Uwe Schummer im Jahr 2020 noch als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter (MdB) für den Kreis Viersen im Plenum (Foto: Daniel Rudolph)
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Kreis Viersen/Berlin. Nun haben wir sie. In der letzten großen Koalition heftig umstritten, wird die Grundrente als Zuschlag auf niedrige Renten mit langer Beitragsleistung ausgezahlt. Seit Beginn diesen Jahres liegen alle Bescheide vor. 20 Millionen Rentenbezieher wurden aufgearbeitet. Das Ziel: Wer Jahrzehnte gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, erhält mehr als das Existenzminimum. Grundrente statt Grundsicherung. Der Streit ging darum, diesen Zuschlag über alle Haushalte auszuzahlen, oder gezielt dort, wo es nötig ist. Nun gibt es zwei Komponenten: den Rentenzuschlag von bis zu 12 Entgeltpunkten, derzeit monatlich 400 € und zweitens Freibeträge, wenn Grundsicherung oder andere Hilfen zum Lebensunterhalt gezahlt werden. Rente ist Alterslohn durch Arbeit. Wer gearbeitet und eingezahlt hat, erhält mehr; dabei geht es nicht nur um die klassische Erwerbsarbeit; es geht auch um familiäre Tätigkeiten, wie die Kindererziehung und häusliche Pflege von Angehörigen.

Bei der Finanzierung gab es Streit darüber, ob der Zuschlag aus den Beitragsmitteln der Rentenversicherung oder aus dem Steuerhaushalt zu finanzieren ist. Am Ende gab es einen Kompromiss zwischen Rücklagen, Beiträgen und Steuermitteln. In der Unionsfraktion habe ich mich 2020 für diesen Kompromiss eingesetzt. Der Gegenentwurf dürfe nicht sein: „Du hast Jahrzehnte für einen Hungerlohn gearbeitet, jetzt kannst du auch mit einer Hungerrente sterben“, so mein Redebeitrag in der Fraktion. Die CDA hatte mit der Senioren Union das Modell der PlusRente vorgelegt, dem sich Hubertus Heil deutlich angenähert hatte. Wichtig war auch, dass es nach 35 Jahren eine Übergangszone gibt und keine Entscheidung mit dem Fallbeil. Die Übergangszone gilt ab dem 33. Beitragsjahr, der Zuschuss entwickelt sich dann prozesshaft.

Notwendig bleibt eine nachhaltige Rentenreform. Die Kirchen und ihre Verbände haben mit dem „Capuccino Modell“ den Weg gewiesen. Eine steuerfinanzierte Grundrente als Sockel für alle, darauf aufbauend die Umlagefinanzierung durch Arbeit und Beitragszahlung; als „Sahne obenauf“ eine obligatorische Betriebs- oder Zusatzrente. Schon heute liegt der Steuerzuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung bei 110 Mrd. €, fast einem Drittel der Gesamtausgaben. Nach einer Studie aus dem NRW-Sozalministerium von Karl Josef Laumann wäre dieses neue Drei-Säulen-Konzept in 15 Jahren umsetzbar. Selbstständige würden einbezogen. Derzeit ist jeder zweite auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Hinzu kommt: Trotz aller Krisen steigen die Kapitaleinkünfte dreimal so schnell als Arbeitseinkommen. Die als drittes Element im Bundestag diskutierte Aktienrente wäre eine sinnvolle Antwort und wichtige Ergänzung. Regierung und Opposition sollten in dieser Frage zusammenarbeiten. Wie brennend dieses Thema werden kann, zeigen die aktuellen „französischen Verhältnisse“.

Von Uwe Schummer

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