Ralf Schilling in 1997 (l.) und heute (Fotos: Stadt Kaarst)
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Kaarst. Für die allermeisten ist er der Ralf. Für die anderen – und wenn es offiziell wird – bleibt er Ralf Schilling: Stadtjugendpfleger der Stadt Kaarst und seit fast fünf Jahrzehnten der Kopf, das Herz und – wenn es nötig ist – auch Arme und Beine der städtischen Jugendarbeit. Generationen von Kaarster Kindern haben bei seinem Namen den Geschmack von Instant-Zitronentee auf der Zunge. Denn den gab es früher, wenn Ralf mit der Rollenden Spielkiste über Kaarster Spielplätze rumpelte und langweilige Nachmittage so viel besser machte. Wenn dann im Sommer die Stadtranderholung losging, gab es den Tee natürlich auch. Genauso wie die Spiele aus der Spielkiste, dazu Ausflüge und Schnitzeljagden im Vorster Wald und am Ende die Übernachtungsaktion. Ralf der Sommerferien-Retter.

An diesem Wochenende ist Schluss. Dann geht mit der letzten Stadtranderholung 2023 die gemeinsame Geschichte von Ralf und der ältesten Kaarster Ferienaktion zu Ende. Ralf geht in Rente. Dort befindet sich der olle Zitronentee schon seit Jahren. Zu süß, zu ungesund. Sonst ist bei der Stadtranderholung vieles gleichgeblieben. Ralf Schilling war die Konstante: Er hat die Kinder betreut, sie später als Jugendliche zu Betreuern ausgebildet und begrüßt heute ihre Kinder am Tor zur Stadtranderholung. Die Stadtranderholung, ein Mehrgenerationen-Projekt: „So viel haben wir offenbar nicht falsch gemacht“, sagt er.

Tatsächlich ist es Ralf Schilling gelungen, ein „Team Stadtranderholung“ aufzubauen, das sich immer wieder neu bildet, neu erfindet und von einigen erfahrenen Kräften mit gelassener Routine angeleitet wird. Yannick Schilling zum Beispiel, eifert seinem Vater seit Jahren nach und ist mittlerweile ebenso fest mit der Stadtranderholung verwachsen wie der Kaarster Bäckermeister Christian Esser, der sich jedes Jahr extra Urlaub nimmt, um wochenlang als Betreuer dabei zu sein. „Die Stadtranderholung ist Herzenssache“, sagt Yannick Schilling.

Sein Vater hat sich in den letzten Jahren immer mehr auf die Organisation im Hintergrund verlegt. Die Essenausgabe, die ist ihm aber heilig. Wenn aus großen Behältern die Nudeln mit Soße auf kleine Teller wandern, dann hat Ralf immer die Kelle in der Hand. Es sind seine persönlichen Momente mit den Kindern, die lässt er sich nicht nehmen. Danach findet man ihn wieder irgendwo zwischen einem provisorischen Büro, der Spülküche und den vielen kleinen und größeren Problemen, wenn hunderte Kinder auf einem weitläufigen Gelände betreut werden.

Der Einsatz endet dann auch nachts nicht. So wie einmal vor Jahren, als das Betreuerteam plötzlich in den Morgenstunden die Zelte sichern musste, weil ein Sturm aufzog. „Die Kinder haben nix mitbekommen und selig geschlummert“, sagt Ralf Schilling und lacht. Es sind diese kleinen Erinnerungen, die ihn schmunzeln lassen. Für die großen bleibt noch Zeit, wenn am Wochenende tatsächlich auch die letzte Stadtranderholung zu Ende gegangen ist.

Vor dem Abschied hat Ralf ein bisschen Respekt, nach 47 Jahren fühlt sich ein Ende ziemlich bedeutend an, auch wenn er wie immer „…und tschüss“ sagen will. Vielleicht hilft in diesem Moment ja auch der Gedanke ans kommende Jahr. Dann will Ralf schon wieder zurückkehren zu seiner Stadtranderholung. Ganz privat, einfach nur mal gucken.


Stadtranderholung
Die Stadtranderholungen für 6- bis 12-jährige Kinder in Kaarst finden auf dem Gelände des Georg-Büchner-Gymnasiums statt. Jeweils von Montag bis Freitag wird eine Betreuung mit Mittagessen und Getränken angeboten. Die Teilnahme kostet 70 Euro, die Stadtranderholungen 2023 haben in den ersten vier Wochen der Sommerferien stattgefunden.
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