Bischof Franz-Josef Overbeck (Foto: Nicole Cronauge | Bistum Essen)
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Essen/Rhein-Ruhr. Brief an die Gemeinden im Bistum Essen

In einem Brief an die Gemeinden des Bistums Essen beschreibt Bischof Franz-Josef Overbeck seinen Umgang mit den Vorwürfen gegen Kardinal Hengsbach in den vergangenen Jahren und räumt persönliche Versäumnisse ein.

Nach der Veröffentlichung von Missbrauchsvorwürfen gegen den Gründerbischof des Bistums Essen, Kardinal Franz Hengsbach, räumt Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck in einem Brief an die Gemeinden seines Bistums Versäumnisse im Umgang mit diesen Vorwürfen ein: „Ich bitte Sie nun alle um Entschuldigung für meine Fehler.”

So habe er 2011 durch das Erzbistum Paderborn von einem ersten Missbrauchsvorwurf gegen Hengsbach erfahren und nach der Rückmeldung der Kongregation für die Glaubenslehre, dass diese die Vorwürfe für nicht plausibel halte, nichts weiter unternommen, weil er den Fall als bearbeitet ansah. Er habe deshalb auch ein Forschungsteam nicht auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht, das die im März vorgestellte Aufarbeitungsstudie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Essen erarbeitet hat. „Im Ergebnis muss ich nun eingestehen, dass die Vorwürfe im Jahr 2011 falsch eingeschätzt wurden und den Betroffenen Unrecht geschehen ist“, betont Overbeck in seinem Schreiben. Mit dem Wissen aus einem weiteren Missbrauchsvorwurf, der im März dieses Jahres intensive Recherchen ausgelöst hat, „ist der Vorwurf aus dem Jahr 2011 aus gutem Grund vollkommen neu zu bewerten“, so Overbeck.

Er betrachte es „aus heutiger Sicht als persönlichen Fehler, nach der Mitteilung über die Bewertung der Glaubenskongregation letztlich die damals vorliegenden Beschuldigungen als erledigt anzusehen“. Dies habe dazu geführt, dass er nicht nur das Forschungsteam für die Aufarbeitungsstudie, sondern auch bereits 2011 die damalige Missbrauchsbeauftragte des Bistums nicht über den vorliegenden Vorwurf gegen Hengsbach informiert habe. „So kam es, dass sie im August des Jahres 2011 die Anfrage einer Behörde in einer Versorgungsangelegenheit verneinte, ob dem Bistum Essen Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach bekannt seien. Das entsprach ihrem Wissensstand und darf ihr nicht angelastet werden“, betont der Bischof.

Er denke heute viel darüber nach, „warum ich bei all meinen damaligen Bemühungen, Missbrauch aufzuklären, zu solchen Fehleinschätzungen gekommen bin, die dann auch zu Fehlern geführt haben“, führt Overbeck in seinem Brief weiter aus. Gerade mit Blick auf die Aufarbeitungsstudie sei ihm nun deutlich geworden, „dass ich nach den Standards damaliger Zeit handelte, die sich aus heutiger Sicht als vollkommen ungenügend darstellen. Ich stellte die Bewertung, der zufolge die Missbrauchsvorwürfe nicht plausibel seien, selbst nicht infrage. Das war falsch. Ich konnte auch nicht glauben, dass ein geschätzter Kardinal, der zugleich mein Vorgänger im Bischofsamt war, anderen Menschen furchtbares Leid zugefügt haben könnte.“ Ihm sei damals nicht bewusst gewesen, dass er damit „dem Muster folgte, dem Schutz des Ansehens eines kirchlichen Würdenträgers Vorrang zu geben und die betroffenen Menschen nicht hinreichend zu sehen“.

Overbeck schreibt, er habe gelernt und möchte weiter vertiefen „was für uns alle in unserer Kirche gilt: Die Perspektive der von sexueller Gewalt betroffenen Menschen muss im Mittelpunkt stehen und uns in unserem Handeln leiten“. Nun will er den gesamten Vorgang umfassend und unabhängig aufarbeiten lassen – unter anderem suche er hierzu den Kontakt zur gerade entstehenden Aufarbeitungskommission sowie zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP), das die Aufarbeitungsstudie für das Bistum erstellt hat. (tr)

Beauftragte Ansprechpersonen im Bistum Essen

Jede Person, die von sexualisierter Gewalt in einer katholischen Einrichtung oder durch Mitarbeitende der Kirche betroffen ist, kann sich direkt an die beauftragten Ansprechpersonen wenden. Sie sind von jeder Weisung unabhängig.

Monika Bormann | 0151-16 47 64 11 | monika.bormann@bistum-essen.de
Mechtild Hohage | 0151-57 15 00 84 | mechtild.hohage@bistum-essen.de
Martin Oppermann | 0160-93 09 66 34 | martin.oppermann@bistum-essen.de

Essener Domkapitel lässt Hengsbach-Skulptur entfernen

Das Domkapitel am Hohen Dom zu Essen wird die Skulptur für Kardinal Franz Hengsbach auf dem Domhof alsbald entfernen lassen. Diese Entscheidung trafen die Domkapitulare einvernehmlich am Freitagnachmittag, 22. September, bei einer Sondersitzung in Essen.

Dompropst Thomas Zander kündigte zudem an, dass sich das Domkapitel dafür ausgesprochen habe, anstelle der Skulptur für den ersten Essener Bischof einen Gedächtnisort für die Opfer sexuellen Missbrauchs schaffen zu wollen. Deshalb werde man zeitnah das Gespräch mit dem Betroffenenbeirat suchen und klären, ob und wie man ein solches Projekt auf den Weg bringen könne. Auch mit der Künstlerin der Hengsbach-Skulptur, so Zander, seien noch einige offene Fragen zu klären. Ebenso wird das Domkapitel mit den Sponsoren der Skulptur Kontakt aufnehmen.

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