Thomas Klappstein (Foto: © Thomas Klappstein)
Anzeigen

Duisburg/Rhein-Ruhr. Ein Impuls zum Heiligen Abend und Weihnachtsfest – von Thomas Klappstein

Ein neues Jahr ist immer auch eine neue Chance. Und mit der Adventszeit beginnt auch gleichzeitig ein neues Jahr: Das Kirchenjahr. Am letzten Sonntag vor dem 1. Advent, mit dem sogenannten Ewigkeitssonntag oder auch Totensonntag ist es zu Ende gegangen. Am 1. Advent, mit einer erwartungsvollen Haltung das etwas Besonderes ankommen und passieren wird, beginnt der Zyklus von vorne. Advent bedeutet Ankunft. In der Christenheit erinnert man sich daran, daß Gott als kleiner Mensch in seinem  Sohn Jesus Christus in die Welt gekommen ist. Und gleichzeitig daran, daß er noch einmal wiederkommen will.

Und deshalb noch einmal sehr bewusst diese Aussage: Ein neues Jahr ist auch immer eine neue  Chance. Ich darf neu anfangen. Wir dürfen neu anfangen. Weil Gott neu anfängt. Ich kann ihm die Tage und Zeiten des vergangenen Jahres zurückgeben. Die Tränen, die Konflikte, die Erfolge, Zeiten der Herausforderung.

Auch alle Worte, die ich besser nicht gesagt hätte, alle Gedanken, die ich besser nicht gedacht hätte. Ich bin schuldig geworden. Ich bin Gott und den Menschen vieles schuldig geblieben.

Aber Gott fängt neu an. Er hat meine Schuld am späteren Kreuz seines Sohnes entsorgt (und hier begegnen sich dann sogar Ostern und Weihnachten – das eine ist ohne das andere nicht möglich). Und ich kann aufrecht und zuversichtlich ins neue Jahr gehen. An seiner Hand, wenn ich will. Gott ist ein Gott der Anfänge. Und wir können Menschen der Anfänge sein. Warum nicht mal im Advent und zu Weihnachten. Am Beginn des neuen Kirchenjahres. Wie er uns vergibt, sollen wir anderen vergeben. Seine Barmherzigkeit will unsere Hartherzigkeit aufweichen. Sein Herz unser Herz warm und lebendig machen.

Momentan scheint es so, dass man den folgenden Satz zum Ende eines jeden Jahres wiederholen könnte: Das nächste Jahr wird sicherlich kein leichtes Jahr. Steigende Kosten drücken. Sinkendes Realeinkommen belastet. Naturkatastrophen und gesundheitliche Herausforderungen scheinen zuzunehmen.

Trotzdem können wir neu anfangen. Wir können und dürfen auf Gottes Hilfe vertrauen. Auch auf Freunde, die mit uns unterwegs sind. Es warten viele neue Herausforderungen. Wir müssen sie nicht alle auf einmal bewältigen. Wir können mit kleinen Schritten anfangen.

Das ist möglich, weil Gott, auf dessen Hilfe wir vertrauen dürfen, immer klein anfängt. Ganz klein.

  • Aus dem Nichts macht er die Welt.
  • Aus einer Handvoll Erde macht er die Menschen.
  • Aus einem klitzekleinen Senfkorn macht er einen respektablen Strauch.

Immer fängt Gott ganz klein an. Sein Reich in dieser Welt beginnt mit allzu menschlichen Menschen. Mit Abraham, „einem umherziehenden Aramäer“, wie das Alte Testament notiert. Mit Mose und mit David, angefochtenen und anfechtbaren Gottesmännern. Und vor allem mit dem kleinen Kind in der Krippe, Jesus von Nazareth. Eigentlich kein Sohn von Maria und Joseph. Sondern Gottes Sohn. Er selbst. Mitten in dieser Welt.

Gott fängt klein an.

Damit niemand sagen kann: Gott, Du bist mir zu groß.

Gott fängt schwach und verletzlich an.

Damit niemand sagen kann: Gott, Du bist mir zu stark.

Gott fängt niedrig an.

Damit niemand sagen kann: Gott, Du bist mir zu weit weg.

Gott fängt klein an. In einem kleinen Ort.

Ich möchte sie gerne mit auf eine gedankliche Reise nehmen: Stellen Sie sich die Silhouette einer kleinen Ortschaft in einer hügeligen Landschaft vor.

Sehen Sie den Ort dort drüben? Da, wo gerade die Sonne untergeht? Oder aufgeht?

Das ist Bethlehem. Friedlich liegt die kleine Stadt auf den Hügeln Judäas.

