Pfarrer Dr. Uwe Vetter (Foto: privat)
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Düsseldorf. Die Lust, Neues kennenzulernen, sich auf Abenteuer einzulassen und eigene Erfahrungen zu sammeln und weiterzugeben begeistert Pfarrerinnen und Pfarrer oft für einen Auslandseinsatz am Berufsanfang oder im Ruhestand. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bietet die Möglichkeit, Pfarrstellen in deutschsprachigen Gemeinden in Europa und auf dem ganzen Globus für einige Wochen Urlauberseelsorge bis zu sechs Jahre als gewählte Pfarrpersonen zu übernehmen.

In unserer Sommerserie geben wir Einblicke in die Auslandseinsätze von vier Pfarrer:innen, die Düsseldorf als Lebensmittelpunkt für eine zeitlang gegen Holland und Hongkong, Dänemark und Griechenland tauschen.

Von Holland nach Hongkong – Teil I

Vor einem Jahr wurde Dr. Uwe Vetter, bis dato Pfarrer der Düsseldorfer Johanneskirche, evangelische Citykirche, in den Ruhestand verabschiedet. Für ihn, der gern reist, stand fest: Jetzt können wieder Auslandseinsätze der EKD kommen. – Seit Februar dieses Jahres übernimmt er bis zum Sommer eine Pfarrstelle für zwei deutschsprachige Gemeinden in Rotterdam und Amsterdam. „Die im Ausland besonders wichtige Konfirmation, Gottesdienstfeiern, die Sammlung der in Coronazeiten zerstreuten Gemeinden, alles hing in der Luft, als der dortige frisch gewählte Pfarrer nach nur sechs Wochen Dienst krankheitsbedingt ausgeschieden ist“, sagt Vetter.

Das Ankommen in Rotterdam beschreibt Vetter so: „Im s´Gravendijkswall, meiner Rotterdamer Wohnstraße, spiegeln sich Herausforderung und Reiz kirchlicher Arbeit hierzulande: auf etwa 400 Metern gibt es eine Missionaries of Charity Station der ‚barmherzigen Schwestern‘. Es folgt mit dem Jen Hui Tempel ein buddhistisches Meditationszentrum, in Rufweite ein ‚Specialist in Psychiatrie und Suchtkrankheit‘, der auf seinem Firmenschild einen Sticker für Softdrogen duldet. Daneben haben sich Dominikaner-Mönche einquartiert. Gegenüber dem Gemeindehaus der evangelischen deutschen Gemeinde, meinem Domizil, ist ein pakistanisches Islam Zentrum, und dahinter beginnt die ‚after-dark-Zeile‘ mit Massage-Salons und anderen Etablissements“.

Gemeinden mieten Kirchen für bestimmte Zeiten

Im eine Bahn-Stunde entfernten Amsterdam werden Gottesdienste nach einem Brand im dortigen Gemeindehaus in der benachbarten Kirche gefeiert. „Viele holländischen Gemeinden haben ihre Kirchen ins Eigentum des Staates übergeben und mieten sich für bestimmte Zeitfenster in den Gebäuden ein, so auch meine Gemeinde“, sagt Vetter.

Ein zentrales Anliegen des Düsseldorfer Pfarrers ist an beiden Orten, Amsterdam und Rotterdam, die Gestaltung der generationsübergreifenden Sonntagsgottesdienste, „damit sie wieder ein Sammelpunkt werden und kein Pflichtprogramm“. Die Gottesdienstbesucher:innen, darunter viele Deutsche, die mit Holländern verheiratet sind, kommen meist aus den umliegenden kleinen Orten und nehmen oft weite Fahrtwege auf sich. „Mit dem Kirchenkaffee im Anschluss bieten wir Gelegenheit, einander kennenzulernen und sich zu begegnen. Da ist ein großes Bedürfnis vorhanden“, sagt Vetter.

Seelsorgekreis und Online-Bible-Chat

Ein Ziel für ihn ist, aus den Anwesenden ehrenamtlich Mitarbeitende zu machen. So wurde ein Seelsorgekreis gegründet, der Besuche macht unter den weit verstreut wohnenden Leuten, die nicht zur Gemeinde kommen, wie etwa Senior:innen, die sich die Fahrtstrecke nicht mehr zutrauen. Neu ins Leben gerufen hat Vetter in Holland den „Online-Bible-Chat“ als 45-Minuten-Aperitif vor oder nach dem Abendessen. „Wie beim früheren Bibel-Lese-Kreis in Düsseldorf stelle ich einen Bibeltext vor. Dann werden neue Perspektiven und Fragestellungen eingebracht, so dass die Teilnehmenden Neues, bisher noch nicht Gehörtes diskutieren können“, sagt der Theologe. Eine Idee rund um die Konfirmation möchte er – vielleicht noch gemeinsam mit der deutschsprachigen Gemeinde in Den Haag – verwirklichen. Für die Konfirmierten der drei holländischen Gemeinden soll es einmal im Jahr ein großes Treffen geben.: eine gemeinsame Fahrt, ein Thementag, irgendetwas, das die Jugendlichen miteinander bekannt werden lässt. Damit etwas von dem Spirit der Konfirmation bleibt und die Gemeindemitgliedschaft mit dem Konfirmationsfest nicht endet.

Im Herbst bricht Pfarrer Dr. Uwe Vetter dann zu seinem nächsten Einsatz nach Hongkong auf, als Dozent an der dortigen theologischen Hochschule.

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