Priv.-Doz. Dr. Till Hasenberg (Foto: Michael Mutzberg)
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Oberhausen/Rhein-Ruhr. „Es ist keine Wunderspritze für eine schnelle Diät – kann aber eine sinnvolle Ergänzung einer konservativen Therapie gegen Adipositas sein.“

Medikamente gegen krankhaftes Übergewicht sind auf Tiktok, Instagram und co. immer wieder Trendthema. Seit gestern ist Wegovy, ein neues Mittel, auf Rezept in deutschen Apotheken erhältlich. Der Leiter des Helios Adipositas Zentrum West und Chefarzt der Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen, Prof. Dr. Till Hasenberg erklärt im Gespräch, für wen das Mittel geeignet ist, warum so viel darüber diskutiert wird und welche Nebenwirkungen auftreten können.

 

Für wen ist ein Medikament wie Wegovy geeignet?

Prof. Dr. Till Hasenberg: Wegovy ist zur langfristigen Gewichtskontrolle bei Adipositas, also krankhaftem Übergewicht, zugelassen. Bis dato gab es in Deutschland zwei verfügbare Medikamente, die im Rahmen einer mehrteiligen Adipositastherapie verschrieben werden konnten. Nun kommt mit Wegovy ein drittes hinzu. Wichtig: Eine Behandlung gegen Adipositas sollte immer in ein Multimodales Behandlungskonzept (kurz MMK) eingebunden sein, in dem eine Ernährungsumstellung, Bewegung, eine Veränderung des Lebensstils und in manchen Fällen medikamentöse sowie chirurgische Therapie zusammenwirken.

Wegovy kann ab einem BMI von 30 verschrieben werden und muss von den Patient:innen für eine dauerhafte Wirkung lebenslang einmal wöchentlich als Spritze verabreicht werden. Ein Lifestylemittel, um vor dem Urlaub die Traumfigur zu erreichen, ist das Medikament also nicht.

 

Wie wirkt Wegovy?

Prof. Dr. Till Hasenberg: In Wegovy ist der Wirkstoff Semaglutid enthalten – ein sogenanntes GLP-1-Analogon, das unter anderem die Insulinausschüttung reguliert. Es ahmt die Wirkung eines körpereigenen Hormons nach, verstärkt dadurch das Sättigungsgefühl und vermindert Heißhungerattacken.

 

Wie effektiv sind Medikamente gegen Adipositas?

Prof. Dr. Till Hasenberg: Eins muss klar sein: Wegovy ist ein rezeptpflichtiges Medikament, das nur nach entsprechender Diagnose und im Rahmen einer ärztlichen Behandlung eingenommen werden darf. Es ist keine Wunderspritze für eine schnelle Diät. Es kann aber eine sinnvolle Ergänzung einer konservativen Therapie gegen Adipositas sein.

 

Erste Studien haben gezeigt, dass Patient:innen mit der Einnahme von Wegovy und einer Anpassung ihrer Gewohnheiten 10 bis 15 Prozent ihres Körpergewichts abnehmen konnten. Wenn beispielsweise Schwerstübergewichtige vor einer bariatrischen OP einige Kilos abnehmen müssen, damit der Eingriff risikoärmer durchführbar ist, kann das Medikament dabei unterstützen.

 

Mit welchen Nebenwirkungen muss ich rechnen?

Prof. Dr. Till Hasenberg: Der Wirkstoff Semaglutid greift in den Stoffwechsel ein. Es kann daher zu gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kommen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Gallensteine, ein Risiko für niedrigen Blutzucker und Sehstörungen bei Typ-2-Diabetikern. Zudem prüft die europäische Zulassungsbehörde EMA aktuell, ob Wegovy in einzelnen Fällen Suizidgedanken hervorrufen und bei Typ-2-Diabetes-Patienten Schilddrüsenkrebs begünstigen kann.

 

Werden Medikamente wie Wegovy von der Krankenkasse bezahlt?

Prof. Dr. Till Hasenberg: Patient:innen müssen eine Behandlung mit Wegovy derzeit selbst bezahlen. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft setzt sich für eine Kostenübernahme in Fällen ein, in denen Wegovy medizinisch angezeigt ist, etwa wenn andere Therapieoptionen nicht helfen.

 

InfoKlick: www.adipositaszentrumwest.de

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