Michael Groß, Präsidiumsvorsitzender des AWO Bundesverbandes (3.von. re.) zu Besuch beim AWO Kreisverband Wesel. Von links: Ibrahim Yetim (Präsidiumsvorsitzender AWO KV Wesel), Arzu Aydin, Judith Backhaus u. Mandy Krauss (Friseurinnen im Hairlich), Michaela Mayboom (Fachbereichsleitung), Michael Groß, Karin Fetzer (Ortsverein Neukirchen-Vluyn), Jochen Gottke (Vorstandsvorsitzender AWO KV Wesel) (Foto: AWO)
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Kreis Wesel/Neukirchen-Vluyn. Zum Abschluss seiner bundesweiten Sommertour besuchte Michael Groß,  Präsidiumsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, den AWO Kreisverband Wesel. Im sozialfreundlichen Frisiersalon HAIRlich in Neukirchen-Vluyn diskutierte er mit haupt- und ehrenamtlichen AWO-Mitarbeitenden über die Themen Armut und Einsamkeit und Möglichkeiten der Teilhabe. Interessiert ließ er sich von Jochen Gottke und Ibrahim Yetim das – vermutlich – bundesweit einmalige Konzept des Frisiersalons erklären, bei dem einkommensschwache Bürger*innen einen kostengünstigen Haarschnitt erhalten.

Steigende Armut und die dadurch entstehende fehlende Beteiligung am sozialen Leben bedroht aktuell viele Menschen. Ein Friseurbesuch ist dabei eines der vielen Dinge, die man sich nicht mehr leisten kann. “Dabei ist Körperhygiene und ein gepflegtes Aussehen wichtig für eine gesellschaftliche Teilhabe”, weiß Friseurmeisterin Judith Backhaus. Sie freut sich, gemeinsam mit ihren beiden Kolleginnen, einkommensschwachen Menschen mit einer schönen Frisur zu einem besseres Lebensgefühl verhelfen zu können.

Das HAIRlich hat ein multifunktionales Konzept: Neben Haarschnitten bietet es – mit seperatem Eingang –  einen kleinen Waschsalon und eine öffentliche sog.  “nette Toilette”, die Passant*innen am Grafschafter Platz kostenlos nutzen können. Darüber hinaus wird einmal wöchentlich eine Sozialberatung in einem gesonderten Teil des Frisiersalons angeboten. Karin Fetzer, die im Ortsverein Neukirchen-Vluyn diese Arbeit ehrenamtlich leistet, sieht eine deutlich gestiegene Nachfrage in den letzten Monaten.

Gleichzeitig soll das HAIRlich ein Treffpunkt für Menschen sein, um raus aus der Einsamkeit zu kommen. Ein gemütlicher Stehtisch im Laden und ab nächstem Frühjahr auch auf dem Gehweg vor dem Frisiersalon, laden zu Begegnungen und Austausch ein.

Waren früher hauptsächlich Senior*innen von Einsamkeit betroffen, trifft es durch zunehmende Armut immer mehr Bevölkerungsgruppen, wie z.B. alleinerziehende Frauen.  Diese Menschen zu unterstützen, ist eines der originären Anliegen der AWO. Die Pläne der Politik gefährden jedoch aktuell diese Arbeit. “Es ist völlig kontraproduktiv, dass der Bund den Sozialhaushalt im kommenden Jahr um 25 bis 30% kürzen möchte”, erläutert Michael Groß die kritische Situation. Vielen Beratungsstellen, auch bei der AWO, droht damit das Aus.

Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in NRW protestieren deshalb am 19.10.2023 vor dem Landtag in Düsseldorf gegen die Haushaltskürzungen.

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