Dr. Günter Krings MdB (Foto: Laurence Chaperon)
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Mönchengladbach/Berlin. Die Unterdrückung der Frauen in der und durch die iranische Gesellschaft ist seit Jahrzehnten eine der größten systematischen Menschenrechtsverletzungen der Welt. Doch seit dem Tod von Jina Mahsa Amini am 17. September 2022 infolge einer Inhaftierung für vermeintliche „Sittenvergehen“, stehen die Menschen im Iran auf und wehren sich gegen das Regime. Angestoßen durch die Proteste von zahlreichen Frauen, die mutig ihre Kopftücher ablegten, sich die Haare abschnitten und sich den Sittenpolizisten und anderen Sicherheitskräften entgegenstellten, demonstriert jetzt eine breite gesellschaftliche Schicht aus Frauen und Männern für ein selbstbestimmtes Leben in Würde, für Gleichberechtigung, für Presse- und Meinungsfreiheit und gegen staatliche Willkür und die Diskriminierung von Frauen und Minderheiten.

Der iranische Staat geht mit Härte und Gewalt gegen die Demonstranten vor. Für viele bedeutet dies gar Lebensgefahr. Gegen vier junge Menschen wurden bereits Todesurteile vollstreckt. Zum Tode verurteilt mittels Verfahren, die bei uns in Deutschland unvorstellbar wären. Darüber hinaus werden auf den Straßen des Iran weiter Tag für Tag Menschen getötet, darunter viele Kinder.

Diese Eskalation der Gewalt, diese Abkehr von den Grundsätzen der Menschenrechte, zu denen sich auch der iranische Staat durch die Ratifizierung der Charta der Vereinten Nationen bekannt und verpflichtet hat, bereitet mir große Sorge. Und mit Sorge betrachte ich auch das Verhalten der Bundesregierung, denn diese ist beim Thema Iran inkonsistent. Der Iran steht möglicherweise vor den größten innenpolitischen und gesellschaftlichen Veränderungen seit der sogenannten „Islamischen Revolution“ im Jahr 1979. Auf diesem Weg bedarf es der tatkräftigen Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft, insbesondere Deutschlands und Europas. Doch davon ist kaum etwas zu erkennen. Es verfestigt sich vielmehr zunehmend der Eindruck, dass Außenministerin Annalena Baerbock sich mit ihrer härteren Linie gegenüber dem Iran weder im eigenen Haus, noch im Kanzleramt durchsetzen kann.

Aber Sonntagsreden über feministische Außenpolitik, die in der eigenen tatsächlichen Politik keine erkennbare Rolle spielt und Beileidsbekundungen auf Twitter reichen nicht. Was wir brauchen, ist der Wille zu einer entschlossenen Vorreiterrolle innerhalb der EU. Doch die Bundesregierung weigert sich erneut, wie zuletzt beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, auf EU-Ebene eine Führungsrolle zu übernehmen. Dabei wäre es dringend nötig, dass die Bundesregierung in Brüssel mit einem kohärenten und effektiven Vorschlag für ein Sanktionspaket auftritt, darunter die Terrorlistung der Revolutionsgarden in der EU, erweiterte Personensanktionen, restriktiver Umgang mit Technologietransfers, schärfere Sanktionsdurchsetzung, die lange auf die Bank geschobene Möglichkeit von Handelssanktionen, aber auch Sanktionen gegen den teils staatlichen iranischen Propagandaapparat. So würde die EU die Menschen auf den Straßen in Teheran, Ghom und Sanandadsch am besten unterstützen. Doch bislang ist die EU in der Sanktionspolitik, dem wirkmächtigsten Mittel, weit entfernt von ihren Möglichkeiten – und Deutschland auch.

 

Ein KlarKlick von Prof. Dr. Günter Krings MdB, Mönchengladbach – rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Vorsitzender der NRW-Landesgruppe der CDU/CSU-Fraktion, Vorsitzender des Bundesarbeitskreis Christlich Demokratischer Juristen, Vorstandsmitglied der CDU Mönchengladbach

Anmerkung der Redaktion: Unter KlarKlick versteht die LokalKlick-Redaktion Gastkommentare, die zur gesellschaftlichen Diskussion führen. Sie geben nur die Meinung des Gastkommentatoren wieder und sind nicht unbedingt die Meinung der Redaktion.

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