Doch der Schein trügt. Er hat meist getrogen. Die Idylle war hier selten zu Haus. Nein, auch dort unten nicht, wo Schafe und Ziegen blökend über dürre Weiden ziehen. Die Wüste ist nah. Ganz nah. Und das Elend. Und der Krieg. Und die Verzweiflung.

Wie vor 2.000 Jahren. Bethlehem ist eine besetzte Stadt in einem besetzten Land. Römische Soldaten überall. Anschläge und Vergeltung. Ohnmächtiger Zorn und wenig Hoffnung auf Veränderung.

Ich stelle mir vor, wir – Sie und ich sind Hirten, hier vor den Toren Bethlehems. Vor den Toren der besseren Gesellschaft. Ein Leben zwischen Widerstand und Ergebung. Ohne Erwartungen ans Leben, an Gott. Als plötzlich der Himmel aufreißt. Und eine Lichtgestalt erscheint, ein Engel: „Ich habe eine gute Nachricht für Euch, ein Evangelium! Gott ist zur Welt gekommen! Der Heiland ist geboren! Für Euch! Er kann alles zurechtbringen! Euer Leben und die Welt! Geht ihn suchen! Er ist – ein Baby!“

Und der Himmel hängt auf einmal nicht nur voller Geigen. Er ist Musik pur. Und Licht und Leben. Und Farbe und Fröhlichkeit.  Und wir beide, Sie und ich, wir denken: Wir träumen.  Und machen uns doch auf den Weg. Und finden ihn, den Heiland, den Erlöser. Gott. In einem Futtertrog. Ein Baby! Wirklich und wahrhaftig ein Baby!

Nein, ich bin kein orientalischer Märchenerzähler!

Genauso ist es passiert. Vor 2000 Jahren.

Aber so ist ER nun einmal, der Gott, an den ich glaube, der Schöpfer des Universums, der Herr der Welt: Immer anders! Immer überraschend ! Klein macht er sich, ganz klein. Kommt herunter. Lässt sich herab. Verzichtet auf Glanz und Gloria, auf Pomp und Pracht. Wird einer wie wir. Ja, weniger als wir. Damit niemand mehr sagen kann:

  • Du bist mir zu groß!
  • Du bist zu weit weg!
  • Du verstehst mich nicht – wie solltest du mich lieben!

Er will nicht länger Gott der Macht sein. Er ist der Gott der Liebe!

Ein Gott für Menschen. Für mich und – für Dich!

 

Irgendwie eine verkehrte Welt:

Wir Menschen wollen nach oben, möglichst immer weiter nach oben.

Gott will nach unten, möglichst immer weiter nach unten. So wird er einer von uns. Ein Mensch. Ein ganz kleiner Mensch. Ein Baby zunächst und dann ein zunächst nicht sehr bedeutender Wanderprediger in einem damals nicht sehr bedeutenden Land im Nahen Osten.

Niemand Besonderes will er sein auf dieser Erde. Obwohl er es ist!  Für andere ist er da, nicht für die eigene Karriere. Seinen Schülern wäscht er die Füße. Er zahlt den Preis für unsere Gottesferne. Diese Haltung ist Programm. Einmal sagt er: „Ihr wisst, daß die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch. Sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener.“ Sagt es und lebt es. Und möchte, daß wir es auch leben.

Gottes Sohn dient uns. Dabei hätte er das Zeug zum Herrschen. Dabei hätte er Grund, seinen Untertanen kräftig den Marsch zu blasen. Schließlich fügen sie einander auf ihrem stetigen Weg nach oben tiefe Wunden zu. Einander und ihrem Gott.

Man findet Gott nicht nur, wenn man in die Höhe schaut. Man findet Gott, wenn man nach unten schaut. Gott hat sich klein gemacht. Ganz klein. Ist uns in unsere tiefsten Tiefen nachgestiegen. Will uns ganz nahe sein. Will uns verstehen. Will uns wirklich helfen können. Nachhaltig helfen. Und dann baut er aus vielen kleinen Menschen sein Reich. Und das ist größer, als wir’s uns in unserer größten Fantasie vorstellen können.

 

GOTT IST NICH OBEN!!! Er kam herunter.

 

Irgendwann sagte er zu seinen Engeln im Himmel:  „Hey, wisst ihr was ich jetzt machen werde? Es wird ein Kind, ein Baby geboren werden. Eines seiner Namen wird Immanuel heißen. Und wisst ihr was dieser Name bedeutet? ‚GOTT MIT UNS‘!!!

Ich geh da runter Leute. Ich geh da runter! – Ich versuche immer mir Gott so richtig vorzustellen, wie er da im Himmel ausgeflippt ist – Ich will da runter Leute. Ich will da runter!“ Und die Engel antworteten: „Cool down, Du hast ‘ne Ewigkeit Zeit für diese Aktion.“ Und Gott sagt ganz aufgeregt: „Ich muss jetzt gehen! Ich muss einfach näher dran sein!“

Im Neuen Testament, beim Autor Johannes heißt es dazu: „Und das Wort wurde Fleisch!“  Er kam zu uns als Jesus.  Und als er herunterkam, unter uns kam als Immanuel, als Jesus, was tat er da? Er berührte seine Geschöpfe. Er heilte sie. Er gab ihnen neue Lebensperspektiven. Er sprach mit ihnen. Er diskutierte. Er hatte Gemeinschaft. Er machte sich verletzlich. Er starb für sie. Er stand wieder auf für sie. Besiegte den Tod.  Er fuhr nochmal auf in den Himmel und sandte sich selbst wieder als Heiliger Geist, der nicht mehr verschwindet.  „Ich bin bei euch, alle Tage, bis an der Welt Ende!“ hat Jesus gesagt. Es kommt einem wirklich so vor, als ob Gott nicht nah genug dran sein kann an den Menschen, an seinen Geschöpfen. Die Bibel ist die Geschichte eines allmächtigen Gottes, der herunterkommen wollte und heruntergekommen ist.

Viele theologische Theorien und Systeme sind um die Denke herum aufgebaut, daß wir hier raus müssen um Gott zu treffen und mit ihm zu kommunizieren. Dann sollten wir aufpassen, daß wir auf unserem Weg zum Himmel nicht Gott auf  der Gegenfahrbahn an uns vorbeifahren sehen, auf dem Weg runter zur Erde. Der rote Faden, der sich durch die Berichte und Erzählungen der Bibel zieht, ist die Geschichte eines Gottes, der herunterkommen will und mit seinen Leuten leben will. Er erzwingt das nicht. Aber es ist sein größter Wunsch.

Eine verkehrte Welt. Gott kommt nach unten und macht uns vor, wie es  geht. Und ich sehe manchen, der anfängt, es ihm gleich zu tun: Ich sehe Chefs, die ihre Angestellten fördern und nicht immer nur etwas von ihnen fordern. Ich sehe Eltern, die ihren verlorenen Söhnen und Töchtern nachlaufen. Ich sehe Regierende, die sich als Staatsdiener begreifen.

Verkehrte Welt? Nein, die Weihnachtswelt. Gottes Welt.

 

Lasse Sie sich in diesem Advent, in dieser ganz besonderen Jahreszeit, in der „Zeit der Ankunft“, doch einfach einmal auf diesen Gott ein. Sprechen Sie mit ihm. Lesen Sie in seinem überlieferten Wort, der Bibel. Fangen Sie klein an. Schritt für Schritt.

Gott will nicht länger Gott der Macht sein.  Er ist der Gott der Liebe! Ein Gott für Menschen. Für mich und für Sie! Sie sagen nichts mehr? Da kann man auch nichts mehr sagen. Da kann man nur staunen. Z. B. so, wie es in folgenden Liedstrophen, die von der Musikerin Claudia K. geschrieben wurden, ausgedrückt wird:

 

BRINGST MICH ZUM STAUNEN

1.

Da wo andere auf ihr Image sehen,

lässt du Vorurteile verblassen;

Statussymbole beeinflussen dich nicht.

Du siehst den Menschen hinter der Maske

 

Refrain

Du und dein ganzes Leben

bringt mich immer wieder zum Staunen.

Will mit deinen Augen sehen.

Was hab ich schon zu riskier‘n?

Will dich nicht aus den Augen verlieren.

 

2.

Da, wo andre stur die Regeln erfüll’n

setzt du echte Hilfe dagegen;

frommes Gerede beeindruckt dich nicht;

willst zum liebevollen Handeln bewegen.

 

3.

Da, wo ich mich selbst nicht leiden kann,

stehst du zu mir, lässt mich hoffen.

Du siehst in mir, was werden kann.

Deine Liebe hält die Zukunft mir offen.

Text & Musik: Claudia K.©1996 (Claudia Klappstein)

 

Veröffentlicht in:

Thomas Klappstein
WEIHNACHTSWUNDERHOFFNUNG – Weihnachten ist auf dem Weg
BoD, Norderstedt 2022
Paperback, 110 Seiten

Preis: € 9,99 (als E-Book € 4,99)
ISBN 978-3-75688-421-6

Beitrag drucken
Anzeige