatologin, Onkologin und Autorin des Buchs „Cancer Biology: How Science Works“ ist hochmotiviert: „Ich bin froh, im zertifizierten Kinderonkologischen Zentrum arbeiten zu können. Das ist an nicht-universitären Kliniken wirklich eine Seltenheit und zeigt, dass hier alle an einem Strang ziehen“, erläutert sie. Die Oberärztin fügt hinzu, was sie an der Arbeit mit Kindern so berührt: „Die ehrliche und immer wieder beeindruckende Kommunikation und das große Vertrauen. Und natürlich ist es unheimlich motivierend, dass wir sehr viele Patienten/-innen gesund entlassen können, denn die Chemotherapeutika schlagen in der Regel bei Kindern sehr gut an, und auch die individualisierte Medizin wird immer mehr zum Standard werden und weitere Fortschritte machen.“

Zusätzlich zu ihrer Arbeit in der Klinik entwickelt Dr. Eunike Velleuer gerade eine App für Patienten/-innen mit Fanconi-Anämie, die es ihnen ermöglichen soll, eigenständiger und mündiger zu handeln.

 



Zurück zur Onkologie

Dr. Eunike Velleuer wurde in Mettmann geboren und hat zuletzt als Oberärztin mit dem Schwerpunkt Hämatologie an der Kinderklinik Neuwerk in Mönchengladbach gearbeitet. „Dort habe ich mich ausschließlich mit gutartigen Erkrankungen beschäftigt. In Krefeld jetzt zur Onkologie zurückzukehren, fühlt sich richtig und gut an, denn hier liegen meine Wurzeln“, so Eunike Velleuer. Ihr Studium und die Facharztausbildung absolvierte sie an der Universität Düsseldorf, wo sie im Anschluss bis 2017 vor allem in der Kinderonkologie tätig war. „Während meiner Promotion bin ich dann erstmals auf die Fanconi-Anämie aufmerksam geworden“, erläutert sie.

 

Infos

www.krebskinder-krefeld.de

Fanconi-Selbsthilfegruppe „Deutsche Fanconi-Anämie-Hilfe e.V.“: www.fanconi.de

